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Würzburg: Was Christen in der Wirtschaft bewirken wollen

Würzburg

Was Christen in der Wirtschaft bewirken wollen

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    Beten während der Arbeit: Für den Würzburger Verein "Christen in der Wirtschaft" ist das ein Ansatz, um im rauen Job-Alltag Orientierung zu finden.
    Beten während der Arbeit: Für den Würzburger Verein "Christen in der Wirtschaft" ist das ein Ansatz, um im rauen Job-Alltag Orientierung zu finden. Foto: Thinkstock

    Unternehmen sind auf Profit aus, der Alltag im Job ist oft hart. Viele Menschen leiden darunter. Doch Gott, Jesus und die Bibel haben bei der Arbeit keinen Platz. Der kaum bekannte, aber bundesweit aktive Verein "Christen in der Wirtschaft" (CiW) mit Sitz in Würzburg sieht das anders. Im Interview erklärt Generalsekretär Michael vom Ende, warum christliche Werte in der heutigen Zeit erst recht wichtig sein sollten - für Angestellte und für Chefs.

    Frage: Herr vom Ende, wäre Jesus heute ein Unternehmer, wie lange würde er am Markt überleben?

    Michael vom Ende: Er hätte gute Chancen. Er würde viele Dinge sehr überraschend machen.

    Michael vom Ende, Generalsekretär des bundesweiten Vereins "Christen in der Wirtschaft" mit Sitz in Würzburg.
    Michael vom Ende, Generalsekretär des bundesweiten Vereins "Christen in der Wirtschaft" mit Sitz in Würzburg. Foto: Jürgen Haug-Peichl

    Zum Beispiel?

    Vom Ende: Er würde sagen: „Ich weiß, dass man immer sehr auf seinen Vorteil achten muss. Aber ich glaube, dass man besonders erfolgreich ist, wenn man auf den Vorteil der anderen achtet.“ Das sind Erkenntnisse, die sich langsam – viel zu langsam – in der Wirtschaft durchsetzen. Aber Modelle wie Working Out Loud – dass man also über eigene Firmengrenzen hinaus an einer gleichen Problemstellung mit Konkurrenten arbeitet, um dann festzustellen, dass man bessere Ergebnisse erzielt – müssen noch großflächig entdeckt werden.

    Was kann der christliche Glaube in unserem Arbeitsalltag bewirken?

    Vom Ende: Er soll erst mal helfen, dass man überhaupt das Arbeitsleben besteht. Daran scheitert es schon bei manchen. Leute brennen aus, scheitern, werden krank. Das Zweite: Ein Christ hat immer einen weiten Horizont. Er denkt über den Tag hinaus. Wenn wir in der Wirtschaft über Nachhaltigkeit sprechen, dann können die Christen Einiges dazu beisteuern. Wenn wir auch noch über die Bewahrung der Schöpfung reden, dann müssen die Christen ran, denn sie haben hier aus der Bibel einen Auftrag.

    Sollte man in einem Bewerbungsgespräch den Mut haben, gegenüber dem Unternehmer zu betonen, dass man bekennender Christ ist und dass man das am künftigen Arbeitsplatz auch einbringen will?

    Vom Ende: Wohl dem, der diesen Mut hat. Das kann sehr hilfreich sein, kann aber auch ein Schuss nach hinten werden. Man kann ja auch Dinge im christlichen Sinne vorantreiben, indem man nicht groß darüber spricht.

    Ihr Verein bietet unter anderem Firmengebete an. Und das in Zeiten von Fachkräftemangel, Digitalisierung, hoher psychischer Belastung im Job. Es gibt in Unternehmen dringendere Themen als am Arbeitsplatz zu beten, könnte man meinen.

    Vom Ende: Ich widerspreche Ihnen ganz deutlich. Ich glaube nicht, dass es wichtigere Dinge gibt. Ich sage aber auch: Man darf nicht das eine gegen das andere ausspielen. Es heißt ja nicht, dass wir nur beten. Aber das Gebet ist für uns eine ganz entscheidende Kraftquelle. Wir bieten es jedem an, anonym oder mit Namen für ihn zu beten. Wir tun das in unserer Verbandszentrale jeden Tag. Menschen nutzen das und sind sehr dankbar. Das ersetzt aber nicht die harte Arbeit, die Sorge um die eigene Gesundheit und all die Dinge, die Sie eben genannt haben.

    Wie viele Unternehmen sprechen im Alltag auf christliche Werte an?

    Vom Ende: Auf Werte und Achtsamkeit viele. Auf dezidiert christliche Themen ganz wenige. Einmal, weil es political nicht correct ist oder weil man Märkte hat, die einen anderen religiösen Hintergrund haben.

    Wenn Ihr Verein so viel Gutes tut, warum ist er dann so unbekannt?

