Als Fußballspielerin mitten in der aktiven Karriere schwanger zu werden, erfordert Kampfgeist. Scheinbar mehr als in anderen Berufen. Was an verkrusteten Denkstrukturen, altmodischen Vorstellungen und einem gewissen Maß an Dreistigkeit im Profifußball liegen dürfte.
Als die damals für den VfL Wolfsburg spielende Nationaltorhüterin Almuth Schult 2020 ihre Zwillinge entband, war sie die bis dahin einzige Bundesligaspielerin mit Kindern in Deutschland. Kein Fußballklub mit Frauenmannschaften hatte sich vorher Gedanken gemacht, wie mit Müttern umgegangen wird, welche Betreuungsangebote es geben sollte und welche Arbeitszeitregelungen.
Olympique Lyon hebelt die Rechte seiner Fußballspielerin Sara Björk Gunnarsdottir aus
Weil das außerhalb von Deutschland noch schlechter lief, sah sogar die Fifa, der nicht unbedingt als Emanzipationskämpfer bekannte Weltverband, Handlungsbedarf. So wurden die seit zwei Jahren gültigen Fifa-Richtlinien zum Schutz von werdenden Müttern im Profifußball entwickelt. Darin festgeschrieben: ein 14-wöchiger Mutterschutz mit der Zahlung von mindestens zwei Drittel des vertraglich festgelegten Gehalts und die Förderung der Wiedereingliederung der Frauen nach ihrer Schwangerschaft.
So weit, so löblich. Für einen Erstligaklub wie Olympique Lyon allerdings noch lange kein Grund, sich daran auch zu halten. In einer an Arroganz kaum zu überbietenden Überheblichkeit hebelte der Verein die Rechte seiner isländischen Fußballspielerin Sara Björk Gunnarsdottir aus. Die ehemalige Wolfsburgerin hatte mit Lyon zwar die Champions League gewonnen, doch während ihrer Schwangerschaft wollte der Verein von Loyalität nichts wissen. Er stellte die Gehaltszahlungen ein, reagierte weder auf Mahnungen der Fifa noch auf die Anfragen der Spielerin. Auch bei ihrer Rückkehr wurde der jungen Mutter das Leben schwer gemacht, woraufhin diese genervt zu Juventus Turin wechselte.
Kampfgeist zahlt sich aus: Olympique Lyon muss 82.000 Euro Gehalt nachzahlen
Womit Lyon aber wohl nicht gerechnet hatte: mit dem Kampfgeist einer ungerecht behandelten Frau und Mutter. Gunnarsdottir ließ sich nicht mundtot machen, schaltete die Spielergewerkschaft ein und zog vor das Fifa-Tribunal. Mit einem nun erfolgten Urteil, das schöner nicht sein könnte: Lyon wurde zur Nachzahlung des Gehalts von 82.000 Euro verdonnert. Den Image-Schaden gibt es gratis dazu. Fragt sich nur noch, wann auch der Letzte begriffen hat, dass Frauen ihre Rechte einfordern dürfen, ohne jedes Mal den Klageweg bestreiten zu müssen.