Wenn im September, wie geplant, die neue Tischtennis-Saison startet, wird sich so mancher Freund des kleinen Plastikballs die Augen reiben. Es wird nämlich ein altbekannter Name fehlen. Tatsächlich wird der FC 46 Großwenkheim, und damit eine der ältesten Tischtennis-Abteilungen im Kreis Rhön-Saale, in keinem Spielplan, in keiner Tabelle mehr erscheinen. Nach 62 Jahren geht eine lange, mit zahlreichen Erfolgen gespickte Ära zu Ende. Dafür gibt es handfeste Gründe, die zum Teil auch auf diverse andere Sportarten übertragbar sind.
Grund eins ist das Personal-, Grund zwei das Hallenproblem. „Die ganze Sache hat sich schon über einen längeren Zeitraum entwickelt“, sagt Andreas Schlembach. Der Großbardorfer trägt aus sportlichen Gründen seit 2007 das Trikot des FC Großwenkheim, ist Stammspieler in der 1. Mannschaft und Stellvertreter von Abteilungsleiter Steffen Mohr, der aus beruflichen Gründen in diesem Amt deutlich kürzer treten muss. „Unser Hauptproblem liegt im personellen Bereich. Vor allem in der letzten Saison gab es erhebliche Schwierigkeiten in der 1. Mannschaft durch Krankheiten und berufliche Ursachen, was dazu führte, dass wir nach zwei Jahren wieder aus der Bezirksliga absteigen müssen. Deshalb konnte auch die 2. Mannschaft teilweise nicht komplett antreten“, sagt Schlembach.
Für beide Seiten nur Vorteile
Da es im Tischtennis keine Spielgemeinschaften gibt, bliebe nur der komplette Wechsel zu einem anderen Verein. Nach intensiven, internen Gesprächen und Abwägen diverser Alternativen kam nur der TSV Großbardorf in Frage, zu dem schon seit vielen Jahren sehr gute Kontakte bestehen. Eine gemeinsame Halle, gemeinsames Training, auch im Jugendbereich, und auch Spielen im anderen Verein ergeben ein enges Verhältnis, dazu die Perspektive hinsichtlich der Jugendarbeit. In einer internen Abstimmung waren bis auf eine Ausnahme alle 14 Akteure für diese Lösung.
Urban Geßner, Mann der ersten Stunde und Urgestein im Großwenkheimer Tischtennis, will mit seinen 79 Jahren nur noch gelegentlich trainieren und Anton Ziegler legt eine berufsbedingte Pause ein. Durch die Fusion könnten in der neuen Spielrunde drei Mannschaften antreten, die 1. in der Bezirksklasse A, die 2. in der Bezirksklasse B und ein Vierer-Team in der Bezirksklasse D. Auch das Hallenproblem wäre gelöst nach zwei „Gastjahren“ in Nüdlingen, wo die Trainingsbeteiligung immer mehr nachließ. „Der Wechsel nach Großbardorf bringt für beide Seiten nur Vorteile, da sich alle Spieler seit vielen Jahren kennen und somit mehrere Mannschaften gebildet werden können, denn auch Großbardorf hat Personalprobleme“, sagt Schlembach.
„Der FC Großwenkheim hat sich trotz der besonderen Umstände immer bemüht, dass Tischtennis gespielt werden kann, aber ohne eigene Halle ist auch keine Jugendarbeit möglich“, so Schlembach. „Es ist natürlich sehr schade, dass nun kein Tischtennis mehr beim FC gespielt wird, weil diese Abteilung auch zahlreiche Erfolge gefeiert hat, aber man muss in die Zukunft blicken“, sagt Patrick Schmitt, Mitglied im Führungstrio des FC.
