Meine Geburt fand einen Tag vor Heiligabend statt – das wurde von meinen Eltern mit Vernunft entschieden, als der Arzt fragte, ob es der 23. oder 24. Dezember werden sollte. Ich wurde also ein "fast-Christkind", wie immer alle so schön sagten.
Als Kind musste ich feststellen, dass mein Geburtstermin eindeutig Nachteile hatte. An diesem Tag waren die Eltern leicht gestresst. Die letzten Einkäufe für die Feiertage wurden erledigt, die Kinderzimmer mussten aufgeräumt und die Wohnung geputzt werden. Alles sollte für die Weihnachtstage schön sein. Es war nicht der richtige Tag für eine Geburtstagsfeier und eine Meute anderer Kinder.
Meine Brüder reagierten äußerst gelassen auf meine Geburtstagsgeschenke. Es gab keinen Neid – sie bekamen ja am nächsten Tag ihre eigenen Geschenke. Ab der dritten Klasse war ich dann auch noch als Engelchen im Juliusspital im Einsatz. Ich besuchte die Patient*innen, sagte ein Gedicht auf, sang mit manchen ein Weihnachtslied und übergab den Bocksbeutel der Klinikleitung. Ich sah in viele freundliche, manchmal gerührte Augen und wünschte sehr, sehr oft "Frohe Weihnachten". Gleichzeitig dachte ich darüber nach, wie schön es wäre, im Sommer Geburtstag zu haben.
Später dankte ich dann doch noch meinen Eltern, dass sie mir den "eigenen" Tag beschert hatten. Mein Freundeskreis war damals dank der Jugendverbände der Gemeinschaft Christlichen Lebens (J-GCL), zu dieser Zeit der Jugendverband der Augustiner, sehr groß.
Viele waren zum Studieren oder Arbeiten in andere Städte gezogen. Wir sahen uns seltener und so manche Freundschaft wurde auf die Probe gestellt. Aber natürlich kamen alle an Weihnachten nach Hause zu ihren Familien. Und so wurde meine Geburtstagsfeier in der "Waschküch" für uns alle zum Standardprogramm vor den Weihnachtstagen. Gemeinsam mit einer Freundin, die am gleichen Tag Geburtstag hat, feierten wir einige Jahre lang am 23.12. unser Wiedersehen, unsere Gemeinschaft und unsere Verbundenheit.
Ich empfinde es heute noch als großes Geschenk, Anlass für diese Feten gewesen zu sein. Mein Geburtstag und Weihnachten passen seitdem doch ganz gut zusammen.
Heidrun Brand ist Leiterin der HIV/Aids-Beratung Unterfranken/Caritas.
In der Kolumne "Würzburger Adventskalender" schreiben Menschen aus der Region Würzburg Anekdoten und Gedanken rund um Advent und Weihnachtsfest.