Er strahlt große Ruhe aus, auf und neben dem Platz. Und er ist einer der namhaftesten Tennis-Trainer in Deutschland: Stefan Eriksson, seit ihrer Gründung 1998 sportlicher Leiter der Tennis-Base des Bayerischen Tennis-Verbandes (BTV) in Oberhaching. Wie erfolgreich das Vorzeige-Projekt ist, zeigt sich allein darin, dass deutsche Davis-Cup-Teams in den vergangenen überwiegend mit bayerischen Spielern besetzt waren. Auf die Karriere von Philipp Kohlschreiber, Florian Mayer oder Daniel Brands hatten und haben Eriksson und seine Trainer maßgeblichen Einfluss. Bei den Dittelbrunn Open in Hambach betreut der 49-jährige Schwede, früher selbst ein Top-100-Spieler, drei BTV-Talente. Der ungewohnte Teppichboden – für Eriksson kein Problem: „Da muss man durch. Je besser man wird, desto besser werden auch die Beläge.“
Frage: Herr Eriksson, Sie sind hier mit den Spielern des Draft-Teams des Bayerischen Tennis-Verbandes, der möglichen nächsten Profi-Generation also. Es geht für die drei wohl darum, Erfahrung zu sammeln?
Stefan Eriksson: Das stimmt. Johannes Haerteis kann nächstes Jahr noch Jugendtennis spielen. Er wird versuchen, die Grad Slams mitzunehmen und die Cups für Deutschland zu spielen. Daniel Baumann und Hannes Wagner müssen nun den nächsten Schritt vom Jugend- zum Herrentennis machen. Alle drei spielen sehr, sehr hohes Tempo, und das kontrolliert. Sie sind sehr, sehr gute Tennisspieler, aber keine Überflieger. Da muss man ehrlich sein.
Der Übergang in den Herren-Bereich ist oft schwierig.
Eriksson: Das stimmt. Die Ausnahmetalente schaffen es immer. Aber einer wie Daniel Brands, der fängt erst jetzt mit 26 Jahren an, richtig gut zu spielen. Und er ist seit 2005 Profi. Jugendtennis bestätigt nur, dass Du auf dem richtigen Weg bist, dass die Entwicklung passt. Jetzt kommt der nächste Schritt. Jetzt bist Du auf dem Markt, musst Dich jede Woche beweisen und Punkte sammeln. Man muss sicher drei bis fünf Jahre investieren. Auch finanziell ist es sehr mühsam. Selbst wenn Du so ein Turnier wie hier gewinnst, was nicht einfach ist, verdienst Du nicht unbedingt Geld. Es gibt vielleicht zwei, drei Jungs, die diese Woche plusminus Null machen. Aber es ist auch richtig so. Hier merkt man, ob man gut genug ist.
Maximilian Marterer ist als Nummer 34 der Junioren-Weltrangliste aktuell der beste bayerische Spieler. Er trainiert aber nicht bei Ihnen. Warum?
Eriksson: Maximilian macht eine gute Entwicklung. Er ist der beste von diesen Jungs. Er hat ein gutes Team um sich in Fürth, das soll man nicht wechseln. Wenn er Sparringspartner braucht, kommt er ab und zu zu uns. Der BTV ist ein Weg, wie man Profi werden kann, aber es gibt viele Wege.
„Früher wurde mit mehr Taktik gespielt.“
Trainer Stefan Eriksson
Sie sind Cheftrainer der BTV-Tennis Base seit ihrer Gründung vor 15 Jahren. Das ist ungewöhnlich, auch wenn Sie sehr erfolgreich sind.
