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WÜRZBURG: Vinyl hat auch in Würzburg wieder Konjunktur

WÜRZBURG

Vinyl hat auch in Würzburg wieder Konjunktur

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    Michael Pfreundschuh hat am Wagnerplatz in Grombühl einen Plattenladen. Seit 20 Jahren versorgt er hier die Würzburger mit Vinyl aus den unterschiedlichsten Genres.
    Michael Pfreundschuh hat am Wagnerplatz in Grombühl einen Plattenladen. Seit 20 Jahren versorgt er hier die Würzburger mit Vinyl aus den unterschiedlichsten Genres. Foto: Foto: Daniel Peter

    Vinyl ist Vintage, und Vintage ist im Trend. Jedenfalls stapeln sich in den alten Regalen der Wohnzimmer von Musikliebhabern oft wahre Platten-Schätze. Dass Vinyl wieder boomt, bestätigt der Bundesverband Musikindustrie (BVMI) im Jahrbuch 2015: Im Vergleich zu 2014 stieg der Vinylumsatz von 38 Millionen auf 50 Millionen Euro, das ist ein Anstieg von 30,7 Prozent.

    In der Würzburger Musikszene versorgen schon seit Jahren drei Läden ihre Kundschaft mit Vinyl – Second Hand und Neuware und von Klassik bis Hardrock. Doch ist Vinyl nicht gleich Vinyl und somit hat jeder Plattenladen seine eigene Geschichte. Doch merken die kleinen Läden überhaupt etwas von den Trend-Zahlen und wenn ja, wie finden sie das Ganze?

    Monophon am Wagnerplatz

    Am Wagnerplatz in Grombühl knarzt der alte Holzboden und in manchen Ecken hat man Angst, dass einem die vollgestopften Regale entgegenkommen. Etwa 35 000 Platten stapeln sich in Michael Pfreundschuhs Monophon bis unter die Decke. Er bezeichnet seine 90 Quadratmeter liebevoll als „Tante-Emma-Laden“, weil man dort mehr als nur Platten findet: CDs, Zubehör und schicke Gerätschaften, aber auch Bücher, Spiele und Filme – alles geht, irgendwie.

    Pfreundschuh ist gelernter technische Zeichner und hat sich mit dem Monophon einen Kindheitstraum erfüllt. Bereits im Alter von zehn Jahren bekam er von seiner Vormieterin eine kleine Vinyl-Sammlung geschenkt, die er seitdem ausbaute. Seit 20 Jahren verwirklicht er mit dem Monophon seine ganz eigene Philosophie. Er besitzt weder PC, EC-Kartenlesegerät noch Handy. Auch in Sachen Musikgeschmack ist er alles andere als kommerzorientiert. Er und seine Kunden hören am liebsten Independent, eine Musikrichtung, die oft bei kleinen Labels unter Vertrag ist. Es gibt aber auch ganz spezielle Kunden, die eine Vorliebe für Avantgarde haben, eine entrückte Art von Musik. Interessanterweise läuft diese Musikrichtung immer gut.

    H2O in der Karmelitenstraße

    Auch für Horst Porkert hat sich mit Vinyl ein Traum erfüllt. Im Herbst feiern er und sein Team den 21. Geburtstag des H2O in der Karmelitenstraße. Damals wollten seine zwei Freunde Harry und Olli (deshalb der Name H2O) einen Plattenladen eröffnen. Zur Auswahl standen Göppingen, Berlin und Würzburg. Beide hatten aber so schon genug zu tun, sodass Horst Porkert die Geschäftsführung in der Stadt am Main übernahm. Porkert verkauft sowohl Second-Hand als auch Neuware.

    Und gerade wegen des privaten Ankaufs ist das Sortiment immer am Rotieren. „Ich wollte schon immer einen Querbeet-Laden haben, weil ich selbst viel höre. Von der ,Allerweltsmusik‘ bis zum Grindcore.“ Deshalb sollen sich auch seine Kunden im Laden ausprobieren und selbst finden können.

    Neben den 7000 bis 9000 Schallplatten gibt es bei Horst Porkert noch CDs, DVDs, aber auch T-Shirts und Merchandise-Artikel. Die Räume sind strukturiert, die Ware gut sortiert und dennoch ist das H2O robust: fester Holzboden, aus den weißen, zum Teil mit Kuhflecken gemusterten Wänden ragen Rohre und Gemäuer. Zudem ist es eine wichtige Anlaufstelle für den Würzburger Konzert-Vorverkauf. Porkert macht aber noch mehr, als „nur“ Platten und Tickets verkaufen. Er veranstaltet seit Jahren die Psychedelic Network Konzertreihe. Außerdem hat er sein eigenes Label, ist DJ, Musiker und ehrenamtlich in den Jugendeinrichtungen Immerhin und Cairo tätig. Sein leben ist voll und vielseitig, wie der Laden.

