In nur zwei Monaten hat sich die Rentnerinnen und Rentner Partei über ganz Bayern ausgebreitet. Unterfranken ist der letzte Regierungsbezirk, in dem ein Verband gegründet wurde. Zu der Versammlung in Kleinrinderfeld waren an die 200 Interessenten gekommen, fast ausschließlich Senioren. 35 traten auch gleich als neue Mitglieder ein. Damit ist die Partei, die auch schon in anderen Bundesländern Verbände gegründet hat, über die Schwelle von 1000 Mitgliedern hinweg.
Helmut Polzer ist ein eleganter älterer Herr, trägt Trachtenjanker und hat volles graues Haar. 70 Jahre ist er alt, ehemaliger Hausverwalter, stolz auf fünf Kinder und sechs Enkel, und richtig wütend auf die Politik. „Es wird höchste Zeit, die charakterlosen Ja-Sage-Politiker in Hartz IV abzuwählen, damit sie keinen weiteren Schaden anrichten können“, wettert er. Mit der Partei, deren Gründer und Bundesvorsitzender er ist, will er Ansprüche durchsetzen: „Unsere Enkel sollen nicht Angst haben müssen alt zu werden.“ Er wolle seinen Erben „keine verschmutzte Natur, keine verfremdete Kultur und keine kaputten Sozialsysteme“ hinterlassen.
Empört hat ihn, dass Altbundespräsident Roman Herzog die junge Generation auf die Rentner gehetzt habe, und dass er dabei das Wort „plündern“ benutzte. Das nämlich beschreibe eine Straftat. Vielmehr seien die Rentner jahrzehntelang belogen worden, die Rentenkassen seien leer, und immer mehr Rentner müssten zur Suppenküche. Die Rentenerhöhung um 1,1 Prozent, die die Parteien in Berlin wochenlang beschäftigt hat, nennt er „lächerlich“.
Generation des Wiederaufbaus
Die Politik habe es versäumt, die Senioren vor Altersarmut zu schützen – Senioren, die nicht „alt und vertrottelt“ seien, sondern erfahren: Die Generation, die Krieg und Wiederaufbau erlebt hat. Das Ziel ist jetzt: Politikverdrossene wieder an die Wahlurnen zu bringen. Erster Test ist die Landtagswahl im Herbst.
Dass die Rentenkasse geplündert wurde, dass Bürger in Unkenntnis gelassen wurden, das sind Vorwürfe, die an diesem Vormittag wieder und wieder erhoben werden. Es sei richtig, dass der Bund 80 pro Jahr Milliarden Euro in die Rentenkasse zahle – aber der Staat habe seit 1957 um die 500 Milliarden Euro aus dieser Kasse zweckentfremdet. Dieses Gefühl, betrogen worden zu sein, sprechen auch Bundesgeschäftsführer Peter Seybold und sein Vertreter Siegfried Pielsticker in der Diskussion immer wieder an. Von „Schande“ ist die Rede, von „den Herren da oben, die schalten und walten wie sie wollen.“ Enttäuschung und Verbitterung brechen sich Bahn, in starken Worten: „Wählen Sie dieses Geschwür von Politik ab. Wir sind eine Macht“, droht Polzer. Die Alternative: Ein Rentensystem wie in der Schweiz, in das auch Reiche hohe Beiträge einzahlen, Subventionsabbau, Schluss mit der Steuerverschwendung.
Viel Zuspruch gibt es aus dem Zuhörerkreis. Aber auch Kritik: Die Jungen seien nicht ausreichend eingebunden, fehlten wegen des vormittäglichen Termins. Einige bemängeln die Begrenzung der Themen auf Rente, Gesundheit und Bildung. Am frühen Nachmittag wird dann der Bezirksverband gegründet, ein Vorsitzender gewählt: Ludwig Schimmer, 51 Jahre alt und kein Rentner.
Der Bezirksvorsitzende ist zu erreichen unter Tel. 0160 / 880 10 81.