Fehlende Halle, personelle Engpässe
In der heutigen Zeit sei ein Zusammenschluss fast an der Tagesordnung, wie auch im Fußball, wo es jedoch Spielgemeinschaften gebe. Auf Seiten des FC sieht Schmitt die fehlende Halle, neben den personellen Engpässen, ebenfalls als großes Manko. „Von unserer Seite geht dieser Schritt in Ordnung, denn beide Vereine pflegen ja ein gutes Verhältnis“, meint Schmitt. „Wir stehen voll dahinter“, sagt Klaus Lemmer, Mitglied im Führungsquartett des TSV Großbardorf. Innerhalb der Vorstandschaft des TSV habe es zu den Fusionsplänen keinerlei kritische Stimmen gegeben. Zwei Abteilungen würden ihre Kräfte jetzt bündeln, zumal sich beide Seiten auch schon lange sehr gut kennen. „Ich erwarte mir durch diesen Schritt eine wesentliche Aufwertung des Tischtennis-Sports innerhalb des TSV und glaube auch, dass Tischtennis dadurch für Jugendliche deutlich attraktiver wird“, sagt Lemmer, zumal diese Sportart bis ins hohe Alter betrieben werden könne. Voraussichtlich ab August 2020 steht die komplett sanierte Turnhalle wieder zur Verfügung.
Die Tischtennis-Ära begann in Großwenkheim bereits im Jahr 1958. Am 8. Oktober wurde mit dem TTC (Tischtennis-Club) ein zweiter Sportverein neben dem FC 46 gegründet. Initiator war der damalige Schulleiter Gustav Vogel, der auch bei der Gründung von den 32 Mitgliedern zum Vorsitzenden gewählt wurde.
Anfangs in den Tanzsälen Trost und Sotier gespielt
Da in der näheren Umgebung kaum Tischtennis-Mannschaften vorhanden waren, mussten teilweise lange Fahrtstrecken bis Hammelburg oder Wildflecken unternommen werden. Gespielt wurde anfangs in den Tanzsälen Trost und Sotier, ehe der Umzug in das 1966 fertiggestellte Sportheim des FC 46 erfolgte. Am 1. Januar 1962 hatte der TTC mit dem FC fusioniert, da die meisten TT-Spieler auch aktive Fußballer waren und parallel dazu der kleine TTC nicht sinnvoll erschien. Von Beginn an waren die Großwenkheimer Tischtennis-Akteure eine wichtige und erfolgreiche Größe im Kreis Rhön-Saale. Ab der Saison 1980/81 konnte erstmals eine zweite Mannschaft gestellt werden und damit ergab sich das große Problem einer passenden Spiellokalität. Während andere Vereine zunehmend in Turnhallen agieren konnten, war das Sportheim des FC, in dem nur zwei Tische gestellt werden konnten, für den Wettkampfbetrieb viel zu eng, zu kurz, zu niedrig – vielleicht ein kleiner Heimvorteil.
Für den Wettkampfbetrieb zu eng, zu kurz, zu niedrig
Glückliche Umstände ermöglichten es, dass ab 1982 die Turnhalle in Großbardorf genutzt werden konnte – ein riesen Fortschritt. Von da an schnupperten auch die ersten Großbardorfer an dieser Sportart und eine dauerhafte Verbindung begann. Da beide Abteilungen durch häufiges gemeinsames Training voneinander profitierten, konnte auch der TSV Großbardorf ein eigenes Team für die Rundenspiele stellen. Interessant, dass um die Jahrtausendwende für ein paar Jahre mit Anton Then und seinen Kindern Alexandra, die Landesliga-Erfahrung aus der Frauenmannschaft des TSV Bad Königshofen mitbrachte, und Michael, der als Jugendlicher im Bezirksliga-Team des TSV Bad Königshofen spielte, die Hälfte der Großbardorfer Mannschaft aus Großwenkheim kam.
Das Spielen von Großwenkheimern in Großbardorf und umgekehrt ist immer wieder aktuell. Vor allem im Nachwuchsbereich erfolgte eine enge Zusammenarbeit zwischen beiden Abteilungen unter Anleitung des Großwenkheimers Urban Geßner. Da in den letzten Jahren die Hallenmiete in Großbardorf recht hoch wurde und außerdem die Halle wegen Umbaus nicht genutzt werden konnte, ergab sich eine erneute Suche nach einem geeigneten Spiellokal.
Durch gute Beziehungen wurde ab 2018 zu deutlich günstigeren Konditionen in Nüdlingen gespielt. Irgendwie schließt sich nun ab 2020 wieder der Kreis in Großbardorf. In den 62 Jahren „verbrauchte“ die TT-Abteilung des FC nur fünf Abteilungsleiter. Urban Geßner, bei der Gründung 1958 schon dabei, von 1961 bis 1967, Anton Then von 1967 bis 1981, Harald Schlembach von 1982 bis 1983, Alois Ziegler von 1983 bis 2006, Steffen Mohr ab 2007.