Suleika ist eine echte Granate. Ihre Markenzeichen sind riesige, dunkle Augen zum Verlieben, schlanke, lange Beine mit schmalen Fesseln. Ihr brünettes Haar trägt sie ziemlich kurz. Und wenn sie mit ihren samtweichen Lippen am Ohrläppchen knappert und die Wange liebkost, ist's um einen bestellt.
Doch halt: Bevor uns jetzt der Gaul durchgeht, bedarf es einer Aufklärung: Suleika gibt's zwar wirklich und auch sonst stimmt alles vorher beschriebene. Nur: Sie hat halt vier Beine, ist ein Kamel - genauer gesagt ein Dromedar und in ihrer achtköpfigen Gruppe sogar die Leitstute.
Wo haben wir sie getroffen? Hoch oben über der Stadt steht bei der ehemaligen Schießanlage am Schenkenfeld ein großer Laster. Auf dem Anhänger ist in großen Lettern lesbar: ,,Herbert Stein - Show- und Reitkamele". Das erweckt Neugier und in der Tat stehen da plötzlich solche Höckertiere, die unsereins nur aus dem Zoo oder vom Zirkus her kennt.
Der Duisburger Reitlehrer und Kameljockey Herbert Stein hat sich einen Partner mit einer entsprechenden Anlage gesucht und in Würzburg gefunden. Mit seinen Kamelen zog er bei Thomas und Silke Pechar auf der 4,4 Hektar großen Anlage ein. Das Ehepaar hat die ehemalige Schießanlage vom Bund gekauft. Es bietet sich viel Platz für eigene sowie Einstellpferde - und für Kamele. Die Tiere sind in geräumigen Boxen untergebracht, tagsüber geht's teilweise in die Freiluftgatter. In einer riesigen, überdachten Reithalle und auf Abreitplätzen unter freiem Himmel werden die Tiere bewegt.
Stein nennt acht Dromedare und drei Trampeltiere sein eigen. Diese Begriffe bedürfen der Aufklärung: Zur Familie der Kamele gehören beide Arten. Während ein Dromedar nur einen Höcker zur Schau trägt, gibt es auch zweihöckrige Tiere - und die werden ganz offiziell Trampeltiere genannt.
Die Wüstentiere stammen aus aller Herren Länder. Sie kommen aus der Mongolei, von Nowosibirsk, Gran Canaria und gar von einem Kamelmarkt im arabischen Omani. Exotisch sind die Namen, auf die sie hören: Suleika, Fatima, Raschid, Sultan oder Massoud. Mit seinen Tieren tritt Stein bei Shows und Kamelrennen in Deutschland auf. Das Interesse sei groß, 10 000 Besucher bei solchen Anlässen keine Überraschung.
Mit Pferden sind diese Exoten nicht vergleichbar. Zwar bauen sie zum Menschen eine persönliche Beziehung auf und hören auf ihre Namen, so Herbert Stein, dafür sind sie aber schwerer zu dressieren. Und in der Tat hören die Höckertiere beim Kommando ,,Down" (Hinlegen) mal schneller oder langsamer. Wenn sie auf Asphalt oder im Sand laufen, schleichen sie wie Indianer auf leisen - und weichen - Sohlen
Was ist jetzt also geplant im Reitpark - so der vorläufige Name - am Schenkenfeld? Die Partner Pechar und Stein wollen die Anlage noch in diesem Jahr der Öffentlichkeit zugänglich machen. Neben Reitstunden auf Pferden und Kamelen sind Vorführungen und Events geplant. Bei orientalischen Shows mit Originalkostümen der Reiter soll das Zusammenspiel zwischen Pferden und Kamelen gezeigt werden. Mit Lichteffekten und weiteren Präsentationen wollen die Veranstalter ihre Beuscher ,,in eine andere Welt versetzen".
Bis die Tiere bei Veranstaltungen auftreten können, absolvieren sie eine gut zweijährige Ausbildung. Sie müssen ,,sicher und gut funktionieren", sagt Herbert Stein.
Wer mal auf einem Kamel reiten möchte, kann das ab sofort freitags, samstags und sonntags ab 12 Uhr ausprobieren. Kontakt: TEL (0174) 204 600 84.
Im Focus
Altwelt- und Neuweltkamele Die Kamele (Camelidae) sind eine Säugetierfamilie aus der Ordnung der Paarhufer und lassen sich in zwei Gruppen unterteilen: die Altweltkamele (Camelus) mit dem Dromedar oder Einhöckrigem Kamel und dem Trampeltier oder Zweihöckrigem Kamel und die Neuweltkamele mit den Gattungen Lamas (Lama) und Vikunjas (Vicugna). Die Wiederkäuer können um die 40 Jahre alt werden und erreichen ein Gewicht zwischen 300 und 700 Kilogramm - starke Tiere auch bis zu 1000. Die Geschlechter werden unterteilt in Hengst und Stute.