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Tischtennis: TTC Remlingen: Von der Räucherkammer in die Bundesliga

Tischtennis

TTC Remlingen: Von der Räucherkammer in die Bundesliga

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    Großes Ehemaligen-Treffen, auch mit Spielern aus alten Liga-Zeiten, auf dem Remlinger Zehntberg: (hinten von links) Vorsitzender Andreas Jakob, Werner Nawarotzky, Dr. Friedrich Wehr, Erhard Aurich, Michael Münzinger, Peter Becker, Karl-Heinz Haak, Jürgen Elze, Andi Engel, Gerd Preißler, Ralf Mandel, Landrat Eberhard Nuss, (hinten von links) Werner Kümmerle, Hans Kehrer, Rudi Pfister, Walter Jakob, Rüdiger Keller, Peter Schurz, Harald Lohbauer, Friedrich Kachel, Albin Helbig und Manuel Haus (geschäftsführender Vorsitzender).
    Großes Ehemaligen-Treffen, auch mit Spielern aus alten Liga-Zeiten, auf dem Remlinger Zehntberg: (hinten von links) Vorsitzender Andreas Jakob, Werner Nawarotzky, Dr. Friedrich Wehr, Erhard Aurich, Michael Münzinger, Peter Becker, Karl-Heinz Haak, Jürgen Elze, Andi Engel, Gerd Preißler, Ralf Mandel, Landrat Eberhard Nuss, (hinten von links) Werner Kümmerle, Hans Kehrer, Rudi Pfister, Walter Jakob, Rüdiger Keller, Peter Schurz, Harald Lohbauer, Friedrich Kachel, Albin Helbig und Manuel Haus (geschäftsführender Vorsitzender). Foto: Fotos (2): GÜNTHER REINWARTH

    „Remlingen – Rinder – Rüben – Reiter“, so steht es seit Jahrzehnten auf der „Visitenkarte“ der Marktgemeinde. Remlingen wurde stets das Dorf mit den „drei R“ genannt. Spätestens seit der Ort auf sportlichem Sektor bundesweite Bekanntheit erlangte, hätte der „Markenname“ um ein „T“ für Tischtennis ergänzt werden müssen.

    Mitte der siebziger Jahre hatte nämlich der TTC Remlingen mit dem Aufstieg in die Bundesliga einen bis dahin nicht erlebten Höhenflug genommen. An dieses Highlight in der Klubgeschichte erinnerten sich die Anwesenden am Wochenende beim alljährlichen Sommernachtsfest des Vereins, der gleichzeitig sein 50. Jubiläum beging. Am Zehntberg rund um die Tennishalle herrschte tagelang Volksfeststimmung. Fast alle ehemaligen Bundesliga-Cracks ließen es sich nicht nehmen, ihrem TTC die Ehre zu erweisen.

    Die Wiege des TTC Remlingen stand eigentlich nicht in Franken, sondern in Österreich, wo in Gries bei Zell am See ein Onkel von Walter Jakob zu Hause war. Als wäre es gestern gewesen, erinnert sich der Vereinsgründer an seine ersten Ping-Pong-Schläge während eines Urlaubs Ende der fünfziger Jahre. Dieses sportliche Ping-Pong-Schnuppern nahm Jakob zum Anlass, um beim damaligen TSV Remlingen eine Tischtennisabteilung aus der Taufe zu heben. Es war gleichzeitig die Geburtsstunde einer Erfolgsstory, wie sie im Sport an der grünen Platte anderswo relativ selten zu finden ist. Kurz nach den ersten Spielen mit den weißen Bällen herrschte in dem damals noch zum Landkreis Marktheidenfeld gehörenden Bauerndorf ein Tischtennis-Fieber ohnegleichen.