    Vom Ende: Weil wir noch sehr mit uns selbst beschäftigt sind aus der Vergangenheit heraus. Wir müssen uns wieder ermutigen, über das Gute mehr zu reden. Auf der anderen Seite können wir auch nicht über alles in der Öffentlichkeit reden. Gerade, wenn es um Beratung oder Seelsorge geht.

    Das heißt, Sie sind aufgrund der Sensibilität gezwungen, auch viel im Verborgenen zu arbeiten?

    Vom Ende: Unbedingt. Weil gerade Menschen in der Wirtschaft Wert darauf legen, dass Dinge, die zu persönlich sind, nicht genannt werden.

    Wie spiegelt sich in Ihrer Tätigkeit die Tatsache, dass immer mehr Menschen unter ihrem Job leiden?

    Vom Ende: In den Gesprächen wird sehr deutlich der Zeitmangel in den Vordergrund gestellt. Darüber hinaus wird häufig die Frage gestellt: Wo bewege ich mich beruflich hin? Die Frage der Planbarkeit wird immer schwieriger, die Unsicherheit wächst. Und die Frage: Wo bleibe ich als Mensch?

    Arbeiten am Sonntag ist üblich geworden, der verkaufsoffene Sonntag auch. Diese Aufweichung des Sonntagsschutzes ist den Kirchen ein Dorn im Auge. Wie stehen Sie dazu?

    Vom Ende: Ich sage jetzt etwas sehr Überraschendes: Die ersten Christen haben an sieben Tagen der Woche gearbeitet. Dass wir jetzt einen Sonntagsschutz haben, ist ein hoher Wert. Er war nicht immer selbstverständlich. Vielleicht kommen wieder Zeiten, in denen es normal ist, dass es keinen solchen freien Tag gibt. Wenn es ihn aber gibt, dann muss ihn der Gesetzgeber mit allen Mitteln schützen. Ich bin mit einer Krankenschwester verheiratet. Für sie ist es normal, jedes zweite Wochenende arbeiten zu müssen.

    Das ist ja aber auch ein sozialer Beruf ohne kommerziellen Hintergrund.

    Vom Ende: Nein. Das Krankenhaus ist eine privatisierte Uniklinik, die Geld verdienen und am Ende ihre Aktionäre ausbezahlen muss.

    In der Wirtschaft Mainfrankens und anderswo ist zurzeit die Künstliche Intelligenz ein Topthema. Wie ist für einen Christen die Künstliche Intelligenz mit jener Intelligenz vereinbar, die er per Schöpfung erhalten hat?

    Vom Ende: Ohne die Intelligenz, die wir von der Schöpfung bekommen haben, könnte es keine Künstliche Intelligenz geben. Außerdem: Wenn ich über Künstliche Intelligenz rede, dann gilt der säkulare Grundsatz „Angst ist immer ein schlechter Ratgeber“. Ich glaube zudem, dass alles, was aus unserer menschlichen Intelligenz entsteht wie eben die Künstliche Intelligenz, ist zunächst mal eine gute Gabe Gottes. Deswegen plädiere ich sehr dafür, offen, konstruktiv, aber auch kritisch an das Thema ran zu gehen. Und nicht zuerst die Gefahren zu sehen, sondern zuerst die Chancen.

    "Christen in der Wirtschaft" Der 1902 gegründete Verein ist bundesweit aktiv und hat seit 2014 seinen Sitz in Würzburg. Er versteht sich als überkonfessionelle und parteiunabhängige Vertretung von Christen in Handwerk, Handel, Dienstleistung, Industrie und Gesellschaft. 20 Prozent der 800 Mitglieder sind Unternehmen, darunter das Würzburger Modehaus Severin. Der 2013 im Alter von 95 Jahren gestorbene Würzburger Lebensmittelhändler Hermann Kupsch war jahrelang Ehrenvorsitzender des Vereins. Michael vom Ende (57) führt seit 2017 als Generalsekretär die Geschäfte der CiW. Der evangelische Theologe, gelernte Kaufmann und Kommunikationsfachmann aus dem hessischen Marburg war zuvor unter anderem bei der Marburger Mission und beim christlichen Medienhaus ERF in Wetzlar tätig. Der Verein CiW finanziert sich nach eigenen Angaben zu 62 Prozent aus Spenden. Der Rest entfällt auf Mitgliedsbeiträge und Erlöse aus dem Verkauf zum Beispiel des eigenen Wirtschaftsmagazins "Faktor C". Am Samstag, 4. Mai, laden die CiW in Würzburg von 10 bis 16 Uhr zur festlichen Mitgliederversammlung (Vineyard, Beethovenstraße 2). Unter anderem geht es um das Thema "Himmel 4.0 - wie die digitale Revolution zur Chance für das Evangelium wird". Weitere Infos und Anmeldung unter www.ciw.de

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