Über dieses Urteil hat halb Deutschland diskutiert. Ein junges Pärchen war im Juni vom Amtsgericht Augsburg zu Arrest-Strafen verurteilt worden, weil es Sex in der Erlebnisgrotte des Titania-Bads in Neusäß hatte. Nur zwei Monate später kommt es am Mittwoch zur Berufungsverhandlung.
Es gibt zwei wesentliche Unterschiede zur ersten Auflage. Der Prozess findet nun vor der Jugendkammer des Landgerichts statt. Und dieses Mal hat das Pärchen Rechtsanwälte zu Hilfe genommen. Das erste Verfahren war zum Desaster für die Heranwachsenden geraten und zwar weniger wegen des angeklagten Delikts, sondern wegen ihres Verhaltens. Zuerst kamen sie zu spät, dann stänkerte der 18-jährige Angeklagte herum. Den Richter pflaumte er an, dass dieser ihm nichts nachweisen könne. Von einem Titania-Bademeister, der als Zeuge aussagte, forderte er eine halbvolle Whisky-Flasche zurück, die dieser ihm im Bad abgenommen hatte. Ansonsten werde er ihn wegen Diebstahls anzeigen, drohte der Bursche.
Es ist zu erwarten, dass die Verhandlung in der zweiten Auflage einen anderen Verlauf nehmen wird. Im Mittelpunkt wird die Frage stehen, ob es am zweiten Weihnachtsfeiertag 2014 überhaupt zum Geschlechtsverkehr zwischen den Heranwachsenden gekommen ist. Von den Aktivitäten in der Grotte gibt es zwar eindeutige Unterwasser-Videos, doch der 18-Jährige und seine 19-jährige Freundin bestreiten, dass sie echten Sex hatten. Amtsrichter Bernhard Kugler hatte im ersten Prozess eine klare Meinung, nachdem das Video angesehen worden war: „Das war Porno.“
Die Anwesenheit von Anwälten wird im Berufungsprozess dazu führen, dass auch juristisch diskutiert wird. Zum Beispiel über die Frage, ob sich durch den Sex überhaupt jemand gestört gefühlt hat. Das ist Voraussetzung für ein „Erregen öffentlichen Ärgernisses“. In Frage kommen eigentlich nur die beiden Bademeister, die das Paar mit der Unterwasserkamera beobachtet haben. Andere Besucher scheinen das Treiben nicht mitbekommen zu haben.
Verteidiger Robert Hankowetz kündigt vorab einen Konflikt an. Er sagt: „Ich bin überzeugt, das Gericht hat das Gesetz nicht angewendet.“