Zum Frühlingsanfang lädt die Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim Menschen ein, denen es im grünen Daumen juckt, die garteln und ernten wollen, aber kein eigenes Beet haben. „Urban Gardening“, das Gärtnern in der Stadt, ist Thema einer Fachtagung - für Profis und Laien. Dabei geht es darum, wie trotz knapper Flächen, mehr Grün, Genuss und üppige Ernten gedeihen, aber auch, was das für Menschen und Städte bedeutet.
Eine, die Erfahrungen damit gemacht hat, wie Grün das Leben beeinflusst, ist Ursula Kern. In Erlangen kümmert sie sich um ein interkulturelles Gartenprojekt. „Die Idee entstand bereits 2004, da rund um die soziokulturelle Einrichtung 'Kulturpunkt Bruck' Gelände brach lag“, erzählt sie. Es brauchte zwar viele Jahre Überzeugungsarbeit bei Behörden, bis der Gemeinschaftsgarten vor drei Jahren Wirklichkeit werden konnte. Inzwischen jedoch versorgt er nicht nur Stadtmenschen mit frischem Essen, sondern auch mit allerlei Erlebnissen. „Der Garten wird zum Ankerplatz und auch zum Ort für Resilienz“, so Kern.

Es gibt keine Gebühren, keinen Zaun. Willkommen seien alle, die in der eigenen Stadt aktiv werden, Verantwortung für einen Teil übernehmen wollen und sich auch einfach mal selbst auszuprobieren wollen. Dazu gibt es üppig Möglichkeiten bei Anbau, Gartenkunst, Bauarbeiten. Scheitern kann man lernen und Erfolge feiern. „Das Projekt ist Lern-, Erlebnis-und Experimentierfeld zugleich“, so Kern. Ganz nebenbei geht es auch um Themen wie Nachhaltigkeit und Ökologie. Wichtig ist Kern auch der soziale Aspekt: „Auf dem Land kennen wir die nachbarschaftlichen Gespräche über den Gartenzaun, die nun hier in vielfältigster Weise stattfinden“, beobachtet sie. In Veitshöchheim schildert sie die Möglichkeiten des Gemeinschaftsgartens und wie er funktioniert.

Wo kein Platz oder die Zeit noch nicht reif ist für einen offenen Garten für alle, aber die Lust am Garteln auf knapper Fläche da, braucht es kreative Lösungen. Eine stellt Gundula Holm vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Fürth vor. Dabei geht es um das Gärtnern ohne Erde. Salat, Gemüse und Kräuter können nämlich auch in der Wasserwanne wachsen, erklärt sie, in sogenannten hydroponischen Systemen. Deren Vorteil: Die Pflanzen könnten auf wenig Platz ressourcenschonend und umweltfreundlich angebaut werden. Sie stecken in einer Platte, die auf einer Nährlösung schwimmt. Da das System geschlossen sei, wird nichts ausgewaschen. Nicht verbrauchte Nährstoffe, bleiben für den weiteren Anbau in der Lösung, so Holm.

Eine andere Idee für Menschen mit wenig Platz, die dennoch ernten möchten, sind vertikale Beete. Gundula Holm schlägt beispielsweise einen Pflanzturm aus Drahtgeflecht und Kokosmatte vor. Ein einen Meter hoher Turm mit einem Durchmesser von 70 Zentimetern bietet bereits gut zwei Quadratmeter Anbaufläche, rechnet sie vor. Florian Demling vom Institut für Stadtgrün und Landschaftsbau der LWG testet unter anderem automatisch bewässerte und gedüngte Behältersysteme für Fassadengärten. Wer selbst experimentieren möchte, könnte mit aufrecht gestellten, bepflanzen Holzpaletten beginnen, rät er. Auch alle möglichen Pflanzbehälter ließen sich an der Wand befestigen.

Überhaupt, wer Urban Gardening jetzt als etwas für überkandidelte Stadtleute betrachtet, den holt Demling auf den Gartenboden der einfachen Tatsache: „Balkonkästen sehe ich immer gern als ursprüngliche Form des Urban Gardening.“
Die Fachtagung „Urban Gardening – Stadt grün erleben, Genuss ernten“ am kommenden Mittwoch, 20. März, von 9 bis 16.30 Uhr in der Veitshöchheimer Mainfrankensälen richtet sich an Fachleute und an alle Interessierten. Anmeldung ist erforderlich unter Tel. (0931) 801-158 oder per E-Mail: bay.gartenakademie@lwg.bayern.de
Tipps zum Selbermachen Vertikale Beete: Wer wenig Platz und kaum Stellfläche hat, kann den unkomplizierten Versuch von Florian Demling nachmachen. An Paletten schraubt er Bretter so, dass kleine Tröge entstehen, schlägt sie mit Vlies aus und füllt sie mit Substrat. „Bei uns an der Wand haben wir noch ein Bewässerungsset mit Solarzelle“, sagt der LWG-Mitarbeiter. Für Paletten gebe es auch Einsätze aus Metall, dann erübrigt sich das Schrauben. Wichtig: Jedes System müsse bedarfsgerecht gegossen und gedüngt werden. Schwimmender Salat: Gundula Holm vom AELF in Fürth gibt Tipps, wie man Salate, Gemüse und Kräuter im Wasserbeet ziehen kann. In den Deckel einer lichtundurchlässigen (vermindert Algenbildung) Plastikbox bohrt man Löcher, in die Gittertöpfe eingesetzt werden. Wasser einfüllen und mit Nährstoffen anreichern. Eine Aquarium-Pumpe sorgt für Durchmischung und Sauerstoffzufuhr. Dünger, Geräte und Materialien gibt es als Sets zu kaufen, so Holm. Pflanzturm: Einfach zu bauen ist auch ein Pflanzturm. Man braucht Estrichgitter, Kokosmatte und Tropfschlauch. Die Kokosmatte wird auf die Größe des Gitters geschnitten. Der Turm braucht wegen der Stabilität einen Mindestdurchmesser von 70 Zentimetern. Türme über einen Meter Höhe stabilisiert ein Holzpflock in der Mitte. Beim Befüllen mit Kübelpflanzenerde muss diese schichtweise angedrückt und gleichzeitig ein Schlauch mit Löchern für die Bewässerung spiralförmig fünf Zentimeter vom Rand entfernt verlegt werden. Kreuzweise Pflanzlöcher in die Kokosmatte schneiden und Pflanzen einsetzen. Im oberen Teil gedeihen Kräuter wie Petersilie und Schnittlauch oder Erdbeeren, die weniger Wasser brauchen. Salate und Gemüse wie Kohlrabi, Sellerie oder Fenchel setzt man darunter. In der Horizontale wachsen Gemüse, die auch im Hochbeet gedeihen. Sie sollten zusätzlich gegossen werden.