    Musicland am Peterplatz

    In Sachen Ordnungsfimmel hat sich hier ein Kompromiss eingependelt. Voll, aber nicht bis unter die Decke, und zugleich irgendwie kuschelig, weil nur 60 Quadratmeter groß, ist das Musicland von Martin Schneeberger am Peterplatz. Den Laden gibt es schon seit 1988 in Würzburg, seit 1997 am jetzigen Standort und somit das älteste der drei Geschäfte. Das Musicland hat zwei Besonderheiten: Da es in Bamberg eine zweite Filiale gibt, findet zwischen beiden Städten regelmäßig ein Sortimentwechsel statt, sodass das Stöbern nie langweilig wird. Außerdem gibt es im hinteren Teil einen ganzen Klassik-Raum, in dem jeder Beethovenfan glücklich wird. Insgesamt kann man bei Schneeberger circa 3000 Platten entdecken.

    Außerdem verkauft er neben Vinyl, CDs, und DVDs eine Menge Bücher aus zweiter Hand. „Die Bücher hatten wir nicht von Anfang an im Sortiment, sie machen das Geschäft jedoch für Frauen interessanter.“ Romane, Fachbücher, es ist alles da. Auch bei den CDs hat der ehemalige Philosophie-Student keine Hemmungen: Rapper Akon und Helene Fischer gibt es hier zum kleinen Preis. Bei Martin Schneeberger kann jeder einkaufen. „Das geht durch alle Stände, das ist aber das Spannende!“ Ein Laden für alles und jeden.

    Das „Digitale Zeitalter“ haben alle drei Würzburger Plattenläden Anfang der 2000er zu spüren bekommen. Im Grombühl gab es 2005 eine Flaute, jetzt werde es vom Gefühl her aber wieder mehr, sagt Pfreundschuh. Bei Schneeberger ist das Vinyl ein stabiler Faktor, aber bei CDs müsse er seit fünf Jahren Umsatzrückgänge von bis zu 70 Prozent verzeichnen, sagt er. Die potenzielle Kundschaft stieg zunächst auf die kleinere Scheibe und dann auf das Internet mit all seinen Download- und Streaming-Diensten um.

    Vinyl ist etwas für Genießer

    Pfreundschuh, Porkert und Schneeberger – alle drei sind sich an einem Punkt einig: Vinyl ist etwas für Genießer. Deshalb müsse man aber noch lange kein Gegner der anderen Formate sein, sagt Horst Porkert vom H2O. MP3 sei datenreduziert, also nett für unterwegs. CDs seien zum Beispiel für elektronische Musik sehr gut geeignet, weil bei den klaren Sounds die typischen Fremdgeräusche der Platte (Knistern, Kratzen) stören würden. Vinyl bedeute Arbeit, weil man die Platte immer wieder umdrehen müsse. Hierfür braucht man den richtigen Moment, die Muse, die Zeit, um die Musik dann in vollen Zügen genießen zu können. Schneeberger bestätigt diese Einstellung: „Lässt man sich auf die Platte ein, versteht man den Sinn der Musik viel besser.“

    Wie oft profitieren auch im Fall der Schallplatte nur die Großen vom Trend, denn wenn die Nachfrage steigt, ziehen die Preise schnell nach. Deshalb muss Michael Pfreundschuh Jahr für Jahr fast zehn Prozent mehr für seine Platten im Einkauf hinblättern. Diese Preiserhöhung will er nicht auf seine Kunden abtreten, sodass sein Gewinn schrumpft. Auch für Schneeberger rentieren sich Neueinkäufe fast nicht mehr. Porkert hat noch ein weiteres Problem: Da wieder mehr Vinyl gepresst wird, seien die Presswerke am Limit. Wenn er nun mit seinem kleineren Label Press-Aufträge aufgeben will, muss er sich in einer langen Warteschlange hinter den Großen anstellen.

    Plattenläden sind soziale Treffs

    Und auch wenn Drogerieketten und Elektronikmärkte ebenfalls Vinyl-Neuware verkaufen, gibt es zu Monophon, H2O und Musicland einen klaren Unterschied: Die kleinen Plattenläden sind soziale Treffs. Hier kommen Menschen zusammen, die sich sonst nicht über den Weg laufen und reden über das, was sie bewegt: Musik. Konkurrenzgedanken gibt es zwischen den Männern nicht, denn jeder Laden ist individuell. Egal ob Wohnzimmer-Feeling oder klare Struktur – auch in Würzburg ist Vinyl nicht mehr wegzudenken.

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