Es ist der vielleicht unangenehmste Auftritt der gesamten, viertägigen Veranstaltung, den der kongolesische Gitarrist Olivier Tshimanga am Donnerstagnachmittag beim Africa Festival absolvieren muss: als allererster Musiker auf die Bühne zu gehen. Wenn das Festivalgelände noch nicht gefüllt ist und wenn die, die da sind, sich erst noch orientieren – wenn also die Konzentration auf die Musik im Publikum noch nicht wirklich groß ist, ist es auch für Profis nicht so einfach, Begeisterung und Stimmung zu erzeugen.
Doch dem bunt gewandeten Kongolesen mit den zwei senkrecht nach oben gebundenen Zöpfchen fällt das alles andere als schwer. Angesichts hochsommerlicher Temperaturen ist nämlich um 13.30 Uhr schon ganz schön was los vor der offenen Bühne.
Und der langjährige Gitarrist der kürzlich verstorbenen kongolesischen Rumba-Legende Papa Wemba macht dem Publikum zunächst mit einer solo dargebotenen hübschen folkloristischen Melodie Laune auf afrikanische Klänge. Die hat er, wie sich in den folgenden 90 Minuten zeigen soll, in allerhand Variationen parat.
Äußerlich eine beinahe clowneske Figur, macht er schell deutlich, dass mit ihm nicht zu spaßen ist, wenn es um flinke Gitarrenzaubereien geht. Dazu ist er mit einer eindrucksvoll kräftigen Stimme gesegnet und weiß wie man sein Publikum um den Finger wickelt.
Nach ein paar Solostücken, darunter auch einem Ausflug in den Blues mit Slidegitarre, holt er seine dreiköpfige Band auf die Bühne, in der besonders ein senegalesischer Kora-Virtuose bemerkenswerte Akzente setzt. Nicht nur die immer mehr werdenden weißen Besucher, auch eine Handvoll kongolesischer Landsleute zeigt sich zunehmend begeistert von dem Soundgewitter, das das Quartett auf der Bühne nun zelebriert.
Schnell bewegen sich viele im Publikum tanzend zu den Klängen von Tshimangas Band. Denn die vier stoßen mehr und mehr in rockige Gefilde vor, drehen die Verstärker auf und lassen es ordentlich krachen. Statt Kongo-Rumba gibt's fetten Kongo-Rock. Tshimanga und sein Koraspieler liefern sich hitzige Duelle auf ihren Instrumenten und lassen die Finger über die Saiten flitzen.
Damit nicht genug. Denn schließlich wechselt Olivier Tshimanga von der (elektrische verstärkten) Akustikgitarre zur reinen Stromgitarre. Jetzt schauen die Rockgitarrenhelden wie Jimi Hendrix oder Jimmy Page nicht mehr nur um die Ecke, sondern das Quartett ergeht sich in lupenreinem Heavy-Bluesrock, in den ein paar afrikanische Einsprengsel eingebaut sind. Das ist vom ursprünglichen kongolesischen Rumba, von dem Tshimanga ja eigentlich kommt, um Lichtjahre entfernt.
Aber natürlich darf eine Hommage an Papa Wemba, der in der Demokratischen Republik Kongo als ein Volksheld gefeiert wurde, nicht fehlen. Sehr melodisch und sehr gefühlvoll erinnert Tshimanga an den „König des Rumba“. Und ein Kongolese im Publikum kann gar nicht mehr aufhören zu skandieren: „100 Prozent Papa Wemba, 100 Prozent Papa Wemba“. Nach eineinhalb Stunden hat Olivier Tshimanga zahlreiche neue Fans gewonnen, und der Verkauf seiner CDs floriert nach dem Konzert.
Nicht ganz so einfach hat es nach diesem fulminanten Auftakt dann die in Hamburg lebende Sängerin Lebo Masemola. Sie sollte eigentlich schon beim 25. Africa Festival im Jahr 2013 auftreten. Doch fiel ihr Auftritt damals im wahrsten Sinn des Wortes ins Wasser, als die Hochwasserfluten das Mains das Festivalgelände überschwemmten. Jetzt holt sie ihr Konzert mit dreijähriger Verspätung noch nach.
Ihr Afro-Soul hat zwar viel souligen Spirit, aber nicht übermäßig viele Afro-Elemente. Rockig und mit sattem Groove starten die sechs Musiker von Lebos Band ihren Set. Und Lebo kann von Beginn an zeigen, dass sie eine sehr ausdrucksstarke Stimme besitzt. Doch so ganz will der Funke nicht überspringen. Vor der Bühne gibt's ein Kommen und Gehen, doch viele finden auch ihren Gefallen an den Songs, die zwischen anglo-amerikanischem Rock, Funk, Soul und Pop pendeln.
Lebo geht es nicht um die Musik allein, sie hat hat auch eine Botschaft. „Wir brauchen Hoffnung in diesen Zeiten“, ruft sie in die Menge, „anstatt nur hoffnungslos zuzuschauen angesichts der vielen verrückten Dinge, die in der Welt geschehen“. Das kommt natürlich an bei einem Publikum wie dem des Africa Festivals, bei dem auch um Völker- und Kulturverständigung im Mittelpunkt steht.
Wem es mehr darum geht, der findet bis einschließlich Sonntag etliche Möglichkeiten sich Informationen zu besorgen oder den interkulturellen Dialog zu suchen.
Festival-Programm und Infos
250 Musiker werden bis Sonntag, 29. Mai, beim 28. Africa Festival auf den Würzburger Mainwiesen auftreten. Das Festivalgelände mit Basar, Handwerkermarkt, Ausstellungen und Imbissständen öffnet täglich um 10 Uhr. Im Havana Club ist Party bis 2 Uhr nachts, am Sonntag bis 23 Uhr.
Der Eintritt aufs Festivalgelände kostet 8 Euro, für Schüler und Studenten 6 Euro, für Familien 25 Euro. Kinder unter 12 Jahren können gratis aufs Gelände, wer Karten für ein Abendkonzert hat auch. Viele Infos, viele aktuelle Bilder vom Festival und Hintergrund gibt's unter www.mainpost.de
Das Programm vom Freitag finden Sie im
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