Ärmel hoch: Wo am Sonntag nach dem Elfmeter-Krimi gegen Saarbrücken und dem Aufstieg in die Dritte Liga noch jubelnde Kickers-Spieler übereinander herfielen, wo sich Fans in den Armen lagen – dort bestimmen 48 Stunden später Bauarbeiter und Maschinen das Bild. Würzburg, besser gesagt die Kickers, machen jetzt auch ihre Infrastruktur fit für den Profi-Fußball.
Die Mannschaft selbst darf nach dem größten Erfolg der jüngeren Vereinsgeschichte und vor dem Trainingslager ab 14. Juni in Wörgl/Tirol durchschnaufen. Eine Handvoll Spieler hat sich vom „Dalle“ (Dallenberg) nach „Malle“ (Mallorca) verabschiedet, einige haben sich zurückgezogen, andere genießen Zeit mit ihrer Familie, erzählt Vorstandsvorsitzender Michael Schlagbauer. Vorgesehen ist noch ein Empfang durch die Stadt. Der Termin und die Details sind noch mit dem Rathaus zu klären.
Fest steht dagegen der Tag X, bis zu dem die Kickers ihr Stadion drittligatauglich umgerüstet haben müssen: Am 14. Juli ist laut Schlagbauer Abnahme durch den DFB und die Stadt. Dann muss der Spielerübergang von den Kabinen aufs Feld „kreuzungsfrei“ angelegt sein. Es bedarf einer neuen Beschallungsanlage, einer Notrufeinrichtung und Videokameras. Toiletten werden erneuert, die Nord-Tribüne betonsaniert, für die Südtribüne ein neuer Gästezugang gebaut. Die laufenden Pflasterarbeiten sollen bis dahin abgeschlossen sein, gerade wird die Beregnungsanlage fürs Spielfeld mit größeren Sprengern versehen. Auch in den Kabinen wird noch Hand angelegt. Und selbst den Umbau der Haupttribüne zu einer reinen Sitzplatztribüne will man in diesen sechs Wochen schaffen.
Zuschuss von der Stadt
Auf rund 1,5 Millionen Euro taxiert der Kickers-Chef die angelaufenen Sanierungsarbeiten, drei Viertel davon sind schon verbaut – finanziert aus den Kickers-Pokalerlösen des letzten Jahres und durch eine Umschuldung. Für die weiteren Arbeiten braucht der Verein nun dringend die von der Stadt im Haushalt eingestellten 300 000 Euro Zuschuss. „Noch ist das Geld nicht da“, sagt Schlagbauer. Er macht keinen Hehl daraus, dass er für die Zukunft auf eine stärkere finanzielle Unterstützung durch die Stadt baut. Die Kickers seien in der Dritten Liga der einzige Verein mit einer eigenen Anlage, alle andere Stadien seien in kommunaler Hand. „Wenn wir schon eine solche infrastrukturelle Aufbauarbeit leisten, sollten wir den Aufwand gemeinsam tragen.“ Der Verein stoße mit den aktuellen Maßnahmen an seine Grenzen. „Wir brauchen die Stadt für den Unterhalt.“
Dass Würzburg vom Aufstieg der Kickers in den Profifußball profitiert, ist unstrittig. Es werden deutlich mehr Gäste aus ganz Deutschland in der Stadt erwartet. Das freut Tourismus-Direktor Peter Oettinger: „Viele auswärtige Fußballfans werden unsere Stadt kennen lernen, unsere Hotels und Restaurants besuchen und später zuhause ihren Freunden und Bekannten davon berichten.“ Oettinger erwartet neben der wirtschaftlichen Komponente auch positive Image-Effekte, Weiterempfehlungen und neue Gäste für Würzburg.
Damit sich die Stadt ab dem Liga-Start Ende Juli als guter Gastgeber präsentiert, strebt Kickers-Boss Schlagbauer eine noch bessere Verzahnung zwischen Verein, Stadt und Behörden an. Ziel: Reibungslose Abläufe für alle Beteiligten. In den vergangenen Monaten hatte es mehrfach Gerangel mit der Stadtverwaltung um Genehmigungen gegeben, so für die neue Flutlichtanlage. Anlieger aus der Nachbarschaft hatten geklagt und gegen eine übermäßige Belastung durch Fans protestiert. Selbst zum Relegationsspiel am Sonntag gab es negative Stimmen wegen des Lärms – was zu Diskussionen und überwiegend Unverständnis in den sozialen Medien führte.
Regelmäßig in der Sportschau
Schlagbauer, im Hauptberuf Zahnarzt und seit 2001 an der Kickers-Spitze, verweist auf die Chancen der Dritten Liga als bundesweite Werbeplattform für Würzburg: „Ob Kickers, Baskets oder Wölfe – der Sport zeigt, dass die Stadt dynamisch ist. Dass etwas geht, wenn man sich gemeinsam anstrengt.“ Sollten sich die Münchner Löwen am Dienstagabend den Verbleib in der 2. Bundesliga gesichert haben (Spiel bei Redaktionsschluss nicht beendet), wären die Kickers der einzige bayerische Vertreter in der Dritten Liga. Eine hohe Aufmerksamkeit durch TV-Bilder ist jedenfalls gewiss. In der neuen Saison werden die Kickers samstags ab 18 Uhr in der ARD-Sportschau zu sehen sein und zuvor regelmäßig im Bayerischen Fernsehen.
Erste Liga Basketball, zweite Liga Handball, dritte Liga Fußball – Würzburg sollte als Sportstadt, als Fußballstadt ruhig selbstbewusster auftreten, findet Schlagbauer. „Wir brauchen uns doch nicht hinter Heidenheim oder Aalen zu verstecken, sondern sollten lieber mal nach Freiburg oder Regensburg schauen.“ Dort hat die Stadt für 53 Millionen Euro an der A 3 ein neues Stadion gebaut. Gerüchten zufolge gibt Gedankenspiele in diese Richtung auch in Würzburg. Möglicher Standort: an der B 19, hinter Ikea. Alles nur Utopie, Träumerei? Da gibt der Kickers-Chef den Diplomaten: Voraussetzung sei für ein solches Projekt ein nachhaltiger Erfolg. „Aber man hat ja gesehen, was aus Träumen entstehen kann.“