Sein sportlicher Lebenslauf ist geprägt von Hoffnungen und Enttäuschungen. Der ehemalige Club-Trainer Wolfgang Wolf hielt einst große Stücke auf ihn, gab ihm trotz des Pfeifferschen Drüsenfiebers, das schwer an der Karriere nagte, einen Profivertrag. Wiesner erhielt das Trikot mit der Nummer 24, doch anziehen durfte er es kaum einmal. "Eines Tages hieß es, du trainierst drüben", erinnert sich Christian Wiesner. Drüben, das ist, wo am Valznerweiher die Amateure ihre Trainingsstätte haben. Wiesner war enttäuscht, auch deshalb, weil ihm keine vernünftige Begründung für die Entscheidung genannt wurde.
Bei Littbarski in Sydney
Er hätte zwar über die Saison 2004/2005 hinaus beim Club bleiben können, allerdings nur in der zweiten Mannschaft. Doch in der Bayernliga spielen, das wollte er nicht. Die Folge: Christian Wiesner meldete sich angesichts fehlender passender Angebote erst mal arbeitslos. In dieser Zeit wäre er beinahe zum Weltenbummler geworden. Die Urlaubsreise führte nach Australien - und um ein Haar nicht mehr zurück. Christian Wiesner machte ein Schnuppertraining beim Sydney FC, der Nummer eins im Fußball auf dem fünften Kontinent. Trainer dort war Pierre Littbarski.
"Ich war hin- und hergerissen", so Wiesner. Einerseits eine Mannschaft, in der Leute wie der ehemals bei Manchester United unter Vertrag stehende Dwight Yorke spielten, andererseits die Entscheidung, in der Heimat alles aufgeben zu müssen. Wiesner entschied sich während seines einmonatigen Australien-Aufenthalts letztlich dafür, die Sydney-Offerte nicht anzunehmen.
Zuhause war er nicht ganz in Vergessenheit geraten, die SpVgg Bayreuth interessierte sich für ihn. Am 1. November 2005 trat er seine Stelle beim neuen Arbeitgeber an, was sich allerdings im Nachhinein betrachtet als keine gute Adresse erwies. Die Oberfranken gerieten in die finanzielle Schieflage und mussten aus der Regionalliga zwangsabsteigen. Die Gehälter wurde nur schleppend überwiesen. "Das Geld für den Mai bekam ich erst jetzt im Oktober", erinnert sich Christian Wiesner, der im Sommer dieses Jahres seine Zelte in der Wagnerstadt abbrach und mit einigen weiteren Bayreuthern samt Trainer Gino Lettieri in Darmstadt eine neue Herausforderung fand. Er erhielt einen Dreijahres-Vertrag.
Am Böllenfalltor, dem traditionsreichen Stadion, hat sich das sportliche Auf und Ab, das Christian Wiesner sein sportliches Leben lang begleitet, fortgesetzt. Gleich im ersten Saisonspiel wurde der vom Platz gestellt, womit er erst mal weg vom Fenster war. Erst im Pokalspiel am 10. September gegen den Erstligisten Hertha BSC Berlin bekam er wieder eine Chance. 16 000 Zuschauer bildeten beim 0:1 (Torschütze Bastürk, 109. Minute) eine prächtige Kulisse. Seitdem ist er wieder erste Wahl, spielt beim Regionalliga-Sechszehnten auf der Position des linker Verteidigers.
"Kindern kannst du mehr geben, auch übers sportliche Leben hinaus"
Christian Wiesner Fußballer
Inzwischen hat er mit Gerhard Kleppinger einen neuen Trainer, denn Lettieri wurde Anfang Oktober entlassen, nachdem die Mannschaft sieben von acht Spielen verloren hatte. Wiesner will mit den "Lilien" nun schnellstmöglich die nötigen Punkte für den Klassenerhalt holen und sich dann für die 3. Bundesliga, die in der übernächsten Saison kommen wird, qualifizieren.
Ein Wechsel zu einem anderen Verein ist derzeit kein Thema. Eine Rückkehr in die Heimat demnach auch nicht. Zumindest nicht aktuell, obwohl sowohl der Würzburger FV als auch der FC Schweinfurt 05 Interesse an einer Verpflichtung bekundet hatten. "Irgendwie würde mir es schon gefallen, hier zu spielen", meint Wiesner, doch dann nur in einer Mannschaft mit Perspektive und Ambitionen. "Wo du hin kommst, heißt es, in Würzburg bauen sie was auf, aber da ist wohl leider doch nichts dran", sagt er.

Der 25-Jährige wohnt zusammen mit seiner Freundin immer noch in Nürnberg. Parallel zur sportlichen Laufbahn hat er seine Ausbildung zum staatlich geprüften Kinderpfleger abgeschlossen und das Fachabitur erworben. Damit hat er die Grundlage für ein Studium gelegt. Doch an erster Stelle steht für ihn der Fußball. Wiesner kann sich gut vorstellen, demnächst den Trainerschein zu erwerben und später einmal im Jugendbereich zu arbeiten. "Kindern kannst du mehr geben, auch übers sportliche Leben hinaus", meint er. Zunächst aber will Christian Wiesner den Beweis erbringen, dass er taugt zu einem gestandenen Profi. Und dass sie ihn nicht ganz zu Recht ausgemustert haben beim 1. FC Nürnberg.