Unten neben dem Eingang zur Akademie des Deutschen Fußball-Bundes sitzt Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg in der Cafeteria und ist ins Gespräch vertieft. Eine Etage darüber läuft der ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter Florian Meyer über den Flur. Flott wie früher auf dem Feld ist er unterwegs.
Hier, auf dem modernen Campus, trifft man sich überall. In einem der größeren Räume sitzen diese Woche DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Schatzmeister Stephan Grunwald und ziehen vor Journalisten Bilanz nach einem Jahr im Amt. "Klassenzimmer" nennen sie im Verband den Saal. Statt Frontalunterricht gibt es regen Austausch – und irgendwann doch noch eine kleine Mathematik-Stunde.
Auf ein Minus von 19,5 Millionen Euro beziffert Grunwald den Haushalt für dieses Jahr. 2021 waren es 30 Millionen Euro. "Irgendwann sind die Mittel aufgebraucht", mahnt er.
Die Gründe sind vielfältig. So wurde dem Verband etwa für zwei Jahre die Gemeinnützigkeit aberkannt. Und so schön die Akademie ist, wer hier durch die Gänge schreitet, erahnt, was sie im Unterhalt kostet. Das größte Problem ist aber ein anderes: Die Abhängigkeit des größten nationalen Sportverbandes der Welt von seinem Flaggschiff. "Ist die Nationalmannschaft erfolglos, geht es dem DFB auch wirtschaftlich nicht gut. Das kann man mit jedem Bundesligisten vergleichen", sagt Grunwald.
Vergleich mit einem Absteiger aus der Bundesliga
Das schlechte internationale Abschneiden – zweimal schied das Team zuletzt bei Weltmeisterschaften in der Vorrunde aus, bei der letzten EM war im Achtelfinale Schluss – legt sich auf die Attraktivität des Premiumprodukts. Dazu fehlen die großen Prämien von diesen Turnieren. "Das ist vergleichbar mit einem Verein, der aus der Champions League in die 2. Liga durchgereicht wird", beschreibt Grunwald die Folgen.
Schon vor Wochen kündigte Neuendorf daher Kürzungen und Streichungen an. Einiges werde geprüft, heißt es. Doch klar ist auch: Der sportliche Erfolg ist durch nichts zu ersetzen. Auf die Frage, ob es Pläne gibt, den Verband unabhängig von der Männer-Nationalmannschaft zu machen, sagen Neuendorf und Grunwald zeitgleich: "Nein! Das ist nicht möglich."
Auch deshalb steckt der DFB in einer Zwickmühle: Um wieder mehr Nähe zu den Fans aufzubauen, soll es einige Spiele mit früherer Anstoßzeit geben. Kinder und Familien sollen so wieder mehr die Möglichkeit bekommen, in die Stadien zu gehen. Doch je später die Anstoßzeit, desto größer die TV-Gelder.
So will man wieder Nähe schaffen
Ein siebenstelliger Betrag soll es sein, den der Verband verliert, lässt er die Spiele statt um 20.45 Uhr um 18 Uhr beginnen. Auch deshalb werde es wohl nur wenige Verlegungen geben, lässt Neuendorf durchblicken. Abgesehen davon stellt sich die Frage, ob mit ein paar öffentlichen Übungseinheiten der Mannschaft von Bundestrainer Hansi Flick und ein, zwei Spielen mit frühem Anstoß tatsächlich die Nähe erzeugt werden kann, die der Verband sich wieder wünscht und die der neue DFB-Direktor Rudi Völler forcieren soll. Denn auch hier gilt wie beim Geld: Entscheidend ist auf'm Platz. Nichts knüpft ein Band so eng wie gemeinsamer Jubel. Läuft es sportlich, rücken auch Fans und Mannschaft wieder näher zusammen.
Am besten schon zur Heim-EM 2024. Rund 19 Millionen Euro hat der Bund bisher als Unterstützung zugesagt. Neuendorf hofft noch auf etwas mehr. Vieles hängt ab vom erfolgreichen Ausgang dieses Turniers für den DFB. Gerne, sagt Neuendorf, würde er deshalb noch einmal vor dem Bundeskabinett sprechen und dort auch mit einem möglichen Imagegewinn für das Land werben. Auch dabei würde ein attraktives Flaggschiff helfen.