Alle waren sie gekommen: CSU-Chef Horst Seehofer und sein Generalsekretär Andreas Scheuer sowieso, auch die Berliner Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, die bayerischen Kabinettsmitglieder Ilse Aigner (Wirtschaft), Joachim Herrmann (Inneres) und Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt. Natürlich saßen auch die drei Kinder von Franz Josef Strauß in der ersten Kirchenbank – Monika Hohlmeier, Max Josef und Franz Georg Strauß. Exakt an seinem 100. Geburtstag gedachte die CSU am Sonntag in Rott am Inn (Lkr. Rosenheim) ihres langjährigen Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß.
„Franz Josef Strauß war ein großartiger und außergewöhnlicher Mensch.“
Horst Seehofer, Ministerpräsident
Neben dem Altar stand ein Foto von „FJS“, wie seine Anhänger Strauß oft nannten, davor ein Blumengesteck – natürlich in den bayerischen Landesfarben Weiß und Blau. Gebirgsschützen der Kompanie Tegernsee, wo Strauß Ehrenmitglied war, geleiteten Seehofer in ihren Monturen in die Kirche. Auch eine Abordnung der Münchner Studentenverbindung Tuskonia war gekommen – Strauß war dort ebenfalls Mitglied.
Schon vor dem Gottesdienst hatte Seehofer Strauß als „großartigen und außergewöhnlichen Menschen“ gewürdigt. „Er war einer der Baumeister Deutschlands und Schöpfer des modernen Bayern“, sagte Seehofer über Strauß in die Kameras.
In seiner Predigt ging der Ortsgeistliche Klaus Vogl auf das Sonntagsevangelium mit dem Motto „Öffne dich für Gott und die Welt“ ein. „Diesem Aufruf hat sich Franz Josef Strauß gestellt“, sagte der katholische Priester, und diesem Aufruf müsse sich jede Generation neu stellen. Eine Enkeltochter von Strauß sang mit glockenklarem Sopran von der Empore das „Ave verum“ von Wolfgang Amadeus Mozart.
Vor der Gruft im Friedhof neben der Kirche waren mehrere Kränze aufgestellt – einer von Seehofer, einer von der Berliner CSU-Landesgruppe, auch einer von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. „In Liebe - Deine Kinder“ stand auf der Schleife eines weiteren Gebindes. Bei nasskaltem Wetter legten Seehofer und die Strauß-Kinder die Kränze nach dem Gottesdienst in der Gruft nieder. Dort ist der am 3. Oktober 1988 gestorbene Politiker neben seiner vier Jahre zuvor tödlich verunglückten Frau Marianne beerdigt.
Beim anschließenden Empfang kündigte Seehofer für den abendlichen Berliner Koalitionsgipfel zur Flüchtlingskrise Klartext gegenüber Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an. Er forderte von Merkel eine eindeutige Position bei der Verteilung der Flüchtlinge in der EU.
„Wir können nicht als Bundesrepublik auf Dauer bei 28 Mitgliedsstaaten beinahe sämtliche Flüchtlinge aufnehmen.“ Dies könne auf Dauer keine Gesellschaft aushalten. Konkret forderte der CSU-Vorsitzende deutlich schnellere Asylverfahren für Menschen ohne Bleibeperspektive. Er denke dabei an nur wenige Tage oder Wochen, präzisierte Seehofer.
Eine brisante Veröffentlichung ausgerechnet am 100. Geburtstag auf eine mögliche Agententätigkeit von Strauß für den US-Militärgeheimdienst OSS im Zweiten Weltkrieg spielte bei der Feier keine Rolle. Neu entdeckte Akten der Staatssicherheit der früheren DDR sowie des Bundesnachrichtendienstes sollen bislang unbekannte Hinweise auf eine nachrichtendienstliche Verbindung von Strauß zu den USA enthalten.