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Radball:: Keine Angst vorm Runterfallen

Radball:

Keine Angst vorm Runterfallen

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    Profis: Die Radballer vom RV 1889.
    Profis: Die Radballer vom RV 1889.

    Radball ist eine Radsportart, bei der mit speziellen Fahrrädern in Mannschaften auf Tore gespielt wird.“ So spricht die allwissende Online-Enzyklopädie Wikipedia. Na ja, das klingt soweit doch machbar. Radfahren kann ich, mit einem Ball auch halbwegs umgehen. Und in einer Mannschaft auf Tore spielen, das tue ich als Fußballer ohnehin regelmäßig. Eigentlich also beste Voraussetzungen für meinen ersten Radball-Selbstversuch beim RV 1889 Schweinfurt. Die Realität sah – wer hätte es gedacht – leider doch etwas anders aus.

    Den ersten Dämpfer bekomme ich schon beim Betreten der Sporthalle der Julius-Kardinal-Döpfner-Schule. Kindertraining. Klasse. Vor den Knirpsen wollte ich meine ersten Schritte (bzw. Tritte) jetzt nicht unbedingt machen. Aber noch während ich Hubert Henz, Radballspieler beim RV 1889 und mein heutiger Trainer, begrüße, leert sich die Halle. Die Kiddies haben Feierabend und ich erstmal Theorie-Unterricht. „Man kann Radball nicht nur bis ins hohe Alter betreiben, es ist auch ein sehr alter Sport“, lässt Henz mich wissen. Ihre Ursprünge hat die Sportart Ende des 19. Jahrhunderts in den USA. „Der Geschichte nach hat Kunstradfahrer Nick Kaufmann mit dem Lenker einen Hund zur Seite geräumt“, erzählt Henz.

    Worauf kommt es sonst an? „Gleichgewichtssinn, Koordination, Kraft. Und Training, Training, Training. Bis jemand wirklich spielen kann, braucht er schon gut zwei Jahre.“ Ui. Zwei Jahre. Länger als zwei Stunden wollte ich eigentlich nicht hierbleiben. Als nächstes nehmen wir das spezielle Fahrrad unter die Lupe. Die Unterschiede zum üblichen Rad: Der Sattel sitzt über dem Hinterrad, der Lenker ist auf schnelle Drehungen ausgelegt. Die Pedale bewegen sich stets mit dem Rad, vorwärts wie rückwärts. Und es gibt keine Bremse. So langsam wird mir doch etwas mulmig.

    Die ersten Fahrversuche sind dann auch etwas holprig. Durch die Verlagerung des Körpergewichtes auf das Hinterrad bäumt sich mein Fahrrad erst einmal auf wie ein Arabisches Vollblut unter Heavy-Metal-Beschallung. Doch Runde für Runde kriegt man den Dreh besser raus. Leichten Druck auf den Lenker, ohne sich krampfhaft festzuklammern, schon habe ich zumindest wieder das Gefühl, Fahrradfahren zu können. „Radball findet im Stehen statt“, ist der nächste Wink meines Tages-Coaches. Also raus aus dem Sattel. Klappt nach kurzer Zeit recht ordentlich, auch wenn's ganz schön auf die Beine geht. „Es wird Muskulatur beansprucht, die man sonst nicht so oft braucht“, erklärt Henz. Ist mir ganz recht. Schließlich lasse ich für den Termin ein Fußball-Training sausen, muss also eh etwas für mich tun.

    Nun heißt das Ganze aber Rad-Ball. Und die Kugel kommt jetzt ins Spiel. Zumindest theoretisch. Denn das Ding muss man erstmal treffen. Der Plan sieht so aus: Langsam heranfahren, vor dem Ball nahezu zum Stehen kommen, dabei das Gleichgewicht halten und das Spielgerät durch Herumreißen des Lenkers mit dem Vorderrad gegen die Wand kicken. Und dann weiterfahren, ohne den Fuß auf den Boden zu setzen. In der Praxis funktioniert es so lala. Zumeist rollt der Ball wenigstens. Die Krux ist es, nach der Schussbewegung nicht die Balance zu verlieren.

    „Bis jemand spielen kann, braucht er gut zwei Jahre.“

    Hubert Henz

    Nach einigen mehr oder weniger geglückten Versuchen kommt es zum Showdown. Aug' in Aug' stehe ich Bernd Beuschel, Henz' Spielpartner in der Bezirksliga-Mannschaft, gegenüber. Strafstoß für mich, vier Meter vom dem Beuschel'schen Kasten. Langer Anlauf, eine blitzartige Schussbewegung und schon zappelt das Ding im Netz, während ich jubelnd abdrehe. Trotz einer Schussgeschwindigkeit von gefühlten 0,3 Stundenkilometern. Und nur ein ganz klein wenig deshalb, weil der gute Bernd sein Rad so ausrichtet, dass der Ball genau zwischen Vorder- und Hinterrad hindurchkullert. Habe ich ihn also auch noch getunnelt!

    Entspannt beobachte ich später, wie die richtigen Radballer das machen. Der RV, der im Dezember sein 125-jähriges Bestehen feiert, stellt eine Mannschaft in der Landesliga Nordbayern sowie zwei Teams in der Bezirksliga Ost. Henz' Sohn Florian, Max Pohly und Alexander Schwarz geben dem Ball einen ganz anderen Speed mit. Bis zu 90 km/h kann so ein Schuss schnell werden. „Die Jungs sind Mitte 20 und spielen seit rund 15 Jahren Radball“, beruhigt mich Henz. Mit meiner Premiere war er nicht unzufrieden. „Als die Angst vor dem Runterfallen weg war, hat es doch ganz gut funktioniert.“ Für mich bleiben zwei Erkenntnisse: großer Respekt vor dieser Sportart und fast noch größere Erleichterung, unverletzt wieder nach Hause gekommen zu sein.

    So funktioniert Radball

    Gespielt wird meist mit zwei Teams á zwei Spielern auf 11 x 14 Metern mit einem Ball von 18 Zentimetern Durchmesser. Alle vier Extremitäten müssen stets am Lenker bzw. an den Pedalen sein. Im eigenen Zwei-Meter-Kreis darf auch mit der Hand verteidigt werden. Berührt ein Spieler den Boden, muss er die eigene Toraus-Linie überfahren, um wieder im Spiel zu sein. Bei groben Fouls verhängt der Schiedsrichter einen Vier-Meter-Strafstoß. Der gegnerische Strafraum darf nur mit Ball befahren werden und jeweils nur von einem angreifenden Spieler, ein Verstoß wird mit einem Freistoß geahndet.

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