Hiobsbotschaft für die Drittliga-Handballerinnen des HSV Bergtheim vor dem Heimspiel am morgigen Samstag gegen die HSG Freiburg (18 Uhr, Willi-Sauer-Halle): Julia Lenz fällt für unabsehbare Zeit aus. Was der 29-jährigen Rückraumspielerin tatsächlich fehlt, wollen Spezialisten ab Montag in München klären. „Vielleicht“, sagt die Arzthelferin, „war's das mit dem Handball“.
Plötzlich steht die Uhr still, Minuten werden zur Unendlichkeit, Tage wollen nicht vergehen. Auf einmal ist nichts mehr so, wie es einmal war. „Die Finger sind nicht richtig durchblutet, sie werden schneeweiß, und du hast kein Gefühl mehr“, kennt Julia Lenz die Symptome, Gründe dafür wollen Ärzte an einem Münchner Klinikum am Montag liefern. „Im schlimmsten Falle“, hätten ihr die bislang konsultierten Ärzte gesagt, „müssten die Finger abgenommen werden.“ Die Stimme von Julia Lenz ist zittrig, von der Strahlkraft der ansonsten immer gerne zu Späßen aufgelegten 29-Jährigen ist nicht mehr viel übrig. „Die Ungewissheit, woran es liegt, dass ich diese Schübe habe, lassen mich nicht schlafen. Ich kann das einfach nicht ausblenden“, sagt sie, um dann doch für einen Moment lang das zu tun, was sie immer gemacht hat, wenn es in ihren Leben ernst geworden ist – sie richtet den Blick nach vorne, vorsichtig zwar, aber ihre Reise in die Zukunft ist begleitet von einer Prise Zuversicht: „Vielleicht wird ja alles gut. Ich hoffe es doch.“
In den vergangenen Tagen hat die Arzthelferin viel von Medizinern gehört, düstere Aussichten wurden ihr prognostiziert und auch Hoffnungen: „Erst wenn wir wissen, was tatsächlich ist, können wir in die Zukunft schauen.“ In der Vergangenheit hat Julia Lenz einiges mitgemacht, sie brach sich das Handgelenk, verpasste den Saisonstart vor einem Jahr wegen eines Muskelfaserrisses – und jetzt das, was Lenz noch nicht erlebt hat und die Verletzungen vergangener Tage als kleine Wehwehchen erscheinen lässt. „Jetzt meldet sich der Körper“, sagt die ausgebildete Praxismanagerin, die diese quälende Zeit als einen „Wendepunkt“ bezeichnet: „Ich habe 13 Jahre lang nur für den Beruf und den Handball gelebt. Vielleicht rächt sich das jetzt alles.“
Medizin war der Handball schon immer gewesen. Erst vor gut zwei Wochen, als ihr Großvater, der immer seinen Platz vor der Regie in der Willi-Sauer-Halle hatte und ihr treuester Fan war, verstarb, da packte sie das gelbe Leder wieder. Sie wollte einfach nur gut spielen, auch wenn der Großvater erstmals nicht auf seinem Stuhl vor der Regie gesessen hat. „Ich wollte alles richtig machen – für ihn.“ Die Partie ging verloren, wie alle bislang in dieser Drittliga-Runde. „Egal“, sagt Lenz, „wir sind in dieser Liga als kleiner Ort vertreten. Da genießen wir jede Minute, die wir dort spielen können. Was wir da lernen, kann uns keiner mehr nehmen.“
Nur Lenz wird fortan fehlen, am Samstagabend wird sie trotz der Ungewissheit über ihre Zukunft in der Willi-Sauer-Halle sein und für eine Stunde vielleicht alle Sorgen ausblenden. „Ich brauche die Mannschaft, und ich hoffe, dass mich die Mannschaft auch braucht.“ Vor allem aber braucht Julia Lenz eines: Gesundheit.
HSV Bergtheim – HSG Freiburg (Samstag, 18 Uhr, Willi-Sauer-Halle)
Nach drei Niederlagen und dem Abrutschen ans Tabellenende wartet auf Drittliga-Neuling HSV Bergtheim (14./0:6) mit der HSG Freiburg (5./4:2) ein Kontrahent, den HSV-Trainer Wolfgang Kreisel vor der Saison noch als einen „Gegner auf Augenhöhe“ bezeichnet hat. „Unsere bisherigen Leistungen haben noch nicht für die Dritte Liga gereicht. Sollten wir weiterhin nicht clever genug spielen und auch die Fehlerquote nicht reduzieren, wird es ohne Julia Lenz gegen Freiburg ganz schwer.“ Trotzdem hat Kreisel die Hoffnung noch nicht aufgegeben: „Wir können mithalten, dafür aber muss vieles passen. Wieso nicht am Samstag?“