Eine ellenlange Liste an Titeln füllt die sportliche Karriere von Sabine Escher. Die Augsfelderin ist Europameisterin, Deutsche Meisterin, Bayerische Meisterin, holte Europapokal, Länderpokal und Bayernpokal sowie etliche andere Trophäen. Damit ist inzwischen allerdings Schluss. Im Oktober des letzten Jahres schickte Sabine Escher bei den Deutschen Meisterschaften ihre letzte Kugel auf die Bahn und beendete damit eine mehr als einzigartige Karriere.
„Ich weine dem Kegeln nicht nach“, empfindet die Augsfelderin keinerlei Wehmut nach der Kegelbahn, gibt aber auch gerne zu, dass „es eine schöne Zeit“ war. Immerhin gelang ihr zum Ende mit Platz 13 bei der Deutschen Meisterschaft noch ein schöner Abschluss, auch wenn sie sich persönlich erhofft hatte, ihren 2011 gewonnenen Titel verteidigen zu können. Und es gelang ihr mit dem allerletzten Schub, die Bahn „sauber zu verlassen“, sie ließ zum Karriere-Ende nicht einen Kegel stehen.
„Man merkt schon nach den ersten zehn Schub: ,heute läuft's“, wusste sich die talentierte Keglerin stets auf ihr Gefühl zu verlassen, die Hinweise der Betreuer hat sie nur selten in Anspruch nehmen müssen. „Ausreißer nach unten, hat sie eigentlich nie gehabt“, weiß auch Vater Richard Popp, selbst seit 1979 dem Kegelsport verschrieben, vom vorhandenen Talent der Tochter zu berichten. Dafür aber nach oben: Gefragt nach ihrem besten Ergebnis, kommt wie aus der Pistole geschossen die in Keglerkreisen schon sensationell anmutende Zahl „491“ – geschoben in einer Kreisliga-Partie in Sand. Aber auch in Hofheim ist ein nicht alltägliches Ergebnis im Gedächtnis geblieben: 14 „Naturneuner“ legte sie dort auf die Bahn, räumte also in 14 von 100 Würfen im ersten Versuch alle Kegel ab.
Aber auch, wenn diese beiden überragenden Ergebnisse in der heimischen Kreisliga abgeliefert wurden, waren die überregionalen Meisterschaften die stärkste Triebfeder für Sabine Escher. „Das Flair auf diesen Wettbewerben und die Rituale vorher sind natürlich etwas völlig anderes als bei den Kreisliga-Spielen in Zeil,“ berichtet Escher von einem gewissen Kribbeln bei nationalen oder gar internationalen Titelkämpfen. „Das fängt mit der Kaffeepause auf der Fahrt zu den Wettkämpfen an – wir haben immer in Greding halt gemacht –, setzt sich beim Warmmachen fort“ und mündet schließlich in den Blicken nach links und rechts zu den Ergebnissen der Gegner. Aber trotz allen Wettkampfcharakters: „Störversuche“ oder andere unfaire Mittel der Konkurrenten, um sie aus dem Tritt zu bringen, hat Sabine Escher nie erlebt.
„Schuld“ an letztlich 24 Jahre Kegeln hatten – wie so oft in Sportlerfamilien – natürlich ihre Eltern. Als Jugendliche war sie bei den regelmäßigen Kegelabenden von Mutter Traudl und Vater Richard Popp dabei und schnupperte am Kegelsport, bis sie schließlich selbst in die Damenmannschaft integriert wurde. Als Vater Richard sich Ende der 90-er Jahre den „Hau Ruck“-Keglern in Zeil anschloss, wechselte auch Sabine Escher in die Fachwerkstadt und arbeitete sich nach und nach von der 3. bis in 1. Damenmannschaft vor.
Recht schnell stellten sich die ersten überregionalen Siege ein, zehn Jahre später gab es für die zweifache Mutter mit der erstmaligen Nominierung in die Bayernauswahl den „Startschuss“ zu etlichen internationalen Erfolgen: 2007 wurde sie unterfränkische Einzel- und Mixed-Meisterin, holte bei den Deutschen Meisterschaften die Silbermedaille im Einzel und kam auch auf Deutscher, Bayerischer und unterfränkischer Ebene im Mixed zu Edelmetall. Seitdem räumte Sabine Escher jährlich überregionale Titel ab. 2009 gab es mit der Bayernauswahl eine weitere Silbermedaille bei der Europameisterschaft, 2010 Platz 8 im Europapokal (Einzel).
2011 dann gelang der ganz große Wurf: Mit der Bayernauswahl holte sie nicht nur den Titel bei den Europameisterschaften, im Einzel wurde sie auch Unterfränkische, Bayerische und schließlich Deutsche Meisterin. Zudem gab es Platz 1 im Bayernpokal und den Sieg beim Städteturnier.
Wer allerdings die bei Sportlern oftmals in bester Lage platzierte Pokal-Vitrine sucht, wird im Hause Escher nicht fündig. Sämtliche Trophäen liegen versteckt in zwei großen Kunststoff-Kisten – auch die Sieger-Pokale bei den Wahlen zur „Sportlerin des Jahres“ 2009 und 2011 der Stadt Haßfurt. Neue Pokale werden wohl nicht mehr hinzukommen, auch wenn sich die 43-Jährige noch ein Hintertürchen für ein Comeback offenlässt, sollte sie in ein paar Jahren doch wieder Lust aufs Kegeln bekommen.
In Zeil, bei ihrem Stammverein „Hau Ruck“ weint man der talentierten Keglerin natürlich mehr als nur eine Träne nach. Und natürlich versuchte der Vorstand auch, Sabine Escher zum Weitermachen zu überreden, biss aber auf Granit: „Die Luft ist raus. Nach vielen schönen Jahren hat nun die Familie Vorrang,“ hat die Arzthelferin ihre Prioritäten völlig neu gesteckt. Dennoch: „Wir hoffen natürlich, dass sie irgendwann wieder zu uns stößt“, gibt Sandra Neumann-Lohr von der „Hau Ruck“-Vorstandschaft unumwunden zu, dass Sabine Escher auf der Kegelbahn nicht nur in Zeil eine große Lücke hinterlassen hat.