Soll ja Väter geben, die ihre Vierjährige nicht einmal bei "Mensch ärgere dich nicht!" gewinnen lassen. Die sich selbst disziplinieren und sich vorher eine Taktik zurechtlegen. Bringe keine Mitspieler gegen dich auf – sonst wird es schwieriger, deine Figuren durchzubringen; handle nie aus Rache, sondern bleibe fokussiert. Hört sich alles einleuchtend an, aber im Eifer des Gefechts ... Nichts steht Erfolg mehr im Weg als der Kontrollverlust über die eigenen Sinne. Bringt einer die Herkunft des Gegenspielers mit bezahlter Liebe in Verbindung, soll es schon zu denkwürdigen Kopfstößen gekommen sein.
Die Figur des Sprösslings werfen, ist das eine. Steigern lässt sich die Wut durch den Spruch, der generationsübergreifend das Familienleben erschweren kann: "Man muss auch mal verlieren können." Gemeint ist der Umgang mit dem Misserfolg. In Würde den Sieg des anderen anzuerkennen, das jedoch können die wenigsten. Erst recht nicht im Profisport. Schließlich hat sich der Leistungsorientierte ein Leben lang damit beschäftigt, wie er gewinnt. Nicht, wie er verliert. Je nach physischer und psychischer Konstitution, ob muskelbepackt, aufbrausend oder in sich ruhend, unterscheidet sich der Umgang mit dem eigenen Versagen. Mancher sieht sich genötigt, dem Gegenüber die Faust ins Gesicht zu drücken oder preisverdächtige Provokationen in Worte zu packen; die Sportgeschichte ist auch gespickt mit verweigerten Handschlägen oder zerdepperten Tennisschlägern.
Als würden Coronaviren an der Medaille kleben
Zu den Unsitten im Umgang mit einer Niederlage zählt auch das sofortige Ablegen einer Medaille. Als würden Coronaviren daran kleben, reißen sich Endspielunterlegene das Edelmetall vom Hals. Fußballtrainer José Mourinho steigerte diese Respektlosigkeit, indem er das glänzende Erinnerungsstück nach dem verlorenen Europa-League-Finale sogleich einem jungen Fan auf der Tribüne zuwarf. Sämtliche europäischen Endspiele hatte der Portugiese unter seiner Regie gewonnen, die Niederlage mit der AS Roma gegen den FC Sevilla vertrug sich so gar nicht mit seiner arroganten Haltung gegenüber jedem, der nicht seine Ansichten teilt. In den Katakomben beschimpfte Mourinho noch Final-Schiedsrichter Taylor mit den Worten: "Du bist eine verfluchte Schande."
Mourinho wäre bestimmt gut darin, Kindern in "Mensch ärgere dich nicht!" das Verlieren beizubringen.