Der Gemeinderat Seeg möchte endlich Klarheit haben. Seit der Verhaftung des Bürgermeisters der Ostallgäuer Gemeinde Anfang des Jahres „ist alles so nebulös. Keiner weiß, gibt es eine Amtsenthebung und wenn ja, wann können wir wie weitermachen“, sagt der Zweite Bürgermeister Lorenz Schnatterer. Um diesen Zustand zu ändern, entschied sich der Gemeinderat in einer Sitzung jetzt einstimmig dafür, den noch amtierenden Bürgermeister in einem Brief um seinen Rücktritt zu bitten. Das Schreiben soll noch diese Woche an die JVA rausgehen, in der das Gemeindeoberhaupt seit Monaten in Untersuchungshaft sitzt.
Bürgermeister aus Seeg soll Corona-Hilfen erschlichen haben
Dem Bürgermeister und dem früheren Leiter des Seeger Caritasheims wird vorgeworfen, sich durch Scheinrechnungen zu Unrecht Corona-Hilfen in Millionenhöhe erschlichen zu haben. Beide sitzen seit ihrer Verhaftung im Januar in U-Haft. Dem Bürgermeister könnte zu einer strafrechtlichen Verurteilung auch eine Amtsenthebung drohen. Als hauptamtlicher Gemeindechef ist er ein gewählter Beamter. Verstößt ein Staatsdiener gegen Gesetze oder Normen, kann ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden. Zuständige Behörde dafür ist im Fall Seeg das Landratsamt Ostallgäu. Dieses aber hat die Befugnisse für ein Disziplinarverfahren wegen der schwere der Vorwürfe an die Landesanwaltschaft nach München übertragen.
In den Fall sind viele Behörden involviert, sagt Schnatterer. Und man wisse nicht, wie lange eine Entscheidung noch auf sich warten lässt beziehungsweise, wie diese dann ausfällt. Die Gemeindeverwaltung läuft derweil in einer Art Notbetrieb. Schnatterer selbst ist drei Tage die Woche in seinem Beruf als Key Account Manager eines großen Unternehmens tätig. Zwei Tage ist er Bürgermeister. Das aber reiche für eine große Gemeinde wie Seeg nicht aus.
Was würde ein Rücktritt des Bürgermeisters in Seeg bewirken?
Durch einen offiziellen Rücktritt Berktolds wäre es der Gemeinde möglich, Neuwahlen anzusetzen und nach Kandidaten für das Bürgermeisteramt zu suchen. „Damit könnten wir wieder zukunftsfähig planen“, sagt Schnatterer. Den Brief haben alle Seeger Gemeinderäte unterschrieben.
Robert Chasklowicz, der Anwalt des Bürgermeisters, wird nach eigenen Angaben voraussichtlich kommende Woche mit seinem Mandanten über die Bitte der Seeger Räte sprechen. Was er ihm dann raten wird, könne er noch nicht sagen. Was die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Nürnberg angeht, seien diese mittlerweile weitgehend, aber noch nicht vollständig abgeschlossen.