Spielen Frauen anders Fußball? Und warum werden sie trotz ihrer Erfolge noch immer von einigen belächelt? Die Sportwissenschaftlerin Marianne Meier beschäftigt sich seit Jahren mit dem Frauenfußball. Und kommt zu interessanten Schlussfolgerungen.
Auf den Sportplätzen rund um die Technische Universität München herrscht reger Betrieb. Volley- und Fußbälle werden durch die Luft geschossen, Studenten machen sich fürs Training warm. Marianne Meier hingegen sitzt an diesem sommerlichen Nachmittag in ihrem Büro und widmet sich der Theorie. Die 35-Jährige Schweizerin ist Fußballforscherin und arbeitet seit einem Jahr in der bayerischen Landeshauptstadt. Vor allem der Frauenfußball hat es ihr angetan.
Meier erforscht, wie der Sport in der Welt wahrgenommen wird und wie er sich in den vergangenen rund 100 Jahren entwickelt hat. Häufig werde sie bei ihrer Arbeit mit der Aussage konfrontiert, dass Frauenfußball ein ganz anderer Sport sei. „Es ist aber nicht so, dass die Männer Baseball spielen und die Frauen Softball. Sondern der Sport, die Regeln, die Ballgröße und das Feld sind die gleichen“, sagt sie. Zudem sei Frauenfußball nur anders und nicht generell schlechter: „Ich denke, die Schnelligkeit und die Zweikämpfe sind weniger. Dadurch gibt es aber auch mehr Platz für Spielwitz und Varianten. Frauenfußball ist technischer“, betont sie.
Meier steht kurz vor dem Abschluss ihrer Doktorarbeit über die sportlichen Vorbilder für Mädchen in Südafrika. „Dort gibt es fast keine Frauen, die Sport machen“, sagt die Expertin. Im Sommer will sie am Institut für Sportpädagogik promovieren. Während ihres Studiums lebte die Doktorandin auch in den USA. „Dort ist Fußball Frauensport. Am College gab es nur Fußball für Frauen, weil ein echter Mann in den USA Football, Baseball, Basketball und Eishockey spielt. Und die Männer, die Fußball spielen, sind Weicheier“, erzählt die 35-Jährige.
Insgesamt sei der Fußball an sich also neutral. „Je nach Kontext und Geschichte kriegt er diesen Stellenwert, wird sozial konstruiert“, sagt Meier. Genauso verhalte es sich mit den Farben Rosa und Hellblau. „Vor dem Ersten Weltkrieg war Rosa eine Bubenfarbe – das wurde erst mit dem Verbot der Homosexualität anders, sie wurden ja rosarot markiert.“ Anfang des Jahrhunderts sei auch der Frauenfußball in England entstanden. „Die Frauen haben im Ersten Weltkrieg in den Munitionsfabriken gearbeitet und dort den Fußball kennengelernt.“ Erst als die Männer aus dem Krieg zurückkamen, mussten die britischen Frauen mit dem Spielen aufhören. Fußball wurde Ende 1921 für sie verboten. „Dasselbe Verbot gab es in der Bundesrepublik von 1955 bis 1970 und in Österreich“, sagt Meier. Diese Restriktionen und auch die gesellschaftlichen Konventionen in vielen Ländern seien Gründe dafür, dass die Frauen noch viel aufholen müssten.
„Wenn eine Frau Fußball spielt, dann kann sie nicht zart und zurückhaltend und bescheiden sein. Dann muss sie aktiv und ehrgeizig sein – ein Verhalten, das eigentlich männlich konnotiert ist. Das gibt dann oftmals einen Widerspruch zwischen dem Frau-Sein und dem Sportlerin-Sein“, erklärt die Wissenschaftlerin. Diese Muster würden allerdings langsam aufgebrochen – nicht zuletzt durch die Frauenfußball-WM in Deutschland.
Das Niveau der Mannschaften sei entscheidend für das öffentliche Interesse: „Da ist die Spitze im Männerfußball viel enger beieinander. Bei den Frauen sind das Welten“, sagt die Sportwissenschaftlerin Meier. So hätten die deutschen Frauen bei der WM 2007 das erste Spiel gegen Argentinien 11:0 gewonnen. „Das zeigt dann schon, dass die Dichte fehlt.