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WÜRZBURG: Weibersitzung mit Sahneschnitten und Cocktails

WÜRZBURG

Weibersitzung mit Sahneschnitten und Cocktails

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    Wenn Lengfeld zum Weiberfasching ruft, dann werden die originellsten Kostüme angelegt, wie hier bei den „Sahneschnitten“.angelegt und es wird gefeiert was das Zeug hält.
    Wenn Lengfeld zum Weiberfasching ruft, dann werden die originellsten Kostüme angelegt, wie hier bei den „Sahneschnitten“.angelegt und es wird gefeiert was das Zeug hält. Foto: Foto: Angie Wolf

    Mickey-Mäuse mit falschen Wimpern, Gärtnerinnen mit Sonnenblumen auf dem Kopf, Katzen mit Glitzeröhrchen… Wenn Frauen zur „Weibersitzung“ ins Gasthaus „Zum Hirschen“ nach Lengfeld pilgern, wird nicht irgendeine Klamotte aus dem Schrank gezerrt und ein bisschen mehr Rouge auf die Wangen geschmiert als sonst. Wer „zum Schömig“ geht, macht sich schon lange vorher Gedanken, spricht sich mit den Freundinnen ab, näht oder lässt nähen, kauft blaue Perücken, mit Pailletten besetzte Täschchen und pinkfarbene Stiefelchen mit Punkten.

    Der Abend der Wirtin

    Genau genommen geht frau gar nicht „zum Schömig“. Der Wirt ist seit elf Jahren an diesem Abend Staffage. Rainer Schömig trägt ein unspektakuläres Hawaii-Hemd und darf nur Schoppen einschenken und Flaschen öffnen. Die Weibersitzung ist der Abend der Wirtin. Monatelang bereitet Claudia Schömig alles vor, verpflichtet Büttenredner und Tanzgruppen, grübelt über der Sitzordnung…

    Die Weibersitzung ist nur für Frauen. Männer sind ausschließlich zum Arbeiten zugelassen. Sowohl auf der nicht vorhandenen Bühne, als auch im Service. Es gibt übrigens viel mehr Frauen, die zur Weibersitzung wollen als der Saal Platz bietet. Und es gibt eine strenge Sitzordnung. „Die Stammgäste sitzen vorn, die neuen müssen nach hinten“, sagt die Wirtin und lacht. Sie trägt ein Hippie-Kostüm und kennt fast alle: Die „Sportfrauen“ mit den Stirnbändern und den Radlerhosen, die als Panzerknacker verkleideten „Damen vom Reitstall“, die „Vogelscheuchen, die eigentlich gar keine sind“…

    Damen als Geburtstagstorten

    Schon lange bevor das Programm beginnt, spielt die „Band“ auf. Sie besteht zwar nur aus Stefan und Maurice Menig. Aber die Jungs haben so viel Technik dabei, dass man denkt, hier sei ein ganzes Orchester am Werk. Vor den Musikern sitzen ein paar Sahneschnittchen, Damen, die sich als zuckersüße, rosa-weiße Geburtstagstorten verkleidet haben. Mit Kerzen auf der Brust.

    Einen Elferrat gibt es nicht. Dafür wäre auch gar kein Platz. Anne Keen von den Carneval Freunden Zellerau (CFZ) hat die Aufgabe, für Ordnung zu sorgen. Leicht ist das nicht. Die Damen stehen auf den Stühlen, die Damen singen, die Damen schunkeln, die Damen schnattern. Aber Frau Keen greift durch. Und zwar mit solcher Lautstärke, dass die Musiker sie darauf hinweisen, dass das Mikrofon doch eigentlich recht gut funktioniert.

    Erster Programmpunkt ist ein Tanzpaar: Mara-Milena Öhrlein und Samuel Stith, zwei im karnevalistischen Tanzsport hoch dekorierte Kinder, bei denen alles perfekt einstudiert ist: Die Schritte, die Drehungen, das Lächeln…

    Otmar als Olga

    Dann kommt Otmar Schraud aus Arnstein-Binsfeld. Er gibt die Olga: Schief geknöpftes Strickjäckchen, schlecht sitzendes Gebiss, schlurfiger Gang. Bei Olga ist nichts perfekt. Auch nicht ihre Ehe. Man hat ihr zugetragen, ihr Eugen sei in Würzburg im Bordell gewesen. Aber so was ficht Olga nicht an. Warum auch? „Nicht jeder Mann, der ins Stadion geht, spielt auch Fußball.“ Für den Auftritt gibt‘s einen Orden. Nicht aus Metall. Nichts, was man daheim in einen Karton legt. Die Orden bei der Lengfelder Weibersitzung bestehen aus einer dicken Scheibe Bierschinken, eingeschweißt in Folie und mit einem Bendel dran. Zum Gasthof gehört schließlich auch eine Metzgerei.

    Zwei Sahneschnitten bestellen sich Kaffee. Die Nacht ist schließlich noch lang. Schneewittchen braucht keinen Kaffee. Schneewittchen gehört zu den Stammgästen, sitzt in der ersten Reihe, ist hübsch und groß und drall und denkt gar nicht daran, müde zu werden. Schneewittchen ist hier, um Spaß zu haben. Wenn Schneewittchen lacht, wackelt das rote Schleifchen in ihren Locken - und das Glas auf dem Tisch. Beim Tanz der Juniorengarde, springt Schneewittchen auf und klatscht begeistert in die Hände.

    In Rüschen oder mit Elvis-Tolle

    Aber was ist die Juniorengarde gegen das Männerballett aus Rottendorf? Eine Gruppe junger Männer, von denen man die Hälfte, was von Respekt einflößenden Überzeugungskünsten der Trainerinnen zeugt, als Mädchen verkleidet hat. Und zwar mit allem, was dazu gehört: Röckchen und Rüschen, Lidschatten und Lippenstift… Der andere Teil darf männlich sein. Und zwar so richtig mit Elvis-Tolle, langen Koteletten, Röhrenjeans und Blousons. Begnadete Tänzer sind die Jungs nicht wirklich. Und der Saal ist für ihre mühsam geübten Hebefiguren ja auch viel zu niedrig. Auf jeden Fall macht es tierischen Spaß, ihnen bei ihren überaus ernsthaften Bemühungen zuzuschauen.

    Es folgt Bernd Kleinschnitz, der „Schoppe-Schorsch“, der sich manchmal langweilt. Dann kauft er sich ein halbes Hähnchen, fährt damit zum Tierarzt und fragt, „ob da noch was zu machen ist“. Schneewittchens Lachen ist bestimmt noch in Versbach zu hören.

    "Born to be wild" mit Rollatoren

    Stimmungssänger Maxi schenkt den Damen sein „ganzes Herz“ und als ihm sein Bierschinken-Orden auf den Boden fällt, hebt eine freche Mickey-Maus das Ding auf und steckt es ihm in den Lederhosen-Stall. Es ist Weibersitzung. Dazu gehört auch das Hofkeller-Ballett, das zu den Klängen von „Born to be wild“ mit Rollatoren vorfährt. Und natürlich Ines Procter, die bei Aldi mit einem Hausverbot belegt wurde, weil sie „am 16. Dezember alle Adventskalender auf den neues Stand gebracht hat“. Ganz zum Schluss trommelt „Samba Osenga“ die Damen auf die Tanzfläche - und vermutlich ganz Lengfeld aus dem Schlaf.

    Und was macht Schneewittchen? Schneewittchen rockt mit den Sahneschnitten, die schon lange von Kaffee auf „Touch-down“-Cocktails umgestiegen sind.

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