Wer das erste Landesliga-Spiel der FT Schweinfurt 1964 sehen wollte, der musste früh aufstehen. Um 10 Uhr wurde angepfiffen, der Gegner hieß – man staune – TSV Gochsheim. Mit 1:0 gewannen die Turner, an den Torschützen erinnern sich die Kicker der ersten Garde, die zum Ehemaligen-Treffen anlässlich des 1000. Landesligaspiels auf die Maibacher Höhe gekommen sind, aber nicht mehr. „Aber es war ein Ereignis“, weiß Harald Vollbach noch. „1000 Zuschauer.“
Die FTS hatte als Unterfrankenmeister den SV Miltenberg bezwungen, war aufgestiegen. Am Ende der Runde wurde die Mannschaft von Trainer Rudi Ziegler Siebter. Die Gegner hatten längst vergessene Namen, wie TSV Donndorf, Sylvia Ebersdorf oder ETSV Bamberg. Auch die FC 05 Amateure kickten 1964/65 in der Landesliga Nord. „Die haben wir geschlagen“, grinst Vollbach. Die ehemaligen Mannschaftskameraden am Tisch Elmar Bauer, Rudi Seufert oder Willi Wunderlich nicken eifrig.
Die Maibacher Höhe war gefürchtet. Zum einen wegen der Heimstärke der FTS, hauptsächlich aber, weil es nur einen Aschenplatz gab. „Wir haben immer lieber auswärts gespielt, da gab es Rasen“, so Winfried Igelsbacher. Auch Vollbach erinnert sich noch gut: „Ich war damals auch mal Torwart, ich habe auf der rechten Seite heute noch eine Macke, da ist immer noch der Staub von 1965 drin.“ Damals habe es noch einen besseren Austausch zwischen den Abteilungen gegeben. „Viele von uns haben bei den Leichtathleten ausgeholfen“, erinnert sich Vollbach „und umgekehrt. Ich war ursprünglich mal Leichtathlet gewesen.“
Auch die Auswärts-Fahrten waren nicht immer einfach. Nur drei Spieler hatten überhaupt Autos, mit denen das Team anreiste. 1968 in Staffelstein verfuhr sich einer der Fahrer, die Turner mussten mit acht Mann beginnen und führten trotzdem schnell 3:1. Als die Mannschaft endlich komplett war, setzte es am Ende ein 4:7. Die Punkte hätte die FTS damals gut gebrauchen könne, denn am Ende der Saison stand der Abstieg und lange Abschied von der Landesliga.
Ritter als Vorbild
Erst 1981 kehrten die Schweinfurter zurück. Mit (Spieler-)Trainer Elmar Ritter, der 1977 Ernst Gehling an die Maibacher Höhe geholt und zu seinem Führungsspieler machte. Gehling, der Ritter als sein Vorbild ansieht, hatte in den 60ern als Bub erstmals von den Turnern gehört: „Ich war damals oft bei meinem Onkel in Hausen. Der war Landwirt und musste immer dann im Stall arbeiten, wenn im Radio die Fußball-Ergebnisse kamen. Ich saß vor dem Radio und habe die Ergebnisse mitgeschrieben, weil der Onkel wissen wollte, wie die FTS gespielt hat.“
Im Jahr des Wiederaufstiegs wären die Turner als Zweiter beinahe in die Bayernliga aufgestiegen. Die womöglich entscheidenden Punkte verloren die Schweinfurter beim späteren Meister VfB Coburg. „Wir haben klar das Spiel gemacht, dann hieß es, der Schiedsrichter sei bestochen worden“, erzählt Ex-Trainer Ritter. „Auf jeden Fall pfiff er plötzlich alles gegen uns, stellte drei Mann vom Platz und wir haben verloren.“ Dabei war auch der wohl kurioseste Platzverweis der Vereinsgeschichte: „Karlheinz Haßelbacher ging zum Schiedsrichter, sagte 'Ich habe die Nummer sechs, Sie können mich auch vom Platz stellen' – und das hat der Unparteiische getan.“ Ritter hatte Mühe, dass seine Mannschaft nicht vorzeitig den Platz verließ. Im Relegationsspiel gegen Landshut hatten die Turner Pech: „80 Minuten machen wir das Spiel und verlieren 0:2“, sagt Ritter, „interessant wäre es gewesen, zu sehen, ob wir in der Bayernliga hätten mitspielen können.“
Und so gab es am Abend im Garten des FTS-Vereinsheimes viele Geschichten aus alten und neuen Landesliga-Tagen zu hören und meist zu belachen. Viele Ehemalige, wie Thomas Igelsabcher, Michael Reuß, Michael Prowald, Oliver Sprenger, Michael Keller oder Klaus Pfeuffer waren gekommen. Auch ein wenig Statistik gab es, denn da hatten die Macher eines FTS-Sonderheftes genau nachgezählt. So ist Landesliga-Rekordspieler überraschenderweise weder Ernst Gehling (Zweiter, 305), noch Thomas Niesner (Dritter, 264), sondern Thorsten Büttner, der 312 mal das Turner-Trikot trug. „Bei der FTS ging es nie um Geld“, so Büttner, heute Trainer in Ramsthal. „Das Thema hatte man auch ganz schnell vergessen. Da wollte man einfach nur zu seiner Truppe und mit und für die Jungs spielen.“
Ein echtes Original ist Heinz Holzer. Der 72-jährige ist seit 28 Jahren Teammanager und tut für seine Buben alles: „Ich gehe mit denen auch noch in die Disco oder mache die Saisonabschlussfahrt nach Gran Canaria mit.“ Denn das ist bei der FTS 2010 noch genauso wie 1964: Die Gemeinschaft, der berühmte „Turner-Geist“. „Einmal Turner, immer Turner“, sagt Harald Vollbach. Nur eines kritisieren die Veteranen aus den 60ern: „Früher wurde im Verein noch mehr gesungen.“