Eriksson: Ich mag eine kontinuierliche Arbeit über längere Zeit. Ich habe sicher andere Angebote gehabt, aber ich habe den besten Arbeitsplatz in Deutschland mit einem Super-Team, warum soll ich da wechseln? Gut ist auch, dass wir in Oberhaching die Jugendarbeit dabei haben. Du siehst einen, er gefällt Dir und dann baust Du ihn vielleicht im Training ein. Das Schöne ist außerdem: Ich werde nicht von einem Spieler bezahlt, ich kann immer meine Meinung sagen. Ich habe auch viele Aufgaben, das ist so in einem Verband. Nicht nur die Jungs, auch Verbandsmannschaften, die Profis. Manchmal machst Du auch die Mülleimer leer. Es ist eine große Familie.
Nun werden die Bedingungen mit dem Ausbau von Oberhaching noch besser. Der Verbandstag hat grünes Licht für die geplante Erweiterung gegeben.
Eriksson: Man muss man schauen, was da möglich ist. Für den Konditionsbereich bräuchten wir eine größere Halle, ich hoffe, dass die kommt. Ansonsten sind wir schon auf einem sehr hohen Niveau. Ob zusätzliche Plätze kommen, das muss man abwarten. Wenn du baust, steigen manchmal die Kosten. Der BTV ist bekannt dafür, dass wir mit Geld immer sehr sparsam umgegangen sind. Andere Verbände haben da großzügiger kalkuliert. Was braucht man schon für Tennis? Einen Platz mit Linien, ein Netz und Bälle.
Sind Sie immer beim Draft-Team?
Eriksson: Nein. Wir sind ein Trainerteam, das ist unsere Stärke. Philipp Kohlschreiber wird normalerweise von Markus Wislsperger betreut. Vorher habe ich ihn betreut, in Asien kümmert sich jetzt Tobias Summerer um ihn und Florian Mayer. Klaus Langenbach betreut Daniel Brands und Kevin Krawietz, aber auch das Draft-Team. Sascha Petraschek kümmert sich auch ums Draft-Team. So haben die Spieler Input von verschiedenen Trainern. Aber wir versuchen, alle mit der gleichen Philosophie zu arbeiten. Langenbach und ich sind mehr in der Base, Wislsberger und Summerer sind permanent unterwegs.
Am längsten begleiten Sie Philipp Kohlschreiber.
Eriksson: Philipp war der erste, der da war, er ist mit 15 gekommen, wir haben gleichzeitig in Oberhaching angefangen. Wir kennen uns also sehr gut und sehr lange. Wenn er in die Base kommt, ist es immer wie zuhause. Das ist aber nicht so oft der Fall, überwiegend am Ende des Jahres in der Vorbereitung auf die neue Saison auf die Australian Open, wenn unsere Profis gemeinsam trainieren.
Kohlschreiber wird bald 30, er spielt eine gute Saison. Hätte er vielleicht noch mehr aus seiner Karriere machen können?
Eriksson: Wen jemand zwischen Position 18 und 25 in einer der größten Sportarten der Welt pendelt, dann möchte ich wissen, was da noch mehr herauszuholen wäre. Manchmal hast Du schlechte Phasen und keiner weiß warum, manchmal klappt alles. Als Borussia Dortmund zweimal deutscher Fußball-Meister wurde, wusste bei Bayern München auch keiner so genau, was falsch lief. Seit fünf, sechs Jahren spielt Philipp auf sehr, sehr hohem, stabilem Niveau.
Wie hat sich das Tennis während Ihrer Trainer-Jahre verändert?
Eriksson: Es ist viel schneller geworden. Sehr athletisch, alle sind sehr fit. Die Spieler sind deshalb auch länger aktiv als früher, es sind viele Leute über 30 dabei. Früher wurde mit mehr Taktik gespielt. Leider existieren Netzangriffe so gut wie gar nicht mehr. Die Returns sind zu gut geworden. Aber das Spiel nach vorne fehlt, das muss sich in den nächsten Jahren ändern. Murray gegen Djokovic bei den US Open, das war fast langweilig. Die spielen 30 Mal durch die Mitte, keiner will nach vorne gehen. Aber das ist eine Phase im Welt-Tennis, die wird sich ändern. Mit unseren Jungs versuche ich es auf jeden Fall, dass sie ans Netz gehen und die Volleys einsetzen.