Bekanntermaßen ist es für einen bayerischen Spitzenpolitiker oft nicht angenehm, wenn er auf dem Münchner Nockherberg „derbleckt“ wird – und darüber auch noch herzhaft mitlachen muss. Noch härter ist es nur, mangels Bedeutung in Fastenpredigt oder Singspiel unerwähnt zu bleiben.
Für die aktuelle CSU-Führungsriege soll es in diesem Jahr allerdings eine neue Höchststrafe geben: Partei-Ikone Franz Josef Strauß kehrt zurück auf Münchens höchsten Bier-Hügel – und liest in Person seines neuen Doubles Helmut Schleich seinen erfolglosen Nachfolgern die Leviten: „Er rechnet ab mit dem Triumph der Mittelmäßigkeit“, verrät Schleich.
Livesendung mit Rekord-Quote
Aber auch sonst ist einiges neu bei der diesjährigen „Salvator-Probe“: Entgegen der Tradition findet die Veranstaltung nicht mehr am Vormittag, sondern abends statt. Das Bayerische Fernsehen zeigt deshalb auch keine Aufzeichnung mehr, sondern sendet am Mittwoch live ab 19 Uhr. Im vergangenen Jahr war der „Nockherberg“ wegen des Winnenden-Amoklaufs verschoben und dann erstmals live und am Abend ausgestrahlt worden, was dem BR dem Vernehmen nach Rekord-Einschaltquoten bescherte – und deshalb wohl auch die veranstaltende Paulaner-Brauerei glücklich machte.
Viel Neues gibt es auch beim Singspiel: Nach Streitereien und Zensur-Vorwürfen – die Brauerei hatte einen Liedtext beanstandet – warfen die Autoren Uli Bauer und Holger Paetz sowie die Regisseurin Eva Demmelhuber im letzten Frühjahr hin. Nun soll Alfons Biedermann, bisher für Filmemacher Bully Herbig („Der Schuh des Manitu“) als Autor tätig, nach dem Willen von Brauerei-Chef Andreas Steinfatt das Singspiel „moderner und jünger“ machen.
Biedermann ließ umgehend wissen, er möge keine „zusammengenagelten Bühnenbilder mit viel Pappmaché“ und auch keine „Kostüm-Arie“. Statt wie bisher verkleidet auf einer Burg, in einer Tankstelle oder im Dogenpalast würden deshalb die Politiker-Doubles diesmal in einer Casting-Show ? la „Deutschland sucht den Superstar“ möglichst so auftreten „wie sie in echt sind“, erklärte Biedermann in der „Süddeutschen Zeitung“.
Jeder Kandidat soll zunächst von der Jury um „FJS“ ins Kreuzverhör genommen werden, bevor er ein eigens für ihn komponiertes Lied vorträgt: „Die Texte der Songs sind ganz schön böse, aber man merkt das nicht so“, findet Biedermann. „Man schaut ihnen gerne zu und dabei demontieren sie sich selbst.“
Ob aber möglichst authentische Politiker tatsächlich so lustig sind, wie die kostümierten Spottgestalten früherer Singspiele? Wie der traurige Clown Stoiber etwa, der zum Abschied singt: „Weint nicht um mich Landeskinder.“
Die Zuckerpuppe Angie
Oder wie die „Bezaubernde Angie“ Merkel, die im Jahr 2000 nach der CDU-Spendenaffäre textete: „Ich bin die Zuckerpuppe von der Schwarzgeldtruppe von der Christlichen Union.“
Bei der Fastenpredigt darf dagegen erneut Michael Lerchenberg als „Bruder Barnabas“ in die Kanzel. Mit seinem „heiligen Zorn“ machte das frühere Stoiber-Double zuletzt manchen Politikern das fernsehtaugliche Mit-Lachen schwer. So oder so wird es wohl auch in diesem Jahr auf dem Nockherberg ein paar Beleidigte geben. Den ungeschriebenen Regeln des Rituals folgend werden sie aber trotzdem wieder versuchen, gute Miene zum frechen Spiel zu machen.
Nockherberg
Mit dem Politiker-Derblecken feiert die Paulaner-Brauerei alljährlich den Beginn der Starkbiersaison. In unