Waltraud Kraus ist die Schere tatsächlich in die Wiege gelegt worden. Schon ihr Opa Georg Gessner hatte einen eigenen Friseursalon. Eröffnet hat er ihn vor genau 100 Jahren in Gänheim im Landkreis Schweinfurt. Später übernahmen ihre Eltern den Laden. Und auch Waltraud Kraus erlernte den Friseurberuf. Vor 40 Jahren hat sie sich selbstständig gemacht.
Den gesamten Oktober hindurch feiert die Gerbrunnerin dieses Jubiläum mit ihren Kunden. Ihren ersten Friseursalon eröffnete Kraus im Gerbrunner Mühlweg. "Wir haben ihn vom vorherigen Besitzer so übernommen", erinnert sich die heute 64-Jährige: "Beim Einrichten entdeckten wir ein Gläschen, in dem wir Blondierungsmittel vermuteten. Doch als wir es anrührten, schäumte es immer mehr. Tatsächlich war es Ata, ein Scheuermittel." Daraufhin habe man alles weggeworfen.
Im Torturmtheater für die Maske verantwortlich
In den 1980er-Jahren betrieb Kraus parallel noch einen zweiten Laden in der Franziskanergasse in Würzburg und beschäftigte in der Spitze über zehn Mitarbeiter. Im Lauf der Jahre bandelte sie auch mit dem Sommerhäuser Torturmtheater an – und war plötzlich nebenher für die komplette Maske der Schauspieler verantwortlich. "Dessen langjähriger Leiter Veit Relin hat mir irgendwann den Spitznamen Barbierolla verpasst – und dann habe ich meinen Salon so genannt", berichtet Kraus. Heute ist er im Untergeschoss des eigenen Wohnhauses in der Gerbrunner Kopernikusstraße.
Ihr Mann Oswald hilft in der Buchhaltung – und die 33-jährige Tochter Lara-Jane ist ebenfalls mit im Geschäft. "Sie ist staatlich anerkannte Kosmetikerin und deckt den Wohlfühlbereich bei uns ab", erzählt die zweifache Mutter. Vor einigen Jahren sammelte Lara-Jane viele Auslandserfahrungen bei mehreren Aufenthalten in gehobenen Urlaubshotels – und behandelte unter anderem 2014 auf Fuerteventura die deutsche Ski-Nationalmannschaft um Felix Neureuther.
Nachwuchs fehlt: noch kein Nachfolger in Sicht
Seit einiger Zeit tritt Waltraud Kraus etwas kürzer und nimmt nicht mehr so viele Termine an. Neben dem üblichen Ruhetag am Montag lässt sie ihren Laden mittlerweile auch am Dienstag geschlossen. Dann legt die leidenschaftliche Friseuse allerdings nicht ihre Beine hoch, sondern ist in der nahen AWO-Seniorenwohnanlage, um den Bewohnern dort die Haare zu richten. Eine Nachfolgerin für ihren Friseurladen ist noch nicht in Sicht. Genau wie bei Bäckereien und Metzgereien fehle es auch in ihrem Beruf am Nachwuchs, so Kraus.