Erst drohte es schnell zu Ende zu gehen, dann wurde es erneut ein Kampf auf Biegen und Brechen: das vierte Saison-Spiel des TSV Bad Königshofen in der Tischtennis-Bundesliga (TTBL) beim 1. FC Saarbrücken, dem Meister und Vizemeister der letzten zwei Jahre, bei dem die Grabfelder als einzige Mannschaft noch nie gewinnen konnten. Es wurde auch diesmal nichts, Bad Königshofen verlor 2:3.
Würden die Adrenalin-Ressourcen nach dem Highlight Düsseldorf reichen, um diesem Titel-Mitfavoriten die Stirn bieten zu können? Als das Auftakteinzel Gastgeber 1 gegen Gast 2, Patrick Franziska gegen Kilian Ort, um war, da hätte man eher nein meinen können. Was natürlich nicht der Fall war, denn der Bad Königshofener hatte es schließlich mit dem Team-Silbermedaillengewinner von Tokio, der dort alle Spiele absolvierte, zu tun, der Nummer 17 der Welt. Und an den war an diesem Mittwochabend nicht ran- bzw. vorbeizukommen. Zu stark war dessen Selbstvertrauen. Entsprechend groß war Orts Frust, weil er keine Ideen und Mittel fand, das zu ändern.
Bastian Steger packt all seine Erfahrung aus
Dann begann der sensationelle Tag des Bastian Steger. Der einst zwei Jahre für Saarbrücken spielte, den Europapokal holen half, gegen Darko Jorgic, der sein erstes Profijahr in Deutschland für Bad Königshofen spielte. Und der inzwischen an Nummer 31 der Welt angekommen ist. Das Duell der Generationen, der zwei Rückhand-Spezialisten. Es ging zunächst weiter wie bei Orts 0:3: Ruck-zuck stand es 11:7 für Jorgic. Dann kam richtig viel Spannung. Steger packte all seine Erfahrung aus und kaufte Jorgic Satz für Satz den Schneid ab. Im zweiten wehrte er drei Satzbälle ab und verwandelte seinen zweiten zum 15:13. Der dritte und vierte wurden eine klare Sache – 1:1 zur Pause. "Sein bestes Spiel heuer", bestätigte ihm Manager und Team-Chauffeur Andy Albert zu dem Zeitpunkt. Ein noch besseres folgte später. Und er fügte an: "Heute wollen wir gewinnen."
Fünf-Satz-Krimi ohne Happy-End für Grebnev
Ganz schön gewagt, aber berechtigt. Es fehlte wirklich nicht viel, und man hätte sich beim TSV gewünscht, dass am Ende einer so knappen Kiste auch mal der Underdog der Glückliche wäre. Beinahe wäre es schon bei Maksim Grebnevs 2:3 gegen den bärenstarken Tschechen Tomas Polansky so weit gewesen. Ein wirklich tolles, höchst spannendes Spiel der Beiden: Des impulsiven, explosiven und von der Emotionalität lebenden Energiebündels Grebnev gegen den kühlen Taktiker Polansky. Der dem kleinen Russen das Genick brach, als er bei 4:5 im fünften Satz Timeout nahm und dann nur noch einen Punkt gewährte - 1:2-Rückstand.
Man würde die nötigen Siege für den Klassenerhalt wohl doch gegen andere holen müssen? Falsch, es wäre hier und jetzt möglich gewesen. Bastian Steger lieferte im Einser-Duell gegen Franziska eine ganz große Tischtennis-Show ab. Vor diesem Kampf der beiden olympischen Team-Medaillengewinner (Steger Bronze in London und Rio, Franziska in Tokio) sprach die aktuelle Erfolgsstatistik für den 29-Jährigen. Alle Reichweitenvorteile Franziskas kompensierte Steger mit allen Mitteln der Tischtenniskunst und zerpflückte den, der mit makelloser 6:0-Bilanz in diesen Kampf eingestiegen war. Franziska fehlten einfach die taktischen Antworten und Optionen. Steger zog sie aus dem Ärmel und gewann 11:9, 11:9, 11:8.
Nur im zweiten Satz ins Spiel gefunden
Womit erneut das Doppel die Entscheidung bringen musste: Jorgic/Polansky gegen Ort/Grebnev. Wobei Jorgic am ehesten wieder in die Erfolgsspur zurückfand und Polansky auch im Doppel alles automatisiert zu haben schien. Letztendlich entschied die Tagesform über Sieg oder Niederlage in diesem Doppel und somit im gesamten Spiel. Die TSV-Kombination fand eigentlich nur im zweiten Satz zu ihrem Spiel. Wobei die Frage offen blieb, ob die Emotionen die Folge des guten Spiels sind oder doch umgedreht. Bei Polansky, den Kilian Ort kürzlich im Halbfinale von Budapest 4:3 besiegen konnte, wird das wohl ein ewiges Rätsel bleiben.
Ergebnisse: Patrick Franziska – Kilian Ort 3:0 (11:7, 11:6, 11:6); Darko Jorgic – Bastian Steger 1:3 (11:7, 13:15, 7:11, 8:11); Tomas Polansky – Maksim Grebnev 3:2 (11:8, 11:9, 8:11, 10:12, 11:5); Franziska – Steger 0:3 (9:11, 9:11, 8:11); Jorgic/Polansky - Ort/Grebnev 3:1 (11:7, 10:12, 11:6, 11:6).