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WÜRZBURG: Würzburger Debattierclub: Gute Argumente für gute Argumente

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Würzburger Debattierclub: Gute Argumente für gute Argumente

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    Der Vorstand des Würzburger Debattierclubs Julian Müßig (von links), Daniela Marquart und Bjarne Schreiber gibt Auskunft über seine Aktivitäten und Pläne in der Alten Universität.
    Der Vorstand des Würzburger Debattierclubs Julian Müßig (von links), Daniela Marquart und Bjarne Schreiber gibt Auskunft über seine Aktivitäten und Pläne in der Alten Universität. Foto: Foto: Thomas Obermeier

    Der Ton im Land wird rauer. Wer sorgfältig argumentiert, riskiert, als „ahnungslos und abgehoben“ beschimpft zu werden. Mehr Erfolg verspricht es, einfach mal irgendwas zu behaupten. An der Würzburger Uni stemmen sich drei Dutzend Leute gegen den Trend. So viele Aktive hat der Debattierclub Würzburg, der wöchentlich das vernünftige Reden übt. Drei Vorstandsmitglieder erklären, warum.

    Frage: Welche guten Gründe gibt es für das rationale Argumentieren?

    Daniela Marquart: Der Spaß an der Debatte steht im Vordergrund. Bei uns im Verein kommt die freundliche Atmosphäre dazu.

    Julian Müßig: Die Debatte gehört zur Demokratie. Wir wollen die Einmischung der Bevölkerung ein bisschen anschieben.

    Jetzt haben Sie bereits rational argumentiert! Das rationale Argumentieren sollte aber erst begründet werden, zum Beispiel Leuten gegenüber, die sagen: Ihr Intellektuellen, haut ab!

    Müßig: Vielleicht muss man erstmal das Bild von Debattierclubs geraderücken, das möglicherweise immer noch alte Männer mit langen Bärten zeigt. Der Debattierclub Würzburg dagegen ist frisch, neu und jugendlich. Er macht Spaß und es sind garantiert keine Klugscheißer dabei.

    Bjarne Schreiber: Außerdem sollte man die Seite des Rationalen nicht verabsolutieren. Es kommt beim Debattieren stark darauf an, sich in den anderen hineinzuversetzen. Und mit Gefühlen kann man auch sehr ansprechend argumentieren.

    Je besser Sie debattieren, desto mehr gehören Sie zur Elite, der viele misstrauen. Müssen Sie sich nicht viel eher dumm stellen?

    Müßig: Den Schluss könnte man ziehen, aber wir ziehen ihn eher anders herum und sagen den Leuten nicht: Wir erzählen euch jetzt mal, wo es langgeht. Sondern wir reden gemeinsam. Wir schreiben den Leuten nichts vor, sondern wir streiten mit ihnen.

    Euer Verein hat den Namen Colloquia Herbipolensia. Geht es noch elitärer?

    Marquart: (Heiterkeit) Das ist definitiv die Endausbaustufe. Die könnte ein bisschen abschreckend wirken. Sie können uns auch gerne Würzburger Debattierclub nennen.

    Schreiber: Das ist ja auch nur der lateinische Name, den haben sich die Gründungsmitglieder mal ausgedacht. Bei uns geht es inzwischen hauptsächlich um ein ehrliches Feedback nach einer Debatte, um den eigenen Redestil zu verbessern und dazuzulernen. Hier unterscheiden wir uns von elitären Debattierclubs, die an ihren Trainingsabenden gezielt typische Turnierthemen diskutieren, um bei Wettbewerben besser abzuschneiden. Wir diskutieren Aktuelles und Themen, die von unseren Mitgliedern vorgeschlagen werden.

    Müßig: Und es kommen Leute, um erstmal einfach zu gucken, ob das etwas für sie ist. Zum Beispiel auch Erstsemester, die bei uns neue Leute kennenlernen möchten.

    Wieso ist das Logo des DCW weiß auf orangem Grund?

    Müßig: Das haben wir so vorgefunden von unseren Vorgängern im Vorstand. Aber ich habe es mal recherchiert: Es gibt keine Kultur auf der Welt, in der das Orange negativ belastet ist.

    Was nützt die beste Rhetorik, wenn man Fake News nicht als solche erkennt?

    Marquart: Man erkennt sie schon, aber meist erst später . Danach schließt sich die Debatte an.

    Schreiber: Ein Nutzen am Debattentraining ist der, dass man lernt, Dinge von verschiedenen Perspektiven aus zu betrachten. Das kann dazu führen, dass man Fake News schneller entlarven kann. Wenn man etwas sehr gut erklären kann und der Hörer jeden einzelnen Schritt nachvollziehen kann, dann ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass man es mit einer Lüge zu tun hat. Wenn acht Redner und drei Juroren im Raum sitzen, macht das zusammen elf denkende Menschen!

    Wie viel ist bei Ihrem Training Rhetorik, wie viel ist inhaltliche Arbeit?

    Marquart: Das teilt sich ungefähr Halbe-Halbe. Wir debattieren die Offene Parlamentarische Debatte. Dieses bestimmte Format sieht vor, dass auch Sprachkraft, Auftreten und Kontaktfähigkeit mitbewertet werden.

    Faktenwissen, politische Bildung und Staatsbürgerkunde setzt ihr also voraus?

    Müßig: Es darf natürlich nicht vollkommen falsch sein, was man ausführt oder fordert. Was offenbar gelogen oder spontan für die Rede erfunden ist, das merken die Juroren und lassen es in die Bewertung einfließen. Beim Debattieren in Clubs sind Fakten aber nicht das Wichtigste. Es geht mehr darum, zu präsentieren und zu überzeugen.

    Schreiber: Die Teilnehmer sollen ja keine Vorlesung über ein Thema halten. Es genügt ein normales Zeitungsleserwissen. Wichtiger als Details ist es, dazu Stellung zu nehmen. Ein guter Debattenbeitrag lässt jeden einzelnen Schritt nachvollziehen, wie der Redner zu seiner Meinung gekommen ist. Beim Debattieren muss man auch die selbstverständlichsten Dinge gut erklären können: Warum ist Freiheit gut? zum Beispiel.

    Geht es bei den Trainingsstunden hauptsächlich um Werte?

    Müßig: Wir sehen die Herausforderungen in jedem Themengebiet. Das können sehr konkrete Fragen sein - oder auch allgemeine Strukturen, etwa wie man eine Rede aufbaut, welche Gesten jemand macht.

    Welche Vorbildfunktion hat Einfache Sprache?

    Marquart: Eine sehr große - sonst wird man nicht verstanden.

    Müßig: Manchmal muss man seine Aussage in einem Satz mit fünf Wörtern formulieren. Auch eine Frage muss kurz und prägnant gestellt sein, da kommt es auf Einfache Sprache an. Verwurstelungen und das Verwenden vieler Fachbegriffe bringen einen beim Debattieren nicht wirklich weiter.

    Was stört euch denn an der derzeitigen öffentlichen Debattenkultur am meisten?

    Marquart: Die guten Argumente fehlen…

    Müßig: … und an der Ausformulierung der guten Argumente hapert es noch mehr. Bei Talkshows zum Beispiel fehlt den einzelnen Gästen Redezeit, sie werden ständig unterbrochen. So kann keine gesunde Debatte zustande kommen, bei der jeder sein Argument aufbauen kann und auch noch auf den Beitrag des andern eingehen kann. Diese sieben Minuten, die wir beim Debattieren haben, und Ordnung – das ist es, was fehlt.

    Schreiber: Es ist außerdem nicht toll, dass man sich so viel an Personen aufhängt. Seehofer äußert sich darüber, dass Merkel etwas gesagt hat, was ihm nicht gefällt, und dann wird Schulz gefragt, wie er sich dazu positioniert. Da wird weniger über Politik geredet als über Personen, die mit dieser Politik zusammenhängen.

    Müßig: Dabei kommen viele Missverständnisse auf, die man mit einer geordneten Debatte vermeiden könnte.

    Stichwort: Debattierclub Würzburg Der Debattierclub Würzburg Colloquia Herbipolensia hat derzeit 35 aktive Mitglieder. Zu einem wöchentlich kurzfristig festgesetzten Thema bildet sich eine „Regierungs-“ und eine „Oppositionsmannschaft“, die in der Startrunde je dreimal sieben Minuten lang Pros und Contras austauschen. Eine Jury gibt am Ende Gedankenanstöße, was gut war und was man besser machen könnte. Dabei können nicht nur Uni-Angehörige mitwirken. Der Jahresbeitrag beträgt 15 Euro. Man fährt zur Teilnahme an Turnieren und der Debattierclub Würzburg lädt Fortgeschrittene anderer Clubs ein, um Fortbildungen zu geben. Termine: donnerstags, 18 Uhr in der vorlesungsfreien Zeit, 20 Uhr in der Vorlesungszeit Neue Uni am Sanderring, Hörsaal 124. Kontakt: info@debattierclub-wuerzburg.de

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