Der TSV Rödelsee bricht nach dem Bayernliga-Meistertitel und dem Aufstieg in die 3. Liga zu neuen Ufern auf. Dass der Provinzklub vom Schwanberg spätestens jetzt wer ist in Handball-Deutschland, untermauerte kürzlich der Besuch einer schillernden Handball-Größe. Vlado Stenzel, als Trainer 1972 in München Olympiasieger mit Jugoslawien und 1978 Weltmeister mit Deutschland in Dänemark, gab sich in Rödelsee die Ehre.
Freilich war der rastlose Kroate, der sich den Ruf des „Magiers“ verdiente und zu den lebenden Handball-Legenden zählt, nicht mit leeren Händen und auch nicht nur auf einen Schoppen in die Winzergemeinde gekommen. „Ich habe mich der Förderung junger Talente aus meiner Heimat verschrieben“, erklärte Vlado Stenzel. Da die Rödelseer noch die Lücke schließen müssen, die Torjäger Michal Tonar hinterlassen hat, knüpfte Tobias Demel, Geschäftsführer, der ausgegliederten Handball-UG in Rödelsee, den Kontakt zu Stenzel. Neben Torwart Max Deussen (HG Erlangen) haben die Rödelseer mit Marin Varvodic (RK Nexe Nasice) bereits einen 25-jährigen Kroaten für den Rückraum geholt, und jetzt könnte ein weiterer Kroate der Tonar-Nachfolger werden. Vlado Stenzel empfiehlt den 19-jährigen Tomislav Radic, der zuletzt bei RK Dubrovnik in Kroatiens 2. Liga spielte.
Am Sonntag gerade aus Kroatien eingeflogen, chauffierte Stenzel den Linkshänder mit dem Gardemaß von 1,97 Meter, nach Rödelsee, wo die Demels und Trainer Dusan Suchy den möglichen Neuzugang erstmals kennen lernen. Vlado Stenzel hält große Stücke auf Radic, der jetzt eine Woche in einem ausgedehnten Probetraining seine Klasse bei Dusan Suchy beweisen kann. „Ich fände es gut, wenn beide Jungs für Rödelsee spielen“, meint Vlado Stenzel, denn die jungen Kroaten würden sprachlich, menschlich und spielerisch gut zusammenpassen.
Vlado Stenzel ist einer der letzten „Typen“, die kein Blatt vor den Mund nehmen, in der deutschen Handballszene. Er scheute sich auch nicht, den Rücktritt von Männer-Bundestrainer Martin Heuberger zu fordern, nachdem die Nationalmannschaft vor Wochen die Qualifikation für die nächste Europameisterschaft verpasst hatte. „Das Scheitern habe ich erwartet“, sagt der „Magier vom Balkan“ und gibt die Schuld aber vielmehr der Führung des Deutschen Handballbundes (DHB). Denn es habe nicht funktionieren können, dass ein beförderter Co-Trainer, der noch lernen müsse, die Verantwortung für eine am Boden liegende Nationalmannschaft bekommen habe. „Alles was der DHB macht, ist falsch, außer der Wahl des designierten DHB-Präsidenten Bernhard Bauer“, äußert der Kroate beißende Kritik an den Verbandsoberen. Der DHB müsse einfach von erfolgreichen Handballverbänden lernen, um voran zu kommen. Die Bundesligisten müssten zwingend Mannschaften in der Jugend-Bundesliga und Handball-Internate vorweisen. Das nicht fruchtbare System mit Jugend-Auswahlmannschaften solle abgeschafft und auf Vereine projiziert, sowie die Trainerausbildung reformiert werden.
Der Trainerfuchs ist ein Tausendsassa im Handball. Die Zeit ging zwar nicht spurlos an ihm vorbei, doch hat er sich gut gehalten. „Vor 30 Jahren habe ich noch mehr Haare gehabt“, scherzte der 78-Jährige mit Wilfried Demel – dessen Haarpracht von vor 30 Jahren nichts mehr mit dem lichten Haupt von heute zu tun hat. „Den Bart habe ich abgeschafft, sonst würde ich aussehen wie der Nikolaus“, verriet der Mann, dem seine 78 Jahre kaum anzusehen sind. Dass er nicht nur ein harter Hund und Kritiker ist, sondern immer einen Spruch auf den Lippen hat, beweist er auf der Gartenterrasse von TSV-Sponsor Jürgen Kramer. „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht“, diesen Spruch lässt er vom Stapel, als die beiden jungen Handballer die Speisekarte im Hotel „Schwan“ aufschlagen. Er bestellt sich ein Apfelschorle, während er den TSV-Hoffnungen zu einem Bier rät. Denn er habe vor Jahrzehnten seinen Profis ein Bier nach dem Training oder Spiel erlaubt. Erstens wirke Bier als Beruhigungsmittel und zweitens „hätte ich den meinen Leuten damals nicht diesen Genuss nehmen dürfen“, plaudert der in Wiesbaden wohnende 78-Jährige aus dem Nähkästchen. In Sekundenschnelle wird der Kroate sehr nachdenklich, als der Name TV Großwallstadt fällt. Wie sich die Zeiten ändern: Vor zwei Jahren hatte Stenzel dem Bundesliga-Dino noch Marin Varvodic angeboten, jetzt hat das Talent in Rödelsee angeheuert, und nach dem TVG-Abstieg gehen die Schwanbergler nur noch eine Klasse unterhalb des Neu-Zweitligisten auf Torejagd.
Wilfried Demel schildert dem prominenten Gast, wie sich der TSV Rödelsee binnen zehn Jahren vom Bezirksoberligisten zum jetzt Drittligisten mauserte, was bei Vlado Stenzel Sympathien weckt. „Bodenständige Vereine, die auf Eigengewächse setzen und Talenten Chancen geben, das gefällt mir“, versichert der Kroate. Er hofft, den Kontakt zu den Rödelseern noch ausbauen zu können. Stenzel war gerne bereit, die Rödelseer schon bald wieder zu beehren. Als „Stargast“ beim Gastspiel der Profis des VfL Gummersbach am 20. Juli (Vorverkauf läuft) gegen den TSV Rödelsee in der Kitzinger Sickergrundhalle.
Karten für das Spiel gegen Gummersbach gibt es in der Main-Post-Geschäftsstelle Kitzingen, im Rödelseer Markt und im Internet unter
www..TSV-Roedelsee.de