Schlaganfall! Patienten, insbesondere Senioren, die davon schon einmal betroffen waren, wissen, wie notwendig eine Rehabilitation ist. Es ist aber nicht allein der Schlaganfall: Auch Herzinfarkt, Arthrose und immer auch Beeinträchtigungen infolge von Stürzen machen eine Reha notwendig. Entfällt eine Reha, laufen die Patienten Gefahr, völlig aus der Bahn geworfen zu werden. In Würzburg gibt es recht ungewöhnliche Schwierigkeiten für DAK-Patienten, ein „dicker Hund!“, urteilte Stadtratsmitglied Helga Hoepffner (CSU) in der vergangenen Seniorenbeiratssitzung.
Ausschlaggebend für die Diskussion im Seniorenbeirat der Stadt war die Frage der Wohnortnähe, wenn Patienten eine Rehabilitationseinrichtung besuchen. Dr. Michael Schwab, Geriater (Altersmediziner) und Leiter des Arbeitskreises Gesundheit der Seniorenvertretung, stellte den Zwischenstand der Bemühungen bei den Auseinandersetzungen mit der DAK vor. Er informierte das Gremium darüber, dass es „bei medizinischer Notwendigkeit“ einen „gesetzlich geregelten Rechtsanspruch“ auf „Reha vor Pflege“ gebe. Allerdings schicke die DAK ihre Patienten aus Würzburg und Umgebung nicht mehr in die beiden dafür geeigneten Reha-Kliniken des Bürgerspitals im Stadtinneren und der Arbeiterwohlfahrt in der Kantstraße im unteren Frauenland.
Wohnortnähe nicht gewährleistet
Stattdessen müssten DAK-Patienten in umliegende Kliniken bis nach Bad Soden Salmünster (Luftlinie circa 70 Kilometer Entfernung; über Autobahnen etwa 135 Kilometer). Außerdem kämen für DAK- Patienten auch Reha-Einrichtungen in Bad Kissingen, Bad Bocklet, Marktheidenfeld und Bad Windsheim in Frage – nicht aber die beiden Reha-Kliniken in Würzburg. Diese Situation besteht seit Mai 2015. Die DAK Gesundheit hatte sie mit einem Schreiben zur „Änderung im Genehmigungsverfahren geriatrische Rehabilitation“ herbeigeführt.
Seit nunmehr zweieinhalb Jahren versuche die Seniorenvertretung der Stadt Würzburg auf regionaler und bayerischer Ebene die wohnortnahe geriatrische Rehabilitation für DAK- Versicherte als Kassenleistung wieder zu ermöglichen, „bislang leider ohne Erfolg“, so Schwab.
DAK-Patienten mit Eigenanteil
Der Mediziner weiter: In fernere Kliniken wechseln zu müssen, überfordere die betagten Patienten. Sollten ältere Patienten sogar auf eine so weit entfernte Rehabilitation ohne Kontakt zu den eigenen Bezugspersonen lieber ganz verzichten, stelle das eine indirekte Leistungsverweigerung dar. In Einzelfällen hätten Patienten auf ausdrücklichen Wunsch zwar seither trotzdem in einer Würzburger Einrichtung ihre Reha angetreten, hätten dann allerdings aufbezahlen müssen. Dieser Eigenanteil betrage bei einem vierwöchigen Aufenthalt bis 1500 Euro, so Dr. Schwab.
München: Reha-Plätze abgebaut
Die Tagessätze der beiden Würzburger Kliniken liegen bei 200 Euro. Um den Qualitätsstandard sicher zu stellen, müssen die Träger pro Bett (Patient) und Tag damit je 40 Euro zuschießen. Diese Unterfinanzierung, so Schwab, habe beispielsweise in München bereits zum Abbau dringend benötigter geriatrischer Reha-Plätze geführt.
DAK „prüft Anträge einzeln“
Die DAK indes argumentiert, ohne genaue Preisvergleiche der Kliniken anzuführen, mit Wirtschaftlichkeit: „Sofern mehrere Einrichtungen für die medizinische Versorgung eines Patienten geeignet sind, muss die Auswahl nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgen. Das schreibt das Sozialgesetzbuch vor und ist für die gesetzlichen Krankenkassen bindend“, so Claus Uebel, Pressesprecher der DAK (Mainz) auf Anfrage dieser Redaktion. Stattdessen gehe die DAK folgendermaßen vor: Sie „prüft die Anträge der Versicherten einzeln und berücksichtigt dabei die individuelle Versorgungssituation der Patienten. Sofern diese eine andere Einrichtung wünschen, prüfen wir ebenfalls einzeln, ob eventuell anfallende Mehrkosten von der DAK-Gesundheit übernommen werden können oder vom Versicherten zu tragen sind.“
Mit dem Seniorenbeirat der Stadt Würzburg sei die DAK im Gespräch, und „auch mit den Würzburger Kliniken sind Gespräche zeitnah geplant.“
Versorgungsvertrag besteht auch mit DAK
Aus Sicht der Würzburger Seniorenvertretung ist es nicht verständlich, „dass die aus Expertensicht als zentral wichtig angesehene Wohnortnähe der geriatrischen Rehabilitation für DAK Patienten gegenüber ,wirtschaftlichen Gesichtspunkten' nachrangig gesehen und faktisch nicht berücksichtigt wird“. Schließlich hätten beide Würzburger Reha-Kliniken einen gültigen Versorgungsvertrag mit dem vdek, einem Verbund von Krankenkassen, dem auch die DAK angehört.
Die Würzburger Seniorenvertretung möchte die wohnortnahe – von der Krankenkasse finanzierte – Versorgung auch für DAK-Versicherte sicher gestellt wissen, hat aber bisher, so Schwab, keine positive Antwort der DAK erhalten. Befürchtet wird nun, dass weniger DAK-Patienten Rehabilitationsmaßnahmen in Anspruch nehmen werden, obwohl sie medizinisch notwendig sind, wenn sich die derzeitige Situation nicht ändert.
DAK-Patienten nur noch Einzelfälle
Waren vor Mai 2015 circa 20 Prozent der Patienten in der geriatrischen Reha-Klinik des Bürgerspitals DAK-Versicherte, so Schwab – selbst Klinikleiter im Bürgerspital, so seien dies mittlerweile nur noch Einzelfälle. Auch in der AWO-Klinik Kantstraße seien DAK-Patienten nur noch seltene Ausnahmen. Alle müssten privat zuzahlen.
Inzwischen hätten die Würzburger Senioren die Landesseniorenvertretung, außerdem auch Landtagsabgeordnete und die Präsidentin des bayerischen Landtages, Barbara Stamm, informiert und um Unterstützung gebeten, erläuterte Schwab dem Seniorenbeirat.