Auch nach einer Betriebsversammlung bei der mit Hygieneproblemen kämpfenden Großbäckerei Müller-Brot bangen die Beschäftigten weiter um ihre Arbeitsplätze. Die Angst unter den Arbeitnehmern sei nach der Versammlung am Samstagabend in Neufahrn größer als zuvor, sagte der Vertreter der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Mustafa Öz, am Sonntag.
Die Geschäftsführung sei jegliche Antwort auf die Frage schuldig geblieben, wie es nun mit den Beschäftigten und dem Unternehmen weitergehen soll. „Sie haben viel erzählt, aber wenig gesagt.“ Mehr als 500 Arbeitnehmer seien zu der Versammlung gekommen.
Die Löhne für den Januar sollten bezahlt werden, berichtete Öz. Wie es danach weitergehe, sei jedoch völlig offen. Alles hänge von der nächsten Kontrolle des Landratsamts am Freitag (17. Februar) ab. Danach wolle die Unternehmensleitung anfangen zu rechnen. „Alle 1100 Beschäftigten müssen zittern.“ Wenn die Behörde den Betrieb nicht wieder freigebe, sei das eine „Katastrophe“.
Die Geschäftsleitung habe zugegeben, dass das Unternehmen seit Beginn des Skandals Anfang Februar Millionenverluste habe verkraften müssen. „Es ist klar, dass wir mit Stellenverlusten rechnen müssen. Konkrete Zahlen wurden aber nicht genannt“, sagte Öz. Die Pächter, die zwei Drittel der 240 Müller-Brot-Filialen führen, sollten entschädigt werden.
„Wir haben die Notwendigkeit, die Öffentlichkeit zu informieren, völlig unterschätzt.“
Klaus Ostendorf, Müller-Brot-Eigentümer
Die Stimmung unter den Beschäftigten sei während der Versammlung umgeschlagen, „viele wurden sehr, sehr wütend und anklagend“. Besonders verärgert seien die Mitarbeiter darüber, nicht informiert worden zu sein. Seit acht Jahren schaffe es die Geschäftsführung nicht, das Unternehmen auf gesunde Füße zu stellen. „Die Mitarbeiter verzichten seitdem regelmäßig auf Lohnerhöhungen und Urlaubsgelder – mittlerweile kommt eine solche Forderung an sie fast monatlich.“ Dies habe sich über die Jahre auf rund zwölf Millionen Euro summiert.
Besonders enttäuscht seien die Mitarbeiter darüber gewesen, dass Mehrheitseigentümer Klaus Ostendorf nicht zu der Versammlung erschienen sei. „Viele fragen sich, ob sie ihm völlig egal sind.“
Ostendorf hatte am Wochenende in einem Interview zugegeben, dass sein Unternehmen „grobe Fehler“ gemacht habe. „Es wurde immer wieder versucht, die Schwachstellen zu beheben, was auch kurzfristig gelang. Das reichte nicht. Das war Mist. Jetzt packen wir die Sache grundsätzlich an“, sagte Ostendorf der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstag). Dazu gehörten Umbauten, eine Tiefenreinigung, das Versiegeln der Decken, ein neues Hygienemanagement und zusätzliche Spezialdienstleiter für die Reinigung und Schädlingsbekämpfung. „Wir stellen alles auf den Prüfstand.“ Für das Debakel der vergangenen eineinhalb Wochen übernehme er persönlich Verantwortung.
Sowohl das Hygienemanagement als auch die Kommunikation mit Kunden, Mitarbeitern und Partnern seien falsch gelaufen. „Wir haben die Notwendigkeit, die Öffentlichkeit zu informieren, völlig unterschätzt“, sagte Ostendorf.
Der für die Schließung der Großbäckerei verantwortliche Freisinger Landrat Michael Schwaiger glaubt derweil an die Zukunft des schwer angeschlagenen Unternehmens. „Wenn es Müller-Brot gelingt, durch offenes und transparentes Vorgehen die Verbraucher zu beruhigen beziehungsweise zurückzugewinnen, hat die Firma aus meiner Sicht gute Chancen für einen Neuanfang“, sagte der Kommunalpolitiker (Freie Wähler).
Die Produktion in der Fabrik ruht seit fast zwei Wochen, nachdem sich gravierende hygienische Mängel – unter anderem Mäusekot, Speisereste und Maden – gehäuft hatten.