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LANDKREIS WÜRZBURG: Von Kümmerli, Schnaps und Hühnern

LANDKREIS WÜRZBURG

Von Kümmerli, Schnaps und Hühnern

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    Schnapsbrennerei: Der Landrat im Weingut Schmitt in Bergtheim. Links im Bild Seniorchef Manfred Schmitt.
    Schnapsbrennerei: Der Landrat im Weingut Schmitt in Bergtheim. Links im Bild Seniorchef Manfred Schmitt.

    Einmal im Jahr geht Landrat Eberhard Nuß mit einigen seiner engsten Mitarbeiter auf die Höfe und Felder. Vier unterschiedliche landwirtschaftliche Betriebe im nördlichen Landkreis waren heuer das Ziel.

    Man habe dafür Betriebe ausgewählt, die bei der Existenzsicherung enormen Mut bewiesen hätten, sagte Hermann Brell, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV), der die Rundreise in Zusammenarbeit mit dem Amt für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten (AELF) Würzburg organisiert hatte.

    Den Schwerpunkt seines Hofes in Burggrumbach hat Burkhard Ziegler auf die Schweinmast gelegt. Inzwischen bietet sein Stall 1500 Schweinen Platz. Eine Lagerhalle, Trocknungseinrichtung, Mahl- und Mischanlage für Futter hat er zusammen mit einem benachbarten Kollegen errichtet. So wurden Investitionskosten halbiert und er kann das betriebseigene Getreide selbst schroten, mischen und verwerten.

    Weitere Standbeine sind eine Biogasanlage und eine Fotovoltaikfläche auf den Betriebsgebäuden. Die Biogasanlage schluckt die gesamte Gülle seiner Schweine.

    Wärme für die Siedlung

    Momentan liegt der Gülleanteil bei 50 Prozent, der Rest ist selbstangebauter und zugekaufter Silomais. Die Felder werden anschließend mit dem Substrat aus der Anlage gedüngt. Die Abwärme, derzeit noch weitgehend ungenutzt, soll schon bald ein neues Siedlungsgebiet mit Wärme versorgen. „Wenn das gelingt, steigt die Wertschöpfung“, sagte der Landrat. Der Maisanbau für die Biogasanlagen dürfe aber nicht zu Lasten der Lebensmittelproduktion gehen, bemerkte er kritisch. Davon sei man weit entfernt, meinte Dieter Ofenhitzer, Leiter des AELF.

    Auf geschlossene Nährstoffkreisläufe legt auch Renate Straus-Saal auf ihrem Geflügelhof im Unterpleichfelder Ortsteil Hilpertshausen großen Wert. 27 000 weiße und braune Hühner leben hier in Bodenhaltung. Getreide und Mais für das Futter werden selbst produziert, Soja muss zugekauft werden, sagt sie. So werden hier die Eier aus der Region auch tatsächlich mit regionalen Feldfrüchten erzeugt. Der Hühnermist gelangt via Biogasanlage wieder auf die Felder.

    Erfahrung mit Legehennen

    Seit 46 Jahren hat die Familie Erfahrung mit Legehennen. „Die braune Henne ist eher gemütlich, die weiße etwas temperamentvoller“, weiß die Chefin. Und: Den Geschmack eines Eis macht nicht die Farbe des Huhns, sondern das Futter aus. Mit dem Ausbau und der Modernisierung des Hofes ging eine zunehmende Spezialisierung und Arbeitsteilung einher. Seit 2010 werden die Eier in einem nahegelegenen Betrieb sortiert und abgepackt.

    Das ist kostengünstiger, weil die Neuanschaffung einer eigenen Anlage nach dem neuesten technischen und rechtlichen Stand eine halbe Million Euro gekostet hätte, sagt die Agrartechnikerin. Besonders arbeitsintensiv und bewusst in der Hand des Betriebes geblieben ist die Vermarktung. Von 23 000 Eiern täglich werden 80 Prozent selbst vermarktet. Gastronomie, Hotels, Kantinen, Marktstände und Weiterverarbeiter sind die Kunden.

    Einen hochspezialisierten Ackerbaubetrieb führt die Vater-Sohn-GbR Winfried und Michael Strauß in Unterpleichfeld. Auf 210 Hektar werden Blaukraut, Gurken, Zuckerrüben, Sellerie, Karotten, Zucchini, Rote Beete und Spargel angebaut. Zur Minderung des unternehmerischen Risikos setzt man auf Vertragsanbau mit gesichertem Absatz und Preisen.

    Der Großteil der Sonderkulturen wird direkt über Vertragsanbau oder über den Großmarkt in Kitzingen vermarktet, erklärt Winfried Strauß. Ein weiteres wirtschaftlich bedeutendes Standbein ist die Dienstleistung für die Firma Kühne. „Bei uns werden in einer Anlage alle unterfrankenweit erzeugten Gurken für Kühne sortiert und LKW-fertig zum Transport in die firmeneigene Verarbeitung aufbereitet“, erläutert Strauß. 4,5 Hektar Spargel werden heute zum größten Teil im eigenen Hofladen verkauft.

    Wein und Geister

    Spezialisiert ist auch Manfred Schmitt aus Bergtheim, auf Wein und edle Destillate. Dabei wollte der Weinbaumeister 1970 gemeinsam mit seiner Frau nach Südafrika auswandern. „Ein Haus war schon gemietet und die Flugtickets gekauft“, erzählt Schmitt. Doch dann begannen die Unruhen um die Apartheit und er blieb in Bergtheim.

    Dort hat er seit 1970 den kleinen landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern zu einem Privatweingut mit stattlichen 40 Hektar eigenen Weinbergen ausgebaut. Auch die Äpfel und Birnen für die Brände wachsen auf den eigenen Feldern. 300 Liter Weingeist entstehen so Jahr für Jahr.

    Bis die „Geister“ in den Verkauf kommen, dauert es aber eine ganze Weile. Vier Jahre muss ein Williams lagern, bis er zu einem zarten Edelprodukt heranreift, wie es die Kunden heute wollen, weiß Schmitt.

    Bei einem Essen im Weingut Schmitt lobte der Landrat die schlüssigen Konzepte aller vier Betriebe. Dieter Ofenhitzer, Leiter des AELF, sagte, die Landwirte hätten eine so hohe Wertschöpfung geschaffen, dass sie auch unter hartem Konkurrenzdruck überleben könnten.

    Dennoch sprachen die Bauern Probleme an, die ihrer Meinung nach vom Landkreis oder den Gemeinden gelöst werden müssten. Dabei ging es um das Wegenetz in den Fluren, das heute nicht mehr für die schweren landwirtschaftlichen Fahrzeuge ausgelegt ist, um die Beregnung im Feldgemüseanbau und um die Führerscheinregelung für landwirtschaftliche Lehrlinge unter 18 Jahren.

    Führerscheinprobleme

    Immer mehr Betriebe hätten nur noch landwirtschaftliche Fahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von 60 Stundenkilometern, sagte Strauß-Saal. Diese konnten bisher mit Sondergenehmigung und der Beschränkung auf 40 Stundenkilometer auch von Auszubildenden ab 16 Jahren gefahren werden. Neuerdings besteht diese Ausnahme nicht mehr. Dies könne die Ausbildung in Zukunft ernsthaft gefährden, meinte die Landwirtin.

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