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Müssen elf Reitpferde bald zum Schlachter?

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Müssen elf Reitpferde bald zum Schlachter?

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    Der Anlage des Anstoßes: Um dieses Reitanwesen in Rottenbauer wird heftig und gerichtlich gestritten.
    Der Anlage des Anstoßes: Um dieses Reitanwesen in Rottenbauer wird heftig und gerichtlich gestritten. Foto: FOTO FABIAN FRÜHWIRTH

    Um dieses zerrüttete Anwesen dreht sich alles. Als sei gestern erst ein heftiges Unwetter durch Rottenbauer gezogen, so sieht die Reitanlage von außen aus. Die Müllabfuhr meidet den Ort offensichtlich. Die Tonnen quellen über. Auf dem Hof stehen verlassene Container und so viele leere Flaschenkästen, dass man sich mit dem Pfand eine nette Summe hinzu verdienen könnte. Gut drei Monate nachdem der Zehn-Jahres-Vertrag mit dem alten Pächter Ladislaus Smykal-Meyer ausgelaufen ist, könnte man die Atmosphäre des Stalls als Kulisse für einen Gruselfilm verwenden.

    Damit soll nun bald Schluss sein, so Gottfried Fuchs, der Vereinsvorsitzende des TSV Rottenbauer. "Die Anlage ist marode, sie muss erhalten bleiben", sagt der 48-jährige Finanzberater. Ein neuer Pächter soll kommen, den Namen verrät er nicht. Aber dieser soll renovieren. Das ist der Plan. Und das ist das Problem.

    Pläne machen Eltern Angst

    Dieser bevorstehende Wandel nämlich macht Eltern Angst und lässt die Kinder um ihre Pferde bangen. Roman Weigel, dessen zwei Töchter Franziska (13) und Luisa (17) jahrelang in Rottenbauer Spaß im Stall hatten, sieht pessimistisch in die Zukunft: "Die Reitanlage wird platt gemacht, sie wird ausgeblutet." Christel Geisel (64), Mitglied im Vorstand der Reitabteilung des TSV, schwant Übles: "Bald müssen die Pferde zum Schlachter!"

    Was ist da los? Mittendrin steht eine Reitlehrerin, die von den Eltern gemocht wird, die für ihre gute Arbeit im Sommer mit einer Ehrenmedaille in Silber ausgezeichnet wurde, die 60 Stunden pro Woche mit Tieren und Kindern arbeitet. Und unter der in den letzten zwei Jahren besonders das Voltigier-Reiten floriert ist: Anett Meyer. TSV-Vorsitzender Fuchs sagt über Meyer, sie sei eine hervorragende Reitlehrerin. Das klingt seltsam, denn die beiden stehen sich demnächst vor Gericht gegenüber. Außerhalb des Gerichtssaals scheint der Konflikt um die Reitanlage in Rottenbauer auch nicht zu lösen sein. Keine der Parteien will zwar offiziell eine Schlammschlacht, und keine will die andere angreifen. Aber jeder beharrt hartnäckig auf seinem Recht.

    Ein Vater, Roman Weigel, suchte die Öffentlichkeit als Druckmittel. Er schrieb eine lange E-Mail an diese Zeitung. Tenor: Erwachsene seien nicht in der Lage, vernünftig miteinander umzugehen.

    Abstimmung gegen Reitlehrerin

    Der angegriffene Vorsitzende Fuchs verteidigt sich am Telefon. Er verstehe den Ärger, aber das alles gehe die Öffentlichkeit eigentlich nichts an. Aber warum verlängerte Fuchs nicht einfach den Pacht-Vertrag mit der beliebten Reitlehrerin? "Sie vernachlässigte die Pflege der Anlage", ist sein Argument und er stützt sich dabei auf eine Abstimmung im Verein: 15 zu null gegen Meyer. "Ich muss auch die wirtschaftliche Lage betrachten", meint Fuchs, "da kann ich mich nicht nur nach den Eltern richten." Er nennt die Entscheidung sinnvoll für den TSV und stöhnt über die Last, die sein Ehrenamt in sich berge. Er sei der Beschossene, der Kritisierte. Er sagt überzeugt: "Ich habe einen Verein zu führen."

    Was wird sich ändern? Das Voltigier-Reiten dürfte wegfallen. Der neue Pächter - die Spekulationen führen zu "Amara", einem Verein für Behinderte - bietet wohl nur therapeutisches Reiten an. Die Zahl der angemeldeten Reiter dürfte dann dramatisch sinken.

    Reitlehrerin Meyer kämpft und verteidigt sich. Die Anlage sei vor zehn Jahren, als sie sie mit ihrem Ehemann übernommen hat, nicht bewirtschaftbar gewesen, sagt die 37-Jährige. Zu 90 Prozent habe sie selbst dafür gesorgt, dass in Rottenbauer geritten werden konnte. Aber warum sieht die Anlage dann so marode aus? "Im letzten Jahr hing es in der Schwebe, ob ich bleiben kann. Da stecke ich doch kein Geld rein, wenn mir danach in den Hintern getreten wird", sagt Meyer. Laut ihren Angaben hat die Reitlehrerin im letzten Jahr 15 000 Euro durch ihre Pferdeschule verdient. Diese Summe sei nach nach Abzug von Pacht und Futterkosten von den Reithonoraren für ihr Privatleben übrig geblieben. 15 000 Euro. Für ein Jahr.

    Sucht man nach den Wurzeln der Konflikte, stößt man oft auf persönliche Differenzen zwischen den Parteien. Doch das bleibt meist vage. Oder es geht um Geld. Das lässt sich schon eher belegen. 150 Personen reiten in Rottenbauer, nur 76 sind Mitglieder beim TSV. 70 Kinder sind beim Voltigieren, nur 25 davon im Verein. Entging dem Verein vor seiner Haustür zu viel Bares, weil Leute ritten, ohne dass der TSV dafür Mitgliedsbeiträge sah? Christa Geisel, führendes Mitglied der Reitabteilung, meint: "Fuchs geht ein großes Risiko ein, wenn er versucht, einige Pfennige zu gewinnen, indem er Kindern ihr zweites Zuhause wegnimmt."

    Räumungsklage gegen Meyer

    Zurzeit ist Meyer noch in Rottenbauer tätig und lässt sich für ihren Reitunterricht bezahlen. Obwohl sie keinen gültigen Pachtvertrag mehr besitzt. Sie weigert sich wegzugehen. Immerhin begleicht sie die Miete, 1400 Euro pro Monat. Doch Fuchs hat längst eine Räumungsklage erlassen. Meyer meint, es gelte ein Handschlags-Vertrag, darauf berufe sie sich. Sie bewegt sich damit wohl auf dünnem Eis.

    Am 26. November geht es vor Gericht, dann wird das Verfahren eröffnet. Die letzten "Friedensverhandlungen" scheiterten vor etwa zwei Monaten. Da hatte der Würzburger Sportreferent Reiner Hartenstein die Reitlehrerin Meyer und den Vorsitzenden Fuchs an einen Tisch gebeten. Doch Fuchs war ferngeblieben.

    Was passiert, wenn Reitlehrerin Meyer vor Gericht gewinnt? Dann will sie die Reitanlage groß aufziehen. Sie meint, dann besitze sie die nötige Sicherheit dafür. Sie hat Kinder und Eltern auf ihrer Seite. Doch ihr Risiko ist hoch. Verliert sie vor Gericht, verliert sie zugleich ihre persönliche Lebensaufgabe. Dann hat sie elf Pferde, ist arbeitslos und wohl bankrott.

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