Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

MÜNCHEN: 44 Millionen Dollar Schmiergeld?

MÜNCHEN

44 Millionen Dollar Schmiergeld?

    • |
    • |
    Auf der Anklagebank: Gerhard Gribkowsky, ehemaliger BayernLB-Vorstand (Mitte), wartet in München mit seinen Anwälten Dirk Petri (links ) und Rainer Brüssow (rechts) auf den Prozessbeginn.
    Auf der Anklagebank: Gerhard Gribkowsky, ehemaliger BayernLB-Vorstand (Mitte), wartet in München mit seinen Anwälten Dirk Petri (links ) und Rainer Brüssow (rechts) auf den Prozessbeginn. Foto: Foto: dpa

    Karl Marx und Friedrich Engels, die Urväter der kommunistischen Ideologie, sahen in den Banken bekanntlich ein Instrument des Klassenfeindes. Ausgerechnet auf die berühmteste Schrift dieser beiden Herren griff Rechtsanwalt Rainer Brüssow gestern zurück, um die millionenschweren Schmiergeldvorwürfe der Staatsanwaltschaft München gegen Ex-Landesbank-Vorstand Gerhard Gribkowsky (53) als „heilige Hetzjagd“ zu geißeln. Im kommunistischen Manifest sei vom „Gespenst des Kommunismus“ die Rede. „Welches Gespenst treibt die Staatsanwaltschaft um?“, fragte Brüssow und gab die Antwort gleich selbst: „Es ist das Gespenst der Korruption.“

    Der erste Tag des spektakulären Mammutprozesses beim Landgericht München begann gestern mit einem bemerkenswerten Auftritt des Angeklagten. Um 9.55 Uhr betritt Gribkowsky den großen Sitzungssaal. Er wird aus seiner Zelle in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim vorgeführt, wo er seit Januar in Untersuchungshaft sitzt. Aber er macht dabei eher den Eindruck, als käme er direkt von einer Vorstandssitzung. Gribkowsky trägt einen dunklen Anzug mit Weste samt goldener Krawatte und Einstecktuch. Er stellt sich breit lächelnd zu seinen drei Anwälten und lässt sich minutenlang bereitwillig fotografieren. Schuldbewusstsein lässt er nicht erkennen. Jede Geste soll offenbar Zuversicht ausstrahlen.

    Aus Sicht der Staatsanwaltschaft besteht dafür keinerlei Anlass. Sie wirft Gribkowsky vor, bei der BayernLB rund 66 Millionen Dollar veruntreut und an Formel-1-Chef Bernie Ecclestone gezahlt und dafür im Gegenzug von Ecclestone 44 Millionen Dollar Schmiergeld kassiert zu haben. Steuern soll er dafür auch nicht gezahlt haben. Dafür drohen bis zu 15 Jahre Haft.

    Gribkowsky schweigt. Die Frage des Vorsitzenden Richters Peter Noll, ob er sich zu der Anklage äußern will, beantwortet er kurz und knapp: „Nein, danke.“ Seine Anwälte reden dafür umso mehr. Ihre Botschaft lautet zusammengefasst: Gribkowsky hat beim Verkauf der Anteile an der Formel 1 zugunsten der BayernLB erfolgreich verhandelt. „Fakt ist, dass unser Mandant – bildlich gesprochen – eine Bombe entschärft hat“, sagt Rechtsanwalt Brüssow. Der BayernLB habe bei der Formel 1 ein „Totalverlust“ gedroht. Die Millionen von Ecclestone sind laut Verteidigung Beraterhonorare und hätten mit diesem Geschäft nichts zu tun. Die Anklage werde in sich zusammenfallen.

    Doch die drei Anwälte beschränken sich nicht darauf, ihren Mandanten zu verteidigen. Sie gehen gleich zum Auftakt des Prozesses frontal auf Gericht und Staatsanwaltschaft los. Dirk Petri fordert eine dienstliche Erklärung von Richtern und Schöffen, dass jede Befangenheit ausgeschlossen sei. Begründung: Die BayernLB gehöre dem Freistaat Bayern, der zugleich Dienstherr der Richter sei. „Die Berufsrichter der Kammer stehen damit im Lager der Bayerischen Landesbank“, sagte Petri. Sein Kollege Daniel Amelung fordert eine Verbindung des Verfahrens um den Verkauf der Formel 1 mit dem Verfahren um das Geschäft mit der Kärntner Staatsbank Hypo Groupe Alpe Adria. Die Trennung beider Verfahren sei „willkürlich“. Bis dahin sei der Prozess auszusetzen. Welches Kalkül dahintersteckt, offenbart später Verteidiger Brüssow: „Man braucht Herrn Gribkowsky nur aus der Haft entlassen, dann sind alle Probleme beseitigt.“

    Die härtesten Vorwürfe aber erheben die Verteidiger gegen die Staatsanwaltschaft. Sie sei getrieben „vom Gespenst der Korruption“, habe „einseitig und befangen“ ermittelt und sei „bisher nicht gewillt, sich mit allen Fakten auseinanderzusetzen“. Wichtige Zeugen seien nicht gehört worden, und die Beweiswürdigung sei „einseitig und tendenziös“, was zu einer öffentlichen Vorverurteilung ihres Mandanten geführt habe.

    Der Prozess wird vermutlich einige Zeit dauern. 26 Verhandlungstage sind angesetzt.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden