Der Opa fuhr, und auch der Vater ist ein begeisterter Motocross-Fahrer. Einige Zeit ihrer Kindheit verbrachte Alexandra Haupt im Fahrerlager. Mit sechs Jahren stieg sie beinahe selbstverständlich erstmals auf ein kleines Motorrad. Alexandra Haupt, mittlerweile neunzehn Jahre alt, startet im "Motocross Ladies Cup", der neulich in Arnstein Station machte. In insgesamt sechs Rennen einer Serie wird hier die Deutsche Meisterschaft ausgefahren.
Auf den ersten Blick wirkt alles wie im Ursprungsland dieses Sports, den Vereinigten Staaten. "Fast alle Starterinnen stammen aus echten Motocross-Familien", erklärt Stefan Bauer, der Vorsitzende des Motorsportclubs Arnstein. Das war es aber schon fast mit den Gemeinsamkeiten. Die Teilnehmerinnen aus ganz Deutschland sind zwischen 15 und 44 Jahre jung, ins Rennen gehen Schülerinnen und Studentinnen - aber auch eine Tierärztin. Auch beim fahrerischen Können gibt es Unterschiede. "Wir sind eine echte Zweiklassengesellschaft", so Alexandra Haupt. Die 19-Jährige, wohnhaft im thüringischen Triptis, zählt mit vier bis fünf weiteren Fahrerinnen zur Spitze, dann folgt lange nichts. "Wir fahren eben alle in einer Klasse", sagt Alexandra. "In Amerika gibt es Profi- und Amateur-Runden. Dort ist das Feld natürlich ausgeglichener."
Alexandra Haupt war in Amerika, und sie überzeugte sich dort von den schier professionellen Bedingungen. Die Fahrerinnen trainieren jeden Tag und bekommen Unterstützung von vielen Sponsoren. Einige Male ging Haupt in Rennen in den USA an den Start und landete jeweils auf den vorderen Plätzen. Das fahrerische Können ist also in jedem Fall vorhanden, die märchenhaften Bedingungen der amerikanischen Halbprofis aber werden die Fahrerinnen in Deutschland wohl nie erreichen. "Wir sind eben eine Randsportart", sagt Haupt ohne Illusion. Die Bestplatzierten erhalten mittlerweile Unterstützung bei Kleidung und Material. Ohne finanzielle Hilfe der Eltern freilich könnten nur die wenigsten Fahrerinnen im Ladies Cup starten.
Mit diesem Wettbewerb ist für die Frauen mit der ausgeprägten Leidenschaft für heiße Öfen zumindest ein Schritt gemacht. Das Hauptziel war, Fahrerinnen, die bei den Rennserien der Männer die Lust verloren hatten, bei der Stange zu halten. Wobei sich die Spitze der Frauen zumindest auf regionaler Ebene nicht zu verstecken braucht. Gern gibt Alexandra Haupt die Geschichte zum Besten, wie ihre Kollegin Stefanie Laier einst vor allen Männern ins Ziel kam. "Der Zweitplatzierte fiel fast vom Motorrad, als sie ihren Helm abnahm", erzählt sie stolz.
Männer machen sich breit
Die Reaktionen der Männer fallen sehr unterschiedlich aus. "Die Jüngeren sind schon aufgeschlossen", sagt Alexandra Haupt. Sie startete schon in Seniorenrennen und erlebte dort, wie sich die älteren Fahrer "ganz besonders breit machten", um mit aller Macht zu verhindern, dass sie überholt werden. Mit ihren Kolleginnen will die Neunzehnjährige fahrerisch überzeugen, um zu zeigen, "dass wir mehr können als Boxenluder zu sein oder am Herd zu stehen". Das ist den schnellen Frauen in Arnstein gelungen. Auf dem schwierigen Arnsteiner Parcours mit den zahlreichen Sprüngen legten die 23 Fahrerinnen zwei spannende Läufe hin. Und das trotz gefühlten 35 Grad und keinem bisschen Schatten auf der Strecke. Echte Frauenpower hatte der Motorsportclub Arnstein den Zuschauern angekündigt - und nicht zu viel versprochen.
Im Wettstreit um den deutschen Motocross-Pokal der offenen Klassen mit insgesamt 22 Startern kämpften der Mühlheimer André Adrian und Stefan Hau aus Lenggries um den Gesamtsieg, den sich Hau durch seinen Sieg im zweiten Lauf sicherte. Lokalmatador Andreas Rudloff belegte auf seiner "Suzuki RM 250" Rang fünf. Im Rennen um den deutschen Motocross-Pokal der 125-ccm-Klasse blieben die in der Meisterschaft führenden Florian Burkenstein und Benjamin Meusel überraschend zurück. Es gewann hier der für den Arnsteiner Motorsportclub startende Christoph Weller.