Nach den Beschreibungen seiner Unterstützer ist Hadi Arefi ein geradezu mustergültiger Einwanderer: Seit vier Jahren in Deutschland, hat Arefi schnell Deutsch gelernt. Er wohnt in einer Wohngemeinschaft im Landkreis Dachau, spielt Fußball, hat eine Freundin und eine geregelte Arbeit. Dort ist er zuverlässig und wird gebraucht: „Er ist gut eingearbeitet, kommt nicht zu spät“, sagt sein Chef Andreas Eisenbach, Geschäftsführer der Großwäscherei Kress.
Doch zurzeit kommt Arefi gar nicht zur Arbeit. Denn er ist abgelehnter Asylbewerber, sollte am 19. Januar abgeschoben werden. Arefi saß schon im Flugzeug. „Weil er sich geritzt hat, weigerte sich die Crew, ihn mitzunehmen“, sagt Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Deshalb sei er dann ins Bezirkskrankenhaus Haar gekommen. Dort befindet er sich derzeit. Sein Chef würde Arefi gerne wieder am Arbeitsplatz sehen. „Jetzt haben wir eine Lücke“, sagt Eisenbach.
Dass in Deutschland gut integrierte Asylbewerber abgeschoben werden, kommt immer wieder vor. Doch die Innenminister der Länder denken derzeit darüber nach, Abschiebungen nach Afghanistan ganz auszusetzen. Bei der nächsten Innenministerkonferenz soll darüber entschieden werden. Doch möglicherweise kommt Arefi schon vorher wieder an die Reihe.
Im Landtag wartet derzeit eine Petition für Arefi auf ihre Behandlung. Wenn die Abgeordneten kein Interesse an dem Fall zeigen, wird voraussichtlich früher oder später ein zweiter Abschiebungsversuch folgen.
Afghanistan ist seit über 30 Jahren Kriegsgebiet, und auf den Friedhöfen vieler Dörfer zeigen grüne Fahnen die Gräber derjenigen an, die als „Märtyrer“ im Laufe der nicht enden wollenden Kämpfe gestorben sind. Eigentlich gilt in der deutschen Asylpolitik der Grundsatz, dass in Kriegsgebiete nicht abgeschoben wird – im Fall Afghanistan werden jedoch gelegentlich Ausnahmen gemacht.
Viele Abschiebungen Richtung Hindukusch gibt es ohnehin nicht. „Die Zahlen der Rückführungen nach Afghanistan sind bundesweit gering, 2013 gab es in Bayern nur drei Fälle, in denen die Rückkehr zwangsweise vollzogen werden musste“, sagt ein Sprecher des Innenministeriums.
Nach den Vorgaben der Innenministerkonferenz können drei Gruppen von Menschen nach Afghanistan abgeschoben werden: Straftäter, als „Gefährder“ eingestufte religiöse Fanatiker und alleinstehende junge Männer, die seit weniger als sechs Jahren in Deutschland leben.
Arefi hat das Pech, zur dritten Gruppe zu gehören. „Dass man ohne Vorwarnung in seine Wohnung kommt, ihn mitnimmt und in Abschiebehaft steckt, ist für mich nicht nachvollziehbar“, sagt sein Chef Eisenbach. „Er hat sich nichts zuschulden kommen lassen, außer dass er zur falschen Zeit im falschen Land geboren ist.“ In München gibt es derzeit einen zweiten Fall, bei dem einem jungen Afghanen die Abschiebung droht.
Das Innenministerium verweist darauf, dass die Behörden an die Rechtslage gebunden seien. „Die bayerischen Ausländerbehörden vollziehen lediglich die Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge“, betont der Sprecher. Denn das Bundesamt entscheidet über die Ablehnung von Asylanträgen.
Nach Angaben des Flüchtlingsrats vollziehen jedoch Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein derzeit schon keine Abschiebungen nach Afghanistan mehr, weil sich die Rechtslage bald ändern könnte. Voraussichtlich noch im Februar kommt die Petition für Arefi im Landtag auf die Tagesordnung. „Wir hoffen, dass der Fall an die Härtefallkommission übergeben wird“, sagt Thal.