    Fünf Jahre nach dem Jakobschen Urlaubs-Ping-Pong entschloss sich der Remlinger Tischtennis-Vater zum Austritt mit seiner Abteilung aus dem TSV. Mit 25 Teilnehmern – unter ihnen waren 20 Schüler – wurde am 5. Mai 1963 im „Löwen“ der TTC gegründet. Es war die Zeit, als es für die Dorfjugend noch keine Beatabende gab und die Internetwelt noch in weiter Ferne lag. Der junge TTC bot der Dorfjugend die Möglichkeit, die Gemeindegrenzen zu verlassen. Mangels eigener Lokalitäten richtete man den Spielbetrieb zunächst in einem Nebenraum des Gasthauses „Zum Hirschen“ aus, der „Kronen“-Saal in Holzkirchen und eine Räucherkammer im Remlinger Schloss wurden als weitere Lokalitäten genutzt – bis es in der Saison 1965/66 ans Ärmel-Hochkrempeln ging und auf einer ehemaligen Müllhalde der Grundstein für die heutige Tischtennishalle am Zehntberg gelegt wurde. Walter Jakob, ein Meister spontaner Organisationskunst, hatte in Geldersheim bei Schweinfurt den Dachstuhl einer ehemaligen Flüchtlingsbaracke „organisiert“ und diesen mit einer logistischen Meisterleistung nach Remlingen transportiert.

    Spätestens mit der neuen Heimat im Hintergrund (in der zweiten Saison hatte Günter Kachel den Verein geführt) setzte auch der Erfolg ein. Die Anschaffung eines Tischtennis-Roboters bot sich als gut nutzbare Trainingshilfe an. Innerhalb von acht Jahren kämpfte sich der TTC Remlingen von einer Meisterschaft zur anderen – bis er in Tischtennis-Bundesliga ankam.

    Wo bitte liegt Remlingen?

    „Remlingen? Wo müssen wir denn da lang fahren?“, fragten sich Mitte der siebziger Jahre Deutschlands beste Tischtennis-Klubs, als sie zu ihren Auswärtsspielen ins Fränkische mussten. Ihre Heimspiele trugen die Remlinger damals in der Marktheidenfelder Main-Spessart-Halle aus. Die neuen Gegner am bundesdeutschen Tischtennis-Himmel hießen unter anderem TTC Mörfelden, Milbertshofen, PSV Borussia Düsseldorf, Eintracht Frankfurt und 1. FC Saarbrücken. Walter Jakob war gleichzeitig zum Multifunktionär aufgestiegen. Der heute 74 Jahre alte Versicherungskaufmann war quasi im „Zweitberuf“ Vorsitzender, Trainier, Manager und Spieler in Personalunion, von seiner Mitgliedschaft in mehreren Verbandsgremien profitierte der auf dem Zehntberg beheimatete TTC. Jakob schaffte es, dass zu einem Schaukampf international bekannte Tischtennisgrößen in die Main-Spessart-Halle kamen. An der Platte standen zum Beispiel der schwedische Doppel- und Mannschaftsweltmeister Kjieli Johansson, der Vizeweltmeister Eberhard Schöler, der dreifache deutsche Einzelmeister Wilfried Lieck und der deutsche Meister im Doppel, Jochen Leiß.

    Bis zur Landesliga griff der TTC auf talentierte Eigengewächse an der grünen Platte zurück. Namen wie Engel, Hemmrich, Kachel und Schutz wurden überregional bekannt. Einen eigenen Fanclub „leistete“ sich der Verein nicht. Andreas Jakob (45), ein Sohn des Vereinsgründers, der seit 1999 den TTC leitet, erinnert sich: „Unser Fanclub war die Remlinger Bevölkerung!“ Jakob weiß aber auch, dass im Sport langfristig nur der Verein Erfolg hat, der auf zahlungskräftige Sponsoren zurückgreifen kann. Dies war in Remlingen nicht der Fall – man war mit dem Aufstieg in die Bundesliga an die organisatorischen und finanziellen Grenzen angelangt.

    Für den laufenden Spielbetrieb sorgten bis heute die Einnahmen aus den jährlichen Sommernachtsfesten sowie zahlreiche Turniere und Tanzabende, diese wurden allein 29-mal mit den in der Region beinahe legendären „Trailors“ bestritten.

    Heute zählt der TTC Remlingen 140 Mitglieder, 50 von ihnen gehören dem jugendlichen Nachwuchs an. „Wir sind ein Faktor in der Dorfgemenschaft“, macht Andreas Jakob deutlich, der selbst noch aktiv ist. Derzeit stehen sechs Teams im Spielbetrieb. Walter Jakob und sein verdienstvoller Nachfolger Werner Nawarotzky blicken heute zufrieden als Ehrenvorsitzende auf die „Erfolgsstory TTC Remlingen“ zurück, auch wenn der Verein nicht in der Bundesliga spielt, sondern vergangene Saison in der dritten Bezirksliga um Punkte kämpfte.

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