Seine blond gefärbten Haare, seine Statur, seine Art, das erinnerte einen sofort an jenen Torwart-Titanen, der erst im Sommer dieses Jahres von der gleißenden Bühne des Profifußballs abgetreten war. Die „Olli-“Rufe, die beim Hallenturnier der U17-Junioren in Wiesentheid öfters aus dem Publikum zu hören waren, wenn er an den Ball kam, kommentierte Patrick Salscheider mit einem Lächeln. „Ja, klar ist Oliver Kahn mein großes Vorbild. Ich lasse mir Weihnachten ein Tattoo von ihm auf den Oberarm machen“, sagte der 16 Jahre alte Junge aus Karlsruhe.
Seit sieben Jahren trägt Salscheider das Trikot des KSC, derzeit meist bei den U16, oft steht er aber auch in der U17-Bundesliga im Kader. Unter der Woche besucht er die zehnte Klasse einer Realschule, im Sommer warten auf ihn die Prüfungen zur Mittleren Reife. „Was ich danach mache, da bin ich mir noch nicht ganz sicher.“ Bis zum Einstieg in die Profikarriere ist es noch ein Weilchen, aber das möchte er schaffen. Wie sein großes Vorbild stammt Salscheider direkt aus Karlsruhe. Persönlich sind die beiden sich noch nicht begegnet, aber vielleicht klappt es noch. An Kahn bewundere er „seinen Ehrgeiz und den Willen“. Um ähnlich weit zu kommen, absolviert Patrick derzeit Extra-Schichten. Zweimal Training am Tag ist für ihn nicht ungewöhnlich. Geübt wird indes nicht mit den Profis. Bundesliga-Torhüter Markus Miller kennt er nur von einem gemeinsamen Foto sowie den Besuchen der Heimspiele im Stadion. Für diese Begegnungen genießt der KSC-Nachwuchs generell freien Eintritt.
Solche Vergünstigungen sind normal bei den Badenern, die nicht nur zu Zeiten eines Kahn, Kreuzer, Sternkopf oder Scholl als Talentschmiede galten. „Bei uns“, sagt der Karlsruher Juniorentrainer Ivica Erceg, „können die Nachwuchsspieler leichter bis zu den Profis kommen als bei vielen an-deren Bundesligisten.“ Erceg verweist auf manchen aus dem aktuellen Kader. Viele Jahre hatte der KSC nur den VfB Stuttgart als Konkurrenz, wenn es darum ging, Talente aus dem Badischen zu gewinnen. „Unsere Philosophie ist, dass wir nur Spieler holen, die im Umkreis von 60 Kilometer von Karlsruhe liegen“, sagt Erceg. Die Verbundenheit des Klubs mit der Region solle so demonstriert werden. Seltene Ausnahmen würden erst später – bei den U17- oder den U19-Junioren – gemacht.
Die Zeiten aber sind rauer geworden, denn fast 60 Kilometer entfernt von Karlsruhe liegt ein Klub, der sich in den vergangenen Jahren zu einem großen Konkurrenten entwickelt hat, einem Verein der nicht nur die Bun-desliga-Spitze bei den „Großen“ aufmischt: die TSG Hoffenheim. Erceg sagt: „Die graben alles an.“ Offiziell sei es zwar untersagt, dass sich Profiklubs Nachwuchsspieler gegenseitig abspenstig machen. Aber wenn Geld ins Spiel kommt, gelten meist andere Gesetze.
Die TSG Hoffenheim habe andere Rahmenbedingungen, was die Nachwuchsförderung im Fußball angeht. „Hoffenheim besitzt zehn bezahlte Talentspäher, wir haben einen“, sagt Erceg über einen kleinen, aber feinen Unterschied. Dazu komme noch ein modernes Fußballinternat und sechs Förderzentren für Sport, Schule, Beruf und Soziales in der Region. „Da können wir nicht mithalten“, bleibt Erceg als Erkenntnis. Also versucht es der Verein über eine möglichst gute Fußball-Ausbildung. Um diese zu garantieren, ist es umso wichtiger, dass der Karlsruher SC den Verbleib in der Bundesliga schafft und weitere Fans und Freunde auch außerhalb Badens gewinnt. „Dort, wo wir spielen“, sagt Nachwuchstrainer Erceg, „möchten wir einen guten Eindruck hinterlassen. Die meisten Leute sagen hinterher, wir wollen den KSC noch einmal sehen.“
Beim U19-Turnier in Wiesentheid an diesem Samstag (Start: 12.30 Uhr) werden die Zuschauer den Karlsruher SC nicht bestaunen können. Im Teilnehmerfeld steht der 1. FC Nürnberg als Zugpferd, der von den beiden Ex-Profis Dieter Lieberwirth und Helmut Rahner trainiert wird. Dazu sind die Teams aus den Talentschmieden des SSV Ulm oder von Kickers Offenbach am Start. Mit dem Traditionsklub FC Lok Leipzig und Borea Dresden sind zwei Teams aus dem Osten vertreten. Erstmals tritt in der Steigerwaldhalle der Nachwuchs des Zweitligisten SV Wehen-Wiesbaden an. Dazu kommt der Würzburger FV und ein Team des Gastgebers FSG Wiesentheid. Hauptpreis der Verlosung während des Turniers ist ein Wochenende zu zweit in Dresden.