Ein wenig wehte das Flair der großen weiten Tenniswelt bei den mit insgesamt 5000 Euro dotierten 27. offenen Würzburger Damen-Tennismeisterschaften um die s. Oliver Trophy über die Anlage des TC Weiß-Blau Würzburg. Das hatten die beiden Finalgegnerinnen Catalina Pella (SV Zehlendorfer Wespen) und die an acht gesetzte Sarah Gronert (Tennisclub Bredeney Essen, DR 42) – ehemals Nummer 170 und 164 der Welt – im Gepäck. Ein wenig kurios, dass die argentinische Profi-Tennisspielerin Pella als ungesetzte ohne Satzverlust durch das Turnier marschierte und das Turniergeschehen ganz schön aufmischte. Doch die Erklärung hierfür war schnell gefunden.
Da Pella über keine Punkte in der deutschen Rangliste verfügt, ist sie auch dort nicht gelistet und hat keine Grundlage für die Einstufung in der Setzliste. Pella ist als Tennisprofi in der Weltrangliste vertreten. Als beste Platzierung im November 2016 auf Rang 173 geführt, möchte sie dort von ihrer aktuellen Position 417 wieder hin. Vor diesem Hintergrund war es eigentlich keine Frage, dass Pella zumindest bis ins Endspiel vorstoßen würde. Das Finale war da schon enger. Spannende und hochklassige Ballwechsel zeigte die Klasse der beiden Kontrahentinnen. Nach gewonnenem ersten Satz für Pella mit 6:4 war Durchgang zwei ein Leichtes, denn Gronert verletzte sich am Ellenbogen und musste bei 1:3 aufgeben.
Pella erzählte nach ihrem Erfolg von der Idee, mit den 1600 Euro gewonnenem Preisgeld ihre Schwester zum Essen einzuladen. „Und dann gehen wir auf Shoppingtour“, fügte sie lachend hinzu. Fast entschuldigend erklärte sie in ihrer Siegesansprache, dass sie zum ersten Mal in Deutschland, zum ersten Mal bei diesem Turnier am Start und der Sieg völlig überraschend sei. Außerdem seien ihr die übrigen Teilnehmerinnen alle unbekannt.
Grand Slam Turniere im Blick
Der Name Pella ist allerdings kein unbekannter in der internationalen Tennisszene, denn Bruder Guido Pella hat sich dort bereits einen Namen gemacht. Derzeit bei den BMW Open in München am Start, tritt er als Weltranglisten 58. immer wieder gegen die ganz großen des weißen Sports auch bei Grand Slam Turnieren an. „Mein Vorbild“, schwärmte Schwester Catalina, die im Augenblick noch kleinere Brötchen bäckt, für den SV Zehlendorfer Wespen in der Regionalliga mit Ziel Wiederaufstieg in die zweite Bundesliga antritt und sich danach wieder dem internationalen Geschäft widmen möchte und die Qualifikationen für die Grand Slam Turniere im Blick hat. Auf ähnlichem Weg war ihre heute 32-jährige Gegnerin Sarah Gronert in früheren Jahren.
Allerdings musste sie während ihrer Profilaufbahn, die von 2007 bis 2012 dauerte, mit der besten Weltranglistenposition Platz 164 (Mai 2012) nicht nur gegen Ball und Gegnerinnen kämpfen, sondern auch gegen wüste Anfeindungen. Sie kam nicht als Frau, sondern als Hermaphrodit – als Mensch, der beide Geschlechtsteile aufweist – auf die Welt, wie geschätzte 10 000 insgesamt in Deutschland. Üble Nachrede hatte ihr so sehr zugesetzt, dass sie die Profilaufbahn abbrach. Im Alter von 19 Jahren entschloss sie sich, als Frau zu leben, ließ ein gynäkologisches Gutachten anfertigen, das ihr weibliches Geschlecht bestätigt. Heute ist sie eine Tennis-Influencerin, die rund 40 000 Fans hat, die ihr auf Instagram folgen. Sie freut sich noch über 1000 Euro Siegprämie. Im vergangenen Jahr war noch gegen die damalige Siegerin und dieses Jahr Topgesetzte Laura-Ioana Paar (ehemals Andrei, TC Aschheim, DR 15) im Halbfinale Schluss gewesen. Diesmal nahm sie im Viertelfinale Revanche und besiegte Paar. Diese Runde überstand auch die mit 34 Jahren Älteste der gesetzten Spielerinnen Steffi Bachofer (TC Bernhausen, DR 37, an vier gesetzt) und traf dann auf Gronert, die 6:1, 6:3 gewann. Ebenfalls gleichziehen wollte die schon viele Jahre in Würzburg aufschlagende Franziska König (Iphitos München, DR 38, an fünf gesetzt), scheiterte aber an der an zwei gesetzten Lena Ruppert (GW Luitpoldpark München, DR 27) knapp in drei Sätzen.
„Wir haben wieder tolles Tennis gesehen“, fasste Goran Popov, Turnierdirektor und Cheftrainer von Weiß-Blau Würzburg das Turniergeschehen zusammen. Immerhin gehören die ersten 17 gemeldeten Spielerinnen zu den besten 100 der Republik. Für das Aushängeschild des Ausrichters, Anne Knüttel (DR 61), war allerdings wohl auch wegen des anstehenden Abiturstresses schon in der ersten Runde gegen die an drei gesetzte Oana Georgeta Simion (GW Luitpoldpar München, DR 36) Schluss. Auch die zweite Spielerin aus der Region, Lea Yaman (SB Versbach) verabschiedete sich nach dem ersten Auftritt.
Das Turnier in Zahlen Viertelfinale: Gronert (TC Bredeney Essen) – Paar (TC Aschheim) 7:5, 6:4; Bachofer (TC Bernhausen) – Balzert (TC Bredeney Essen) 6:3, 6:1; Pella (SV Zehlendorfer Wespen) – Simion (GW Luitpoldpark München) 6:3, 6:1; Ruppert (GW Luitpoldpark München) – König (Iphitos München) 3:6, 7:6, 6:2. Halbfinale: Gronert – Bachofer 6:1, 6:3; Pella – Ruppert 6:0, 6:1. Finale: Pella – Gronert 6:4, 3:1.