Besser als erwartet, aber dennoch enttäuscht: Jan Wolfgarten vom SV Würzburg 05 gewann bei der Freiwasser-EM in Eilat/Israel über fünf Kilometer Silber (wir berichteten). Nach einer enttäuschenden Saison im Becken schloss der 29-Jährige aus Rottendorf sein Schwimm-Jahr damit versöhnlich ab. Kurz nach dem Rennen war er aber unzufrieden: „Ich hatte im Vorfeld einen Magen-Darm-Virus. Dazu kam auch noch Pech mit der Startnummer.“ Eine frühe Startposition hatte es dem am Ende siegreichen Italiener Simone Ercoli ermöglicht, im Zeitschwimmen zwei Runden lang in Wolfgartens Gefolge Kraft zu sparen. Bis 200 Meter vor Schluss hatte der Rottendorfer noch in Führung gelegen.
Nun ist Wolfgarten zurück in Würzburg – und die EM nur eine Zwischenstation auf dem Weg zum großen Ziel: Olympia 2012 in London. Dem ordnet er alles unter, um die Enttäuschung der verpassten Qualifikation für Peking 2008 über 400 m Freistil wettzumachen. Den Spagat mit Freiwasser und Becken will er deshalb nicht mehr eingehen: „Ich konzentriere mich nur noch auf die Langbahn im Becken.“ Diesmal will er über 1500 Meter der internationalen Konkurrenz Paroli bieten.
Studium in den USA
Früh kam Wolfgarten zum Schwimmen. Rasch stellten sich Erfolge ein: „Ich wurde einfach immer besser.“ Um die Karriere voranzutreiben, studierte der gebürtige Frankfurter in Gainesville, Florida. Die dortige Uni gilt neben Stanford als Aushängeschild beim Schwimmen. In den USA erhöhte er sein Trainingspensum von 45 auf 80 Kilometer in der Woche. „Zweifel, ob es mit der Profikarriere wirklich hinhaut, hatte ich nie.“
Wenn man Wolfgarten gegenüber steht, fällt einem schnell sein Tattoo eines Karpfen-Kois ins Auge: „Das soll Willenskraft und Glück symbolisieren.“ Neben Wettkampfhärte beim Schwimmen besonders wichtig, so der Langstreckler. „Bei mir stellen sich relativ schnell ansprechende Ergebnisse ein. Ich stehe mir dann aber selbst im Weg, wenn es nicht kontinuierlich so weitergeht“, hält Wolfgarten die Ungeduld für seine größte Schwäche.
Nach dem Studium in den USA ist Wolfgarten 2007 aufgrund der hervorragenden Trainingsbedingungen in Würzburg gelandet. Der Kontakt zu Thomas und Stefan Lurz, Aushängeschild und Trainer der Würzburger Schwimmer, entstand bei der EM 2006 in Budapest: „Ich fühle mich hier richtig wohl.“ Das Trainingsprogramm aber ist umfangreich, 17 Einheiten stehen Woche für Woche an. Von der großen Konkurrenzsituation mit dem mehrfachen Weltmeister Thomas Lurz versuche er zu profitieren: „Manchmal steht man schon im Schatten von Thomas. Seine Erfolge sind aber nicht mein Maßstab.“
2012 soll Schluss sein
Finanziell gesehen ist Wolfgarten mit dem Schwimmsport nicht auf Rosen gebettet: „Durch Sporthilfe, Sponsoren, Verein und Übungsleiterstunden bleiben mir 1000 Euro im Monat.“ 2012 ist aber mit dem Profisport Schluss. Pläne für die Zeit danach gibt es bereits: Im Winter lässt sich der Rottendorfer an der Deutschen Sportakademie in Köln zum zertifizierten Personal-Trainer ausbilden. Er will auf seinem Bachelor in Sportmanagement aufbauen. „Der Leistungssport-Hintergrund sollte dabei ungemein helfen.“ Demnächst wolle er mal beim SVW 05 als Personal-Trainer reinschnuppern.
Der Fokus liegt aber auf Olympia in London. „Die Normzeit über 1500 Meter ist mit wohl 15:05 Minuten zwar wirklich happig, aber wenn ich so weiter trainiere, halte ich es für realistisch, dass ich dabei bin.“ Der Richtwert orientiert sich am Zehntplatzierten der letzten WM. Davon ist Wolfgarten im Moment noch ein gutes Stück entfernt, im Oktober startet die Olympia-Vorbereitung. Die Qualifikation steht im Mai an. Dann zeigt sich, ob es für den großen Traum und einen gelungenen Karriere-Abschluss reicht.