Gegen diese Mieze ist man wehrlos. Wem sie auf dem Schoß schnurrt, der kann sich noch so fest einreden: Die ist künstlich! Er streichelt den Synthetikpelz und wartet auf ihr nächstes Maunzen.
Fünf solche Roboterkatzen tun Dienst im Seniorenstift St. Paul der Würzburger Diakonie. Die meisten Bewohner, zumal wenn von Demenz betroffen, erwarten die Tiere mehr oder weniger sehnlich. Eine 87-Jährige fällt an diesem Nachmittag auf. Ihre Unruhe auf dem Flur kommt nicht von lauter Vorfreude auf die zwei Kilo schwere Stoffkatze, sondern ist krankheitsbedingt. Aber: Fünf Minuten lang schnurrt die Mieze, und die alte Dame hat sich schon merklich beruhigt.
RoboCat schnurrt und miaut
Das Spezialspielzeug hat nur zwei Funktionen, schnurren und miauen. Beide sind in begrenztem Umfang vom Benutzerverhalten abhängig: Streicheln aktiviert das Batterie-Tier. Fragt sich, was die Spielerei soll. Elke Leske leitet das evangelische Wohnstift in Heidingsfeld und erinnert sich: „Wir hatten mal eine echte Hauskatze, aber das war schwierig.“ Denn nur wenige Katzen wollen stundenlang gehätschelt werden. Viele Menschen sind allergisch gegen ihre Haare, und keimfrei ist auch die bestabgeschleckte Katze nicht. Deswegen wünscht Leske sich zur Stimulanz ihrer Bewohner eher Variationen des schwedischen Fabrikats RoboCat als lebendige Haustiere.
Ausprobiert hat sie mal eine japanische Plüschrobbe, die Stimmen identifizieren kann und ein solches Wiedererkennen mit Augenaufschlagen und Schwanzflossenwedeln quittiert. Leske schnaubt unwirsch: „Das nützt uns gar nichts.“ Der kleine Heuler sei zwar technisch anspruchsvoller als die Katze. Aber er reizt ihre Klienten kaum und kostet mit 6000 Euro so viel wie vier Roboterkatzen.
Anwendbarkeit ist wichtig
Ende Januar tauschten sich Diakonie-Mitarbeiter und ein Roboterfachmann der Uni Würzburg aus, Tobias Lindeholz vom Zentrum für Telematik. Einrichtungsleiterin Leske äußerte „den Eindruck, die Forscher interessieren sich nicht für die Bedürfnisse in der Realität, sondern für Star Wars“. Der Informatiker beteuerte hingegen, in Würzburg achte man sehr auf Anwendbarkeit.
Zu dem Treffen im Schröder-Haus hatte er Videos mitgebracht. Er stellte Heberoboter vor, die Altenpfleger gaben Recht in dem Punkt: „Die körperliche Arbeit mit Bettlägerigen strengt extrem sehr an. Aber unsere Lifter nützen genau so viel wie ein Roboter.
“ Interessant würde es erst, wenn ein Hubroboter gehbehinderte Senioren ganz allein aus dem Zimmer abholen und ins Bad bringen würde. Oder wenn ein Elektronenhirn darauf aufpassen könnte, dass Bewohner genug trinken und regelmäßig ihre Medikamente nehmen. Da kann Lindeholz wenig Hoffnung machen: „Das sind sehr komplexe Aufgaben, die Kreativität verlangen.“
Autonomes Rollstuhlfahren
Weit sind die Würzburger Telematiker aber beim Entwickeln von assistiertem und autonomem Rollstuhlfahren. In Würzburg haben sie mit dem Navi-Hersteller Garmin rollirelevante Daten detailliert in den Stadtplan eingearbeitet. Auf die Frage, ob Behinderte denn die Steuerung per Touchscreen akzeptierten, konnte Tobias Lindeholz stolz kontern: „Ja, denn es gibt im Prinzip nur zwei Knöpfe: Nach Hause und Anderes Ziel.“
Aber der Wissenschaftler machte auch hier die Erfahrung: „Was wir uns gedacht haben, wird manchmal gar nicht gewünscht.“ Zum Beispiel kann der Würzburger Rolli-Scooter Hindernisse automatisch umfahren. Wirkliche Nutzer finden das allerdings reichlich unheimlich. Besser ist es also, das Fahrzeug nur automatisch abzubremsen, worauf der Lenker das Hindernis manuell umsteuert.
Lebensgroßes Spielzeugpony
Manchmal geht alles etwas einfacher. In der Zweigstelle von St. Paul, dem Sanderauer Matthias-Claudius-Heim, steht ein lebensgroßes Spielzeugpony, das dank Bewegungsmeldung loswiehert, sobald ein Bewohner vorbeikommt. Elke Leske hat schon manchen Senior beobachtet, den das Pseudopferdchen zu einem angeregten Monolog aktiviert hat.