Noch schreibt das Würzburger Uniklinikum (UKW) schwarze Zahlen. Aber die Tatsache, dass 19 von 33 deutschen Universitätskliniken fürchten müssen, das Jahr 2014 mit Verlusten abzuschließen, sieht man auch in Würzburg als Warnschuss. „Noch haben wir positive Bilanzen, aber die Tendenz ist sinkend“, sagte Anja Simon, Kaufmännische Direktorin des UKW, bei der Podiumsdiskussion der Main-Post-Akademie im Rahmen einer Aktionswoche der Deutschen Universitätskliniken. Thema: „Krankenversorgung, Forschung und Lehre – die Lage der Universitätsmedizin“.
Ein Krankenhaus der Maximalversorgung – sprich: alle verfügbaren ärztlichen Disziplinen und Leistungen unter einem Dach. Eine Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft. Spezialambulanzen für Volks- wie auch für Seltene Erkrankungen. Krankenversorgung im Umkreis von 100 Kilometern und teilweise weit darüber hinaus. Ausbildung von Medizinern auf höchstem Niveau. All das wird gerne als selbstverständlich angesehen. Doch, und da sind sich auf dem Podium im Hörsaal der Zahnklinik alle einig, das ist es nicht. „Wir leben in einer privilegierten Region“, stellt Matthias Frosch, Dekan der Medizinischen Fakultät, fest.
Fakultät muss sparen
Aber: „Wo das Wasser durch die Decke tropft, kann man keine Mediziner ausbilden, die später Hochleistungsmedizin machen sollen“, mahnt Frosch. Und nicht nur bei den Baumaßnahmen muss die Fakultät bereits sparen: Trotz leicht steigender Studentenzahlen gebe es weniger Lehrende, was zu Lasten des kleingruppigen Unterrichts gehe. „Und auch die Forschung leidet“, klagt Frosch.
Von Einschränkungen wollen Anja Simon und Ärztlicher Direktor Christoph Reiners noch nicht sprechen. „Aber wir müssen Prioritäten setzen“, so Simon. Den noch ausgeglichenen Haushalt der letzten Jahre habe man nur durch gewaltige Kraftanstrengungen seitens der Mitarbeiter erreicht, sagt Reiners und spricht von einem „Hamsterradeffekt“, der sich irgendwann totlaufen werde.
Warum das nötige Geld nicht fließt, fragte Moderatorin Andrea Czygan von der Main-Post die Politiker auf dem Podium. „Die Regierung traut sich nicht, das Thema höhere Krankenkassenbeiträge in den Mund zu nehmen“, glaubt MdL Georg Rosenthal (SPD). Dabei würde eine Erhöhung um wenige Euro im Monat niemand im Geldbeutel spüren. Und seine Kollegin Kerstin Celina von den Grünen warnt, dass höhere Krankenkassenbeiträge zwar nötig seien, diese aber eher in die steigenden Pflegekosten fließen würden. Sie fordert daher, dass das Geld aus dem Etat für Forschung und Lehre kommen müsse, und prangert an, dass die 280 Millionen Euro frei werdender BAföG-Mittel nicht in diesen Bereich investiert werden: „Die Bayerische Staatsregierung duckt sich weg.“
Was das UKW für die Krankenversorgung leistet, machten Michael Flentje, stellvertretender Direktor des Tumorzentrums Comprehensive Cancer Center, Georg Ertl vom Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz und Helge Hebestreit vom neu gegründeten Zentrum für Seltene Erkrankungen deutlich: In allen drei Einrichtungen gibt es Spezialambulanzen, wo verschiedenste Fachdisziplinen interdisziplinär zusammenarbeiten.
„Die Patienten kommen teilweise aus ganz Europa und werden von uns intensiv betreut“, sagt der Mukoviszidose-Experte Helge Hebestreit – bei völlig unzureichender Vergütung durch die Krankenkassen. Pro Patient und Quartal zahlten diese pauschal gerade mal 95 Euro. Bei Mukoviszidose-Patienten, die eine besonders intensive Betreuung brauchen, gehe die Kostenschere oft um mehrere 100 Prozent auseinander.
Am 19. November entscheidet eine Bund-Länder-Gruppe über die zukünftige Finanzierung der Uniklinika. Gerade was die Hochschulambulanzen angeht, hofft Anja Simon hier auf ein Commitment der Regierung.