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Würzburg: Wie Mathematiker Prym einen Geometer für Würzburg suchte

Würzburg

Wie Mathematiker Prym einen Geometer für Würzburg suchte

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    Briefumschlag von Ferdinand Lindemann an Friedrich Prym.
    Briefumschlag von Ferdinand Lindemann an Friedrich Prym. Foto: Universitätsbibliothek Würzburg

    Im Jahr 1891 erhielt der Würzburger Mathematiker Prof. Dr. Friedrich Prym von seinem berühmten Königsberger Kollegen Prof. Dr. Ferdinand Lindemann einen Brief: Nur mit Titel, Name und Ort war er adressiert, doch die Würzburger Post stellte ihn zuverlässig zu. Prym, der später Ehrenbürger von Würzburg und Namensgeber eines Sträßchens zwischen Haugerring und Neutorstraße werden sollte, war eben bekannt in der Stadt.  

    Jener Brief gehörte zur Korrespondenz Friedrich Pryms mit bekannten Mathematikern, um einen frei gewordener Lehrstuhl an der Universität mit einem Geometer zu besetzen. Vor drei Jahren hat der emeritierte Würzburger Mathematikprofessor Hans-Joachim Vollrath von Nachkommen Pryms die Originalbriefe erhalten. Er schenkte sie der Universitätsbibliothek weiter – doch nicht, ohne sie zu erschließen und ein Buch darüber zu schreiben: „Suche nach einem Geometer für Würzburg“.

    Was den Briefwechsel für Mathematik-Didaktiker Vollrath so interessant macht: „Er gibt einen Einblick in ein Berufungsverfahren zu einer Zeit, als sich Mathematik an den Universitäten von einem allgemeinbildenden Lehrfach zu einer eigenen Wissenschaft in der Einheit von Forschung und Lehre entwickelte“.

    Jüdische Mathematiker wurden wegen ihres Glaubens abgelehnt

    Der Senat der Universität hatte damals die Wiederbesetzung des Lehrstuhls und eine Berufungsliste beschlossen, so Vollrath: „Dekan Wilhelm Conrad Röntgen kümmerte sich um die Formalitäten, sammelte Informationen zum Lebensalter und über die Einkünfte möglicher Kandidaten.“ Und Friedrich Prym habe an renommierte Kollegen geschrieben, um von ihnen mehr über mögliche Kandidaten zu erfahren. Bewerber waren offenbar nicht leicht für die Universität zu gewinnen: In Würzburg, sagt Vollrath, gab es damals niedrige Studentenzahlen, die Möglichkeit, Staatsexamina abzulegen, fehlte. Und zu den beschränkten Bezügen von jährlich 4200 Mark seien letztlich auch konfessionelle Schranken gekommen. „Es ist erschreckend, im Briefwechsel und selbst im Bericht der Philosophischen Fakultät zu lesen, dass damals in Würzburg jüdische Mathematiker in Gremien der Universität wegen ihres Glaubens abgelehnt wurden“, sagt Vollrath.

    Prym fragt in seinen Schreiben an die Kollegen nach Lehrbefähigung, Unterrichtserfahrung, fachlichem Schwerpunkt, Einkünften und dem kollegialen Verhalten der Kandidaten. Unter den Gutachtern ist eben auch der berühmte Ferdinand Lindemann aus Königsberg, der bewiesen hatte, dass die Quadratur des Kreises allein mit Zirkel und Lineal nicht möglich ist. „In den Schreiben tauchen Namen von Mathematikern auf, von denen einige damals bereits bekannt waren, jüngere später zu Ruhm und Ehren gekommen sind“, sagt Vollrath. Berufen wurde schließlich Aurel Voss (1845–1931) von der Technischen Hochschule in München.

    Vollrath will „auf diese traurigen Realitäten“ hinweisen

    „Auffallend ist, dass in dem Berufungsvorschlag schon damals von ‚Studierenden‘ die Rede war“, sagt Mathematiker Vollrath. „Das bedeutete jedoch nicht, dass jemand damit Studentinnen einschloss. Nur Männer. Wo sollten da Kandidatinnen überhaupt herkommen?“

    In seinem Buch über die Würzburger Geometer-Suche verwendet Vollrath deshalb – „um auf diese traurigen Realitäten hinzuweisen“ – die männlichen Bezeichnungen. Auch wenn das, wie er meint, „heute beim Lesen durchaus befremdlich wirkt“.

    Aurel Voss und Friedrich Prym hätten sehr gut zusammengearbeitet und in Würzburg eine wissenschaftliche mathematische Kultur begründet, sagt Wissenschaftshistoriker Vollrath. Und: „1909 wurde immerhin mit Emil Hilb ein jüdischer Mathematiker berufen, nach dem heute am Hubland ein Weg benannt ist.“ Aber bis 1985 schließlich an der Julius-Maximilians-Universität die erste Mathematikerin Professorin wurde – „dauerte es aber doch peinlich lange“.

    Aurel Voss
    Aurel Voss Foto: Institut für Mathematik
    Frontseite des Buchumschlags
    Frontseite des Buchumschlags Foto: Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg
    Friedrich Prym
    Friedrich Prym Foto: Institut für Mathematik
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