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WALDBÜTTELBRUNN: Vegane Seifen aus Familienherstellung

WALDBÜTTELBRUNN

Vegane Seifen aus Familienherstellung

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    Langsam: Mit Bedacht fügt Seifensiederin Monika Schmitt das Öl und die anderen Zutaten zusammen.
    Langsam: Mit Bedacht fügt Seifensiederin Monika Schmitt das Öl und die anderen Zutaten zusammen.

    Ein unverwechselbarer Geruch wabert durch die Scheune am Ortsrand von Großrinderfeld (Main-Tauber-Kreis). Doch es riecht nicht nach Schweinen oder Kühen. Auch nicht nach Heu. Es riecht nach Parfüm.

    Der Duft von Orange, Rosenblüten und Zimt zieht sich entlang der rauen, unverputzten Backsteinmauern. So wirklich passen will dieser Geruch nicht zu dem kahlen, kalten Raum. Doch wenn er so langsam in die Nase kriecht, erinnert es doch an Omas Badezimmer. Behaglich. Irgendwie warm und vertraut.

    Tack-tack-tack. Laut polternd setzt sich eine Maschine in Gang. Erst stottert sie etwas, aber dann arbeitet sie wie ein Uhrwerk vor sich hin. Laut und monoton. Der meterhohe Apparat stempelt Logos auf kleine Seifenstücke. Aber nicht auf irgendwelche Seifen. Es sind jene veganen Waschstücke, die die Geschwister Jochen Schmitt, Monika Schmitt und Marion Linneberg herstellen und seit April auch verkaufen.

    Die Idee zu diesem Geschäft kam ihnen ebenso spontan wie zufällig. „Am Anfang dachten wir, es ist Spinnerei. Dann ist es alles immer ernster geworden“, erinnern sich die drei. Jochen Schmitt, der hauptberuflich TÜV-Prüfer für Kraftwerkstechnik ist, musste im April 2013 zu einer Prüfung nach Schweinfurt. Dort traf er auf Horst Knorpp, ein Erbe der Schweinfurter Seifensieder-Familie Kraus.

    Schwungvoll: Durch die Kurbel wird die Schneidemaschine angetrieben.
    Schwungvoll: Durch die Kurbel wird die Schneidemaschine angetrieben.

    In einer Stadt, die jahrelang vor allem von der Industrie lebte, gab es viele schmutzige Arbeiterhände. Die Schweinfurter Seifenfabrik Gottlob Kraus Geka Seifen und Glyzerin etwa produzierte tonnenweise Kernseife. Doch im Laufe der Jahre verschwand die schmutzige Industrie mehr und mehr. Zugleich erhielt die Flüssigseife Einzug in die Betriebe. Die Zeit der historischen Seifenmaschinen war vorbei. Einzelstücke sollten ihr Dasein zukünftig in einem Museum fristen, der große Teil jedoch sollte verschrottet werden. Für Jochen Schmitt unvorstellbar. Kurzerhand telefonierte er mit seinen Schwestern – die Idee einer Seifenmanufaktur war geboren. „Wenn Herr Knorpp alte Brauereimaschinen gehabt hätte, hätten wir vielleicht eine Brauerei aufgemacht“, sagt der 33-Jährige lachend.

    Wenige Tage nach dem Telefonat wurden die riesigen und tonnenschweren Maschinen aus dem Jahre 1890 nach Großrinderfeld gebracht, um in der Scheune seiner Schwiegereltern eingelagert zu werden. Eineinhalb Jahre lang restaurierten die Geschwister die rostigen Ungetüme.

    Dann sollte die Produktion beginnen. Eigentlich. Denn die Bürokratie machte den Jungunternehmern erst einmal einen Strich durch die Rechnung. „Wir mussten auf das Landratsamt, wir mussten uns in Brüssel melden, wir mussten jeden einzelnen Stoff sicherheitsbewerten lassen“, erzählt Marion Linneberg, die eigentlich in einer PR-Agentur in Berlin arbeitet und auch in dem kleinen Unternehmen vor allem für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. „In einer Seife hatten wir Rosmarin aus Mamas Garten. Den durften wir nicht nutzen.“ Er ist nicht sicherheitsbewertet. An solche Probleme hatten die drei anfangs keine Gedanken verschwendet. Sie hatten stattdessen Maschinen restauriert und Seifen kreiert. 22 waren es zunächst. Doch die Auflagen und Sicherheitsprüfungen für die einzelnen Zutaten waren so teuer, dass es bislang nur zwölf Seifen in den Verkauf geschafft haben. Niederschläge wie dieser ließen sie so manche Minute an ihrer Idee zweifeln.

    Immer wieder knallte es in solchen Momenten zwischen den dreien. Doch sie rauften sich zusammen. „Dass wir Geschwister sind, ist Vor- und Nachteil zugleich. Wir geben nicht so schnell auf. Wir wissen, wie der andere tickt, und wir halten einfach zusammen“, sagt Marion Linneberg.

    Es ist immer ein kleines Glücksspiel

    Im April konnte die Seifenmanufaktur Madame Sapo, der Name stammt vom lateinischen Wort für Seife, offiziell mit der Produktion beginnen. Die Aufgaben sind klar verteilt. Monika Schmitt, die eigentlich als Grundschullehrerin in München arbeitet, rührt die Seifen im Keller in ihrem Elternhaus in Waldbüttelbrunn (Lkr. Würzburg) an. Natürlich ist auch die Seifenküche geprüft. Das Amt für Hygiene hat dem kleinen, holzvertäfelten Zimmer das Siegel „Reinraum“ verpasst. Eine Atemmaske baumelt am Einbauschrank. An der Wand hängt ein Putzplan. Die Behörden haben genau festgelegt, wie oft klar Schiff gemacht werden muss. Vorschrift ist Vorschrift, dass wissen die Branchenneulinge inzwischen nur zu gut.

    Geräumig: Früher wurde mit den Maschinen Seife in großen Mengen hergestellt. Da brauchte es große Kessel.
    Geräumig: Früher wurde mit den Maschinen Seife in großen Mengen hergestellt. Da brauchte es große Kessel.

    Zwischen Kinderbildern an der Wand und einem Regal voller Verpackungsdöschen rührt Monika Schmitt Öle, Duftzusätze und die anderen Zutaten zusammen. Ob die Seife was wird, weiß sie vorher nie genau. Stimmen die Mengen? Haben die Fette die richtige Temperatur? Es ist immer ein kleines Glücksspiel. Rund zwei Stunden dauert es, bis ein Seifenblock in der Größe einer Brotbackform fertig ist. „Die erste Seife ist komplett in die Hose gegangen, die wurde gar nicht fest“, erinnert sich die 34-Jährige.

    Wenn die Seifenblöcke nach vier bis sechs Wochen ausgehärtet sind, beginnt der Einsatz ihres Bruders und der historischen Maschinen. Block für Block schiebt er durch die feinen Saiten der Schneidemaschine. Vor kurzem ist eine Schneidesaite gerissen. Ein Problem. Denn bei so alten Maschine kann man das Ersatzteil nicht einfach im Baumarkt kaufen. Tagelang hat der Tüftler herumexperimentiert. Er versuchte es mit einer Gitarrensaite, dann mit einem Stück Draht – nichts funktionierte. Eine Klaviersaite war die Lösung. „Wenn etwas kaputt ist, fangen wir immer wieder bei Null an, aber genau das macht Spaß“, sagt er und schiebt den nächsten Seifenblock durch die hauchdünnen Saiten.

    Gemeinsam: Marion Linneberg, Monika und Jochen Schmitt.
    Gemeinsam: Marion Linneberg, Monika und Jochen Schmitt.

    Jochen Schmitt druckt auch Logos und Grußbotschaften auf die Seifen. Bei kleineren Bestellungen macht er es mit einem Hammer und Stempelvorlage, bei größeren Mengen muss die Stempelmaschine ran. Auch hier bastelt der 33-Jährige für jedes Logo die passende Stempelvorlage aus Holz. Echte Handarbeit eben.

    Historisch: Mit solchen Stempeln wurden früher Logos auf Seifen gepresst.
    Historisch: Mit solchen Stempeln wurden früher Logos auf Seifen gepresst.

    Ob er sich manchmal wünscht, einfach ganz normale Seifen zu machen? Mit Maschinen, für die es Ersatzeile gibt. Maschinen, die viel leiser arbeiten und die man mit einem Knopfdruck statt mit Muskelkraft bedient. Nein, da sind sich die drei einig. „Das macht unsere Seife aus. Das ist unser Alleinstellungsmerkmal“, sagt Marion Linneberg, ganz PR-Frau. Und das Erfolgsgeheimnis. Seit April steigt die Nachfrage ständig. Das Projekt, das einmal als Hobby geplant war, verschlingt mehr und mehr Zeit. Ihren Traum, die alten Maschinen vor dem Schrottplatz zu bewahren, haben die drei Geschwister umgesetzt. Nun spukt ihnen eine neue Idee im Kopf herum, verrät Marion Linneberg. „Vielleicht mal ein eigener kleiner Laden in Würzburg . . .“

    Zukunftsmusik. Ob und wie sich dieser Traum jemals erfüllen wird? Da sind sich die drei noch nicht ganz einig. Aber sie haben es ja schon erlebt, wie eine Spinnerei immer ernster wurde.

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