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OCHSENFURT: Was ein Mobbingopfer fühlt

OCHSENFURT

Was ein Mobbingopfer fühlt

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    „Bloßgestellt“ heißt das Planspiel, das drei Mitarbeiterinnen des Landratsamts Würzburg für Schulen konzipiert haben. Darin geht es um das so genannte Cybermobbing, das Schikanieren von Einzelnen im Internet. Ochsenfurter Realschüler sollten dadurch lernen, sich in die Situation von Betroffenen hineinzufühlen.
    „Bloßgestellt“ heißt das Planspiel, das drei Mitarbeiterinnen des Landratsamts Würzburg für Schulen konzipiert haben. Darin geht es um das so genannte Cybermobbing, das Schikanieren von Einzelnen im Internet. Ochsenfurter Realschüler sollten dadurch lernen, sich in die Situation von Betroffenen hineinzufühlen. Foto: Foto: CLAUDIA SCHUHMANN

    „Mit einem Bild kann ganz viel kaputt gemacht werden.“

    Martin Schmitt Medienbeauftragter

    Luk sitzt in aller Gemütsruhe auf dem Schulklo. Er ahnt auch nichts Böses, als sein Kumpel Rezzo dort aus Spaß ein Foto von ihm macht. Als aber das Bild zusammen mit einem fiesen Kommentar in den sozialen Netzwerken auftaucht, da hat der Spaß plötzlich ein Loch.

    Zumindest für Luk, der mit einem Mal zum Mobbingopfer geworden ist. Die erfundene Szene ist Teil eines Planspiels, an dem Schüler der Ochsenfurter Realschule teilnahmen.

    Vorbereitet haben das Planspiel mit dem Titel „Bloßgestellt“ drei Mitarbeiterinnen des Landratsamts Würzburg. An vielen Schulen waren sie mit diesem Programm schon zu Gast. Unter Schülern kommt das sogenannte Cybermobbing, das Schikanieren von Einzelnen im Internet, immer wieder vor. Soll es aber nicht, denn die Betroffenen leiden sehr unter den gemeinen Attacken. Das Landratsamt setzt daher, gemeinsam mit den Schulen, auf Vorbeugung.

    Wie fühlt es sich an, von allen ausgelacht oder beleidigt zu werden? Was treibt denjenigen an, der peinliche Fotos von Mitschülern ins Netz stellt? Was denken die, die dem Treiben tatenlos zusehen oder es gar durch weitere hämische Kommentare unterstützen?

    Und wie reagieren Eltern und Lehrer? In einem Planspiel kann man verschiedene Blickwinkel einnehmen und nachempfinden, was in den Betroffenen vorgeht. Natürlich wird auch versucht, Lösungen zu finden.

    Cybermobbing, weiß Martin Schmitt, ist nie allein eine Sache zwischen Mobbingopfer und -täter. Schmitt ist seit 2010 an der Ochsenfurter Realschule Beratungslehrer und Medienbeauftragter. Er schaltet sich ein, wenn ihm ein Fall von Mobbing an der Schule bekannt wird. Seine Aufgabe ist es aber auch, den Schülern die ganze Dimension solchen Verhaltens klar zu machen.

    Von Schmitt wissen die Schüler, dass niemand es dulden muss, wenn ungefragt Fotos von ihm ins Netz gestellt werden. Dass Täter wegen Beleidigung, Verleumdung oder übler Nachrede angeklagt werden können.

    Und dass eine einmal im Netz losgetretene Schmutzkampagne nie wieder eingefangen werden kann. „Mit der Technik können die Schüler bestens umgehen“, sagt Schmitt. Die Folgen mancher Aktivitäten sieht aber nicht jeder auf Anhieb. „Mit einem Bild kann ganz viel kaputt gemacht werden“, erklärt der Lehrer.

    Das hat auch Schüler Luk in dem erfundenen Beispielsfall erfahren müssen. Eigentlich ist er beliebt in seiner Clique. Er war sogar mal kurz mit Coco zusammen, aber irgendwie hat es doch nicht so richtig gefunkt, und beide haben sich in Freundschaft getrennt.

    Luk weiß nicht, das Coco das anders sieht. Ihr stinkt es total, dass Luk schon wieder mit anderen Mädels flirtet. Und als Rezzo ihr das Foto vom Schulklo überlässt, da veröffentlicht sie es auf Facebook und Whatsapp und schreibt auch gleich dazu, was sie von Luk hält: „Missgeburt!“

    Die Netzgemeinde lacht sich schlapp über das Foto und geizt nicht mit hämischen Kommentaren. Wo Luk auch auftaucht, man lacht und lästert über ihn. Seine Clique – das war einmal. Nur Freund Fido hält jetzt noch zu ihm. Hätte er von so einem Fall an der Ochsenfurter Realschule erfahren, dann hätte Beratungslehrer Martin Schmitt sich eingeschaltet. „So etwas kann man nicht laufen lassen.“ Aber wie den Karren aus dem Dreck ziehen?

    Im Planspiel suchen die Beteiligten das Gespräch mit den jeweils anderen Gruppen. Da sagt zum Beispiel Fido der Clique die Meinung: „Das ist nicht lustig. Stellt Euch doch mal vor, Ihr wäret Luk.“ Die Clique versteht das nicht: „Das Foto war doch witzig gemeint!“

    Alles nur ein Witz? Martin Schmitt glaubt, dass in dieser Aussage ein Mangel an Empathie zum Ausdruck kommt, der seiner Erfahrung nach unter Jugendlichen zunimmt. Schlechte Beispiele gebe es leider zur Genüge. Etwa Fernsehsendungen, in denen es nur darum gehe, Leute fertig zu machen. Internetkommentare, die sich gegenseitig an Gefühllosigkeit überbieten.

    Mehr Gespür für das entwickeln, was anderen wehtut, das zu vermitteln, hält Martin Schmitt für eine wichtige Aufgabe. Daran, sagt er, müsse man arbeiten.

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