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OCHSENFURT: Wiederkäuen für den Naturschutz

OCHSENFURT

Wiederkäuen für den Naturschutz

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    Bei der Arbeit: Dexter-Rinder grasen friedlich an den Steilhängen im Ochsental. Die genügsamen Tiere grasen für den Naturschutz, denn sie pflegen gleichzeitig die Landschaft wie früher die Schafherden. Die Rinder gedeihen prächtig und brauchen auch kein Zusatzfutter.
    Bei der Arbeit: Dexter-Rinder grasen friedlich an den Steilhängen im Ochsental. Die genügsamen Tiere grasen für den Naturschutz, denn sie pflegen gleichzeitig die Landschaft wie früher die Schafherden. Die Rinder gedeihen prächtig und brauchen auch kein Zusatzfutter. Foto: Foto: WILMA WOLF

    Im Ochsental sind die Rindviecher los. Aber nicht irgendwelche. Sondern eine ganz spezielle kleinwüchsige Rasse aus Irland: die sogenannten Dexter-Rinder.

    Anspruchsvoll sind sie nicht. Im Gegenteil. Denn einst wurden sie für arme Bauern gezüchtet, die nur karge Böden hatten. Dexter sind Ur-Rinder. Immer draußen, auch im Winter. Da reicht ihnen ein mobiler Unterstand mit Plane und Windschutznetz. „Die Rinder sind absolut robust und haben wesentlich weniger Erkrankungen wie ihre Artgenossen, die im vermeintlich warmen Stall gehalten werden“, erklärt Anita Emmert vom bayerischen Feenhof in Ochsenfurt.

    Seit Jahren beschäftigt sie sich mit der Rinderrasse, die in den 1960er Jahren fast ausgestorben wäre. 2009 holte sie die Kuh „Carmen“ und den Bullen „Jacko Andy vom Wellsee“ nach Ochsenfurt. Cindy N, das erste Kalb der beiden, kam 2012 zur Welt. Inzwischen ist die Herde auf 26 Tiere angewachsen. An den teilweise recht steilen Hängen des Ochsentals sind sie für den Naturschutz im Einsatz. Als Bergrinder sind sie dafür geradezu prädestiniert.

    „Wir waren überrascht, wie gut die Rinder im Steilhang zurecht kommen.“

    Hubert Marquart, Landschaftspflegeverband

    Und genau dort wurde das Projekt „Beweidung mit Dextern“ vorgestellt und teilweise recht kontrovers diskutiert. Über die vierbeinigen Landschaftspfleger freut sich besonders Hubert Marquart, Geschäftsführer des Landschaftspflegeverbandes (LPV) Würzburg. Bei einem Rundgang mit Jägern, Naturschützern und Vertretern der Stadt Ochsenfurt und benachbarter Gemeinden machte er auf die besondere Bedeutung der Maßnahme aufmerksam.

    Deutlich sichtbar: Die Hänge im Ochsental haben in den letzten 20 Jahren stark gelitten. Landwirte und Schafhalter haben sich aus der Bewirtschaftung zurückgezogen, Äcker wurden in Grünland umgewandelt oder sind brach gefallen, Wege zugewuchert. Büsche, vor allem Schlehen, und waldähnliche Bereiche breiteten sich aus und dominieren heute das Bild.

    „Solange Karl Koppberger aus Sommerhausen hier mit seinen Schafen geweidet hat, war die Welt noch in Ordnung“, meint Marquart. Doch das ist lange her. Auch der Naturschutz habe hier in der letzten Zeit wenig Pflegemaßnahmen durchgeführt, räumt er ein. Und das obwohl große Teile der Ostseite Naturschutz- oder FFH-(Fauna-Flora-Habitat)Gebiet sind.

    Jetzt also drängt die Zeit. „Wenn wir da nicht reagieren, wird uns das ganze Tal als einziges großes Waldstück zuwachsen“, befürchtet der Biologe. Denn die letzten offenen Bereiche verschwinden immer mehr. Ein schleichender Prozess, dem der Naturschutz nun mit Maschineneinsatz, aber vor allem auch mit den Dextern begegnen will.

    „Wir waren überrascht, wie gut diese kleinen Rinder im Steilhang zurecht kommen“, sagt Marquart. Und auch beim Nahrungsangebot sind sie nicht wählerisch. „Die fressen fast alles weg, bis auf ganz extreme Dornen, die nur Ziegen verputzen“, erläutert Anita Emmert. Ganz entscheidend ist für sie, dass die Tiere auch auf den kargen Magerrasen prächtig gedeihen und kein Zusatzfuttermittel brauchen.

    An den Hängen beweidet Emmert derzeit rund 15 Hektar Fläche für den Naturschutz. Im Talgrund ist Norbert Langer aus Ochsenfurt auf rund drei Hektar mit seiner 15-köpfigen Herde eingestiegen. Er ist zwar kein Landwirt, aber die Tiere haben es ihm angetan. Einziger Wermutstropfen bei der Beweidung: die Elektrozäune um die beweideten Flächen.

    Die führen bei den Jägern zu großem Unmut. Scheue Wildtiere wie Rehe würden durch die großflächig angelegten umzäunten Flächen empfindlich gestört. „Da kann kein Wildwechsel mehr stattfinden“, meint Bruno Schenk, der das Jagdrevier Sommerhausen gepachtet hat. Rehe seien aber schon in den Gattern gesehen worden, kontert Langer. Aber nur, wenn der Zaun keinen Strom habe, so Schenk weiter.

    „Ich habe nichts gegen die Rinder, aber so großräumig und langzeitig wie Sie das machen, ist das nicht vertretbar“, erklärt Jagdpächter Alois Grünewald. Da könne sich in den besten Einständen kein Wild mehr halten. Schließlich könne man nicht die ganze Welt einzäunen.

    Von seinem 220 Hektar großen Jagdrevier in Kleinochsenfurt seien 20 Hektar total eingezäunt. „Das ist doch kein Jagdrevier mehr“, sagt Grünewald. Dass der Schwarzdorn weg muss, ist auch ihm klar. Aber, eine vergreiste Hecke könne man auch zurückschneiden. Er habe nichts gegen die Tiere, auch nicht gegen die Beweidung. Nur müsse es sinnvoll gemacht werden.

    Weil das Ochsental aber nicht irgendein Tal, sondern in weiten Teilen Naturschutzgebiet ist, könne man es nicht einfach zuwuchern lassen. „Hier gibt es Verordnungen, da ist das Land verpflichtet, gewisse Erhaltungsmaßnahmen durchzuführen, um den Wert langfristig zu sichern“, betont Roland Möschle von der unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes.

    Norbert Langer meint: „Man muss alle Interessen gleichmäßig wahren. Dazu gehört ein Miteinander und Aufeinander zugehen.“ Dann werde man immer eine Lösung finden.

    Dexter-Rinder

    Die Tiere stammen ursprünglich aus dem Südwesten Irlands. In den Herdbüchern der Deutschen Fleischrinderzuchtverbände werden sie seit 1996 geführt. Bullen und Ochsen sind ab etwa 18 Monaten schlachtreif. Das Fleisch hat laut Experten Premiumqualität, ist feinfaserig und wird wegen seines besonderen Geschmackes sehr geschätzt. Aber auch zur Zucht sind die Tiere gut geeignet.

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