Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Landkreis Würzburg
Icon Pfeil nach unten

KÜRNACH: Wie aus Schülern strenge Lehrer werden

KÜRNACH

Wie aus Schülern strenge Lehrer werden

    • |
    • |
    Die Schüler jubeln: Es gibt keine Hausaufgaben und außerdem die orangenen Westen geschenkt.
    Die Schüler jubeln: Es gibt keine Hausaufgaben und außerdem die orangenen Westen geschenkt. Foto: Foto: Traudl Baumeister

    Es war nicht das erste Mal, dass Schulkinder während der Unterrichtszeit Einrichtungen des Kommunalunternehmens des Landkreises (KU) besuchten. Tatsächlich kamen in den letzten zehn Jahren schon etwa 4000 Schüler in den Genuss eines informativen Ausflugs zum Team orange.

    Dennoch war der Unterrichtsgang der Erst- und Zweitklässer aus der Grundschule Estenfeld - an der in ein und zwei jahrgangsübergreifend unterrichtet wird- gewissermaßen eine Premiere. Bisher hatten es Julia Schmidt, beim Team orange, dem Abfallwirtschaftsbetrieb des KU, fürs Marketing zuständig, Betriebsleiter Alexander Pfenning sowie KU-Geschäftsführer Alexander Schraml bei Schulführungen immer mit Zehn- bis Elfjährigen zu tun.

    Schuld daran ist der Unterrichtsplan. Der Umgang mit Müll und Abfällen wurde vom Lehrplan der vierten in den der zweiten Klasse verschoben. Eine Änderung, die allen Beteiligten erst einmal Kopfzerbrechen bereitete. „Sicher sind wir uns nicht, dass das, auf die jüngeren Kinder abgeänderte Programm, funktioniert“, gesteht Führungsleiterin Schmidt. Wegen des kürzeren Stundenplans der kleineren Kinder bleibt insgesamt auch weniger Zeit. Ein Abstecher aus dem Landkreis zum Müllheizkraftwerk (MHKW) nach Würzburg, wie bisher üblich, entfällt aus Zeitgründen. Auch weil die jüngeren Kinder zu klein sind, um einen Blick in den großen Kessel werfen zu können.

    Schraml bedauert das. Anders als bei Wertstoffhof oder Kompostwerk kommen die Kinder sonst schließlich kaum ins MHKW. Grund genug, neue Wege anzudenken. „Wir planen gerade ein Angebot dort für die Oberstufe der Gymnasien.“ Dabei sollen chemische und technische Erläuterungen im Vordergrund stehen, also quasi der Blick hinter die Kulissen.

    Jetzt aber stehen erst einmal die Estenfelder im Kompostwerk Oberpleichfeld. Sie lernen, dass Kompost intelligent ist. „In einer Handvoll Kompost“, erläutert Kompostfachfrau Monika Stöber, „sind so viele Bakterien enthalten, wie es Menschen auf der Erde gibt“. Dass die Bakterien fleißige Helferlein sind, haben die Schüler vorher schon gehört – und an den, dampfenden Dreiecksmieten an diesem noch kühlen Morgen selbst gesehen.

    Drei bis vier Monate dauert es, bis aus Gartenabfällen Komposterde wird. Aber nur im Kompostwerk, weil die großen Mieten viel heißer werden als im heimischen Garten. „Deshalb ist es auch kein Problem, wenn ihr in die Biotonne kranke und kaputte Pflanzen werft“, erklärt Stöber.

    So intelligent sind Kompostbakterien, die erst Kohlehydrate, dann Eiweiß und schließlich Fett fressen, dass sie jeweils aus lehmigem schwerem Boden krümelige Erde machen und wiederum extrem durchlässigen, sandigen Boden verwandeln in wasserspeichernden Humus. Das erfahren die staunenden Kinder.

    Eine halbe Stunde später - dazwischen lag eine weitere Fahrt mit dem doppelstöckigen Bus und die vom KU gespendete Brotzeit - lösen die Schüler im Kürnacher Wertstoffhof kniffelige Aufgaben. „1,2,3 - wo gehört das hinein?“, ruft Schmidt und hält eine leere Milchtüte hoch. Rasch spurten die Kinder zu den aufgestellten Tonnen: Viele zur schwarzen, ein paar tippen auf die blaue, sehr wenige legen sich auf den Gelben Sack fest. Letztere haben recht.

    Schmidt zeigt den Kindern die glitzernde Alufolie im Inneren und erläutert. „Verpackungen gehören in den gelben Sack.“ Das gilt auch für die Brottüte mit dem Klarsichtfenster. Auch das wusste nicht viele. Bei den meisten wäre sie im Restmüll gelandet. „Wo was hinein gehört, das ist immer wieder eine schwierige Frage“, bestätigen die Lehrerinnen. Selbst sie, geben sie zu, seien da längst nicht immer sicher.

    Die beste Mülltrennung allerdings, macht Schmidt deutlich, ist die, die man gar nicht braucht. Weil man Müll von vorneherein vermeidet. Etwa mit Pfandflaschen. Das ist Schraml Stichwort. Er löst mit den drei Klassen das Rätsel der lila Flasche. Die tatsächlich weder zum braunen noch zum weißen, sondern zum grünen Glas in die Tonne wandern muss. Mit einem Rucksack neuen Wissens fahren die Kinder wieder nach Hause. Im Gepäck als Geschenk außerdem knallorange Warnwesten mit der Aufschrift „team orange“. Quasi 65 neue Mitarbeiter also.

    Das, gesteht Schraml, steckt in der Tat auch hinter der jährlichen Einladung des KU an 400 Schüler. Abfallerziehung für Erwachsene sei schwierig. Da komme es besser, die lieben Kleinen übernehmen nebenbei die Rolle des Lehrers. Es funktioniert. „Mein Sohn passt jetzt immer genau auf, dass wir den Müll auch richtig trennen“, so die Rückmeldung einer betroffenen Mutter.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden