Innungsobermeister Horst Schömig hat Karl Knüpfing als einen Metzgermeister kennen gelernt, dem der Kontakt zu den Kollegen wichtig war, der sich regelmäßig weitergebildet hat, um technisch und fachlich auf dem neuesten Stand zu sein. "Aber in dem Moment, wo im Betrieb was passiert, denkt man nicht an die Gefahr, auch wenn man sie kennt", sagt er. Nur so kann er sich den Betriebsunfall erklären.
Wie berichtet, war Karl Knüpfing am Mittwochmorgen in den mit Faulgasen gefüllten Schacht des Fettabscheiders gestiegen und dort erstickt. Jeder Fleischverarbeiter braucht einen solchen Fettabscheider, auch wenn er wie Karl Knüpfing, vornehmlich Bratwürste herstellt.
Fette und andere organische Stoffe, die im Abwasser obenauf schwimmen, werden dort zurückgehalten, und spätestens vierteljährlich abgepumpt. In kurzer Zeit entstehen durch die organische Zersetzung Gase wie Schwefelwasserstoff, Ammoniak und Methan.
Störung an der Pumpe
Niemand steigt freiwillig in diesen Gestank, aber im Schacht des Estenfelder Betriebs war nach Auskunft der Würzburger Berufsfeuerwehr zusätzlich ein Hebewerk installiert, um das vorgereinigte Abwasser in den etwas höher liegenden Kanal zu pumpen. Ein Störung an dieser Pumpe war wohl der Grund, warum Karl Knüpfing in den Schacht gestiegen ist.
Die zuständige Fleischer-Berufsgenossenschaft in Mainz wird in den kommenden Tagen den Unfallhergang genau untersuchen. Um Schlüsse zu ziehen und künftigen Unfällen vorzubeugen, wie der technische Aufsichtsbeamte Holger Merkel erklärt. Denn im Fleischer-Gewerbe sei ihm kein vergleichbarer Fall bekannt und man will ausschließen, dass die Risiken unterschätzt werden.
Gefährliche Weinkeller
In der Landwirtschaft und im Weinbau kennt man die Gefahren, die von organischen Gasen ausgehen. Immer wieder sind in den zurückliegenden Jahrzehnten auch im Landkreis Würzburg Menschen ums Leben gekommen, weil sie in Güllegruben, Futtersilos oder sogar stillgelegte Brunnen gestiegen sind.
"Grundsätzlich - wenn ich in Gruben einsteige, wo organische Stoffe gelagert sind, die zur Gärung kommen können, begebe ich mich in Lebensgefahr", sagt Winfried Brückner, Regionalleiter der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft in Würzburg. Besonders tückisch ist der giftige Schwefelwasserstoff, der den Geruchssinn lahm legt. Dadurch entsteht der Eindruck, als lasse der typische Geruch nach faulen Eiern nach.
Gerade im Herbst können auch unzureichend belüftete Weinkeller gefährlich sein. Bei der Gärung entweicht Kohlendioxid, das schwerer als Luft ist und den Sauerstoff aus dem gesamten Raum verdrängen kann. Die Bewusstlosigkeit tritt schnell und fast unmerklich ein.
Brückner rät, vor Arbeiten in Schächten die Berufsgenossenschaft oder die Feuerwehr zu Rate zu ziehen. Gruben müssen vor dem Betreten mit einem starken Gebläse belüftet werden. Arbeiten dürfen nie alleine ausgeführt werden und wer in einen Schacht steigt, sollte mit einem Seil gesichert sein.
Außer Gefahr
Beim Unglück in Estenfeld hatte ein 48-jähriger Nachbar vergeblich sein Leben riskiert, um den Verunglückten zu retten. Er liegt in der Würzburger Uniklinik und ist nach Angaben der Polizei außer Gefahr. Für seinen Schaden kann er übrigens die Berufsgenossenschaft in Anspruch nehmen, wie Holger Merkel erläutert, dort sind nämlich auch Personen versichert, die nicht fest in einem Betrieb beschäftigt sind.