Wahrscheinlich blickt Kisan anders auf die Umwelt als ein Normalsterblicher. Immerhin hat er sich in seinem Leben überwiegend mit der Lehre von Stoffen beschäftigt. Der promovierte Chemiker, mittlerweile im Ruhestand, ist in der Welt der Atome und Moleküle zu Hause; vor Jahren hat er an einem 400 Seiten dicken Buch über die Metamorphose eines Chemiewerkes mitgeschrieben. Was das alles mit Tennis zu tun hat? Zugegebenermaßen nicht viel, außer vielleicht, dass ein laborgeschultes Auge hilft, Ballabdrücke besser zu identifizieren. Das ist Krisans selbst gewählte Beschäftigung nach seinem regulären Berufsleben.
Er betreibt die Schiedsrichterei leidenschaftlich gerne und es störte ihn auch nicht, dass er auf den fünf Zeller Sandplätzen nicht viel zu tun hatte. Denn die Rivalen um Pokale und Preisgelder – die Sieger bei den U-21-Wettbewerben erhielten erstmals 150 Euro – stritten sich kaum um Punkte außerhalb von Ballwechseln. „Es geht hier ausgesprochen fair zu“, urteilte Kristan und man merkte ihm an, dass er so am liebsten hat. Zwei Paradebeispiele, wie man im Sport miteinander umgeht, lieferten Niclas Schmidt (TC Blau-Weiß Würzburg) und Max Müller-Reiter (TC RW Lauda) ab. Die einzigen Worte, die Schmidt in Richtung des an Nummer eins gesetzten Kontrahenten und Titelverteidigers von sich gab, waren: Ein lang gezogenes, fränkisches „Danggge“ und ein rollendes „Sorry“. „Es müsste schon viel passieren, bevor die beiden aneinander geraten“, sagte Max' Mutter, die das Halbfinale der U-16-Konkurrenz auf einem Camping-Stuhl verfolgt hatte.
Als sie ihn zusammenpackte und es für sie und die beiden Söhne zurück ins liebliche Taubertal ging, besann sich Schmidt, 15 Jahre, weiterhin seiner guten Manieren. „Wir verstehen uns auch abseits des Platzes prima.“ Mit 6:4, 4:6 und 6:3 hatte er Müller-Reiter etwas überraschend besiegt. „Max hat heute viele einfache Fehler gemacht. Davon habe ich profitiert.“ Später gewann Schmidt auch das Finale gegen seinen Klub-Kollegen und Freund Andreas Wennmann. Für Träumereien ist bei dem Schüler, dem naturwissenschaftliche Fächer liegen, trotzdem kein Platz. „Eine Profi-Laufbahn werde ich wohl nicht mehr einschlagen. Dafür ist es zu spät“, sagte Schmidt, der immerhin bereits in der dritten Männer-Mannschaft des TC Weiß-Blau Würzburg aufschlägt.
Schwestern-Duell im U-21-Finale
Es sind Starter wie Schmidt, die das Zeller Organisationsteam um Karl Graf und Werner Reinhart gerne auf der Anlage sehen. Fast ein wenig stolz erzählten sie von den beiden bulgarischen Schwestern Angela und Hristina Dishkova, die beim PTC Rot-Weiß Potsdam gemeldet sind und das U-21-Finale unter sich ausspielten. Einziger Wermutstropfen war, dass sich zu wenige U-14-Spielerinnen für das Turnier gefunden hatten. Aber darüber konnte man bei 92 Startern hinwegsehen.