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GREUSSENHEIM: Ver.di gegen Flyeralarm

GREUSSENHEIM

Ver.di gegen Flyeralarm

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    Ver.di-Funktionär Peter Baumann sagt, die Betriebsratsgründung bei Flyeralarm sei „mit all den Gefahren verbunden, denen die Menschen bei gleichem Anlass im 19. Jahrhundert ausgesetzt waren“. Die Geschäftsleitung – Thorsten Fischer und Tanja Hammerl, die aus dem FC Schweinfurt 05 einen Proficlub machen wollten – habe drei Betriebsratsbefürwortern gekündigt. Vier seien innerhalb des Betriebs zu körperlich belastenden Arbeiten strafversetzt worden, einige hätten eine Abmahnung erhalten. Mehrere Flyeralarm-Leute bestätigen das im Gespräch mit der Main-Post.

    Flyeralarm, bald sieben Jahre alt, expandierte beinahe explosionsartig. Mehr als 200 der 600 Mitarbeiter habe er allein im vergangenen Jahr eingestellt, berichtet Firmengründer und -chef Fischer. Das Unternehmen im westlichen Landkreis hat Niederlassungen in Würzburg, Düsseldorf, München und Dresden. Und es ist anders als die meisten. Alle, vom Azubi bis zum Chef, duzen sich. Auch die Rebellen im Betrieb berichten von der Fürsorglichkeit Fischers und Hammerls. Die würden Mitarbeitern aus Geldnöten helfen, einen drogensüchtigen Kollegen hätten sie sehr unterstützt.

    Die Rebellen sagen aber auch, sie fürchteten Konsequenzen, wenn sie sich für die Gründung eines Betriebsrates einsetzen. Dass fast nur junge Leute bei Flyeralarm arbeiten, beschreibt einer als Nachteil: „Wenn ein paar Ältere dabei wären, die ein bisschen Darm im Leib haben, sähe das anders aus.“

    „Ganz klar, dass wir nicht ablassen von der Geschichte.“

    Peter Baumann Ver.di

    Treffen in Greußenheim mit Fischer und Hammerl; Eckhard L. Pongratz, der Anwalt der beiden, sitzt mit am Tisch. Sie versichern, Sanktionen gegen Mitarbeiter hätten absolut nichts mit deren Engagement für einen Betriebsrat zu tun. Kündigungen, Abmahnungen und Versetzungen seien nichts Ungewöhnliches für einen Betrieb dieser Größe; die habe nur zu fürchten, wer „bewusst schlechte Leistung“ bringe oder das Unternehmen betrüge.

    Fischer und Hammerl beteuern ihre Offenheit für einen Betriebsrat. Bis sich Ver.di im Oktober einschaltete, habe allerdings nie ein Mitarbeiter einen gefordert. Das sei, spekuliert Fischer, „vielleicht ein Ausdruck dafür, dass die Leute zufrieden sind“, und dass das Unternehmen „zwischen zehn und 20 Prozent über Tarif“ zahle und weitere außertarifliche Leistungen gewähre. Der Anwalt sekundiert: Jobs mit diesem Gehalt fänden Ungelernte sonst nirgendwo in der Region. Die wenigsten der Schneider, Falzer, Abräumer, Binder und anderen hätten den Beruf erlernt, den sie bei Flyeralarm ausüben.

    „Ja, komm doch und gründe den Betriebsrat!“

    Tanja Hammerl Flyeralarm

    Zwei Info-Veranstaltungen hat Ver.di im Oktober für Flyeralarm-Beschäftigte durchgeführt. Kaum 15 echte Interessenten seien zu jeder gekommen, berichtet Baumann, dafür aber einmal drei leitende Angestellte des Unternehmens, von denen er glaubt, dass sie Macht demonstrieren sollten.

    Das andere Mal seien 40 „aufgepeitschte“ Flyeralarm-Beschäftigte aufgetaucht, mit dem Auftrag, die Veranstaltung zu „torpedieren und chaotisieren“. Pongratz weist das als „infame Lüge“ zurück.

    Anfang Oktober saßen Baumann und Hammerl drei Viertelstunden lang bei einem Vier-Augen-Gespräch zusammen. Dabei versicherte ihm Hammerl, nichts gegen einen Betriebsrat zu haben. Sie hätten vereinbart, sagt sie, dass sich Baumann binnen einer Woche bei ihr melde, um die Wahl einzuleiten. Seitdem habe sie nichts mehr von ihm gehört. Der Gewerkschafter bestreitet die Abmachung: Bevor er sich an die Unternehmensleitung wende, rede er mit der Belegschaft.

    Seit Mitte Oktober hat Baumann die Flyeralarm-Leute nicht mehr zu einer Infoveranstaltung eingeladen. Doch er sagt: „Ganz klar, dass wir nicht ablassen von der Geschichte. Ganz klar aber auch, wir kriegen das nicht von heute auf morgen hin.“ Hammerl stöhnte entnervt im Gespräch mit der Main-Post: „Ja, komm doch und gründe den Betriebsrat!“

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