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REGENSBURG: Bischof Müller geht nach Rom

REGENSBURG

Bischof Müller geht nach Rom

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    Umstritten: Gerhard Ludwig Müller gilt als erzkonservativ und streitlustig. Im Vatikan genießt er hohes Ansehen.
    Umstritten: Gerhard Ludwig Müller gilt als erzkonservativ und streitlustig. Im Vatikan genießt er hohes Ansehen. Foto: Foto: DPA

    Clemens Neck musste sich auf die Lippen beißen, um nicht vorzeitig die Ernennung auszuplaudern. „Ich hatte einfach nicht mehr dementiert“, erzählt der Sprecher des bisherigen Regensburger Bischofs Gerhard Ludwig Müller. Seit Montag ist es endlich offiziell: Müller wechselt nach Rom. Morgens war er abgeflogen, seit zwölf Uhr führt er den Titel eines Erzbischofs und leitet die vatikanische Glaubenskongregation. „Die nächsten Tage nimmt er erste Termine als Präfekt war“, teilte Generalvikar Michael Fuchs in Regensburg mit.

    Für den 64-Jährigen beendete die Ernennung eine monatelange Hängepartie. Sein Wechsel in den Vatikan erschien schon im Januar fix, dann war angeblich wieder alles vom Tisch. Es hieß, der Papst zögere, zu viele Deutsche in Spitzenämter zu berufen. Mit seiner klaren Abgrenzung von der traditionalistischen Piusbruderschaft, die in Zaitzkofen ein Priesterseminar in seinem Bistum betreibt, hatte sich Bischof Müller in Rom nicht unbedingt Freunde gemacht. Jetzt wurde er in Rom auch Präsident der päpstlichen Kommission „Ecclesia Dei“, die Versöhnungsverhandlungen mit den Piusbrüdern führt.

    Spekulationen um seine Berufung in den Vatikan begleiteten Müller, der im Oktober 2002 vom Münchner Lehrstuhl weg Bischof wurde, seit geraumer Zeit. Schon 2010 sollte er Nachfolger von Kardinal Walter Kasper an der Spitze des päpstlichen Rats für die Einheit der Christen werden. Der Schüler des Mainzer Kardinals Karl Lehmann und Bonhoeffer-Kenner profilierte sich als Ökumeniker von Rang.

    Lange bevor ihn die Deutsche Bischofskonferenz mit der Leitung der Ökumenekommission betraute, war er im Dialog der Konfessionen aktiv. Allerdings lehnt Müller eine „Wischiwaschi-Ökumene“ ab. In seiner Laudatio auf den evangelischen Landesbischof Johannes Friedrich machte er sich 2011 für eine „Ökumene der Wahrhaftigkeit“ stark, die Differenzen nicht überspielt, aber das grundlegend Gemeinsame, die Taufe, nicht außer Acht lässt.

    Streitbar leitete Müller sein eigenes Bistum, servierte Kritiker ab, bestand auf seiner bischöflichen Autorität und teilte manche Spitze gegen Kirchenvolk-Katholiken aus.

    Sein Profil passte perfekt ins Raster für vatikanische Spitzenämter. In seinem Fach, der Dogmatik, ließ der intellektuell brillante Theologieprofessor keinerlei Abweichung zur römischen Lehre eindringen. Der Deutsche gehört weltweit zu den wenigen Theologen, die sich noch an eine Gesamtdarstellung der katholischen Dogmatik gewagt haben. Das 1000 Seiten starke Lehrbuch gilt als Standardwerk und ist sogar ins Chinesische übersetzt.

    Müller selbst beherrscht fünf Sprachen fließend. Seine Kenntnisse in Italienisch hat er gerade aufgefrischt. Professor Gerhard Ludwig Müller hat sich ein hohes internationales Renommee erworben. Er hielt Vorlesungen in Peru, Spanien, den USA, Indien, Brasilien und Rom. Mit dem lateinamerikanischen Befreiungstheologen Gustavo Gutierrez ist er befreundet, was ihn zuweilen dem Verdacht aussetzte, ein Linker zu sein. Doch sein Einsatz für die Armen beruht auf dem Gebot, Gott und die Menschen zu lieben. „Man kann nicht das Evangelium verkünden und darüber hinwegsehen, dass Menschen in furchtbarem Elend leben“, sagt Müller.

    Mit der Ernennung von Gerhard Ludwig Müller zum Präfekten der Glaubenskongregation erhält die römische Kurie bedeutend mehr deutsches Gewicht. Denn mit dem dritthöchsten Amt im Vatikan nach dem Papst und dem Kardinalstaatssekretär sind weitere wichtige Spitzenpositionen verbunden in der Päpstlichen Bibel- und der Internationalen Theologenkommission.

    Dass der neu ernannte Präfekt als konservativ und wenig reformfreudig gilt, wird in der Ära Papst Benedikts XVI. in Rom als passend empfunden. Vatikan-Insider meinen aber, der Papst habe mit der Ernennung Müllers in das Amt, das er selbst innehatte, so lange gezögert, weil einige Äußerungen Müllers zu theologischen Einzelpunkten in dessen über 400 Veröffentlichungen ihm nicht so ganz passten.

    Ein Glaubenshüter muss bekanntlich oft Nein sagen. Erwartet wird von Müller jedoch auch, dass er mit Blick auf das im Oktober beginnende „Jahr des Glaubens“ diesen positiv darzustellen wisse. Radio Vatikan erinnert in dem Zusammenhang daran, dass der Regensburger Oberhirte in Deutschland für Neu-Evangelisierung und Ökumene zuständig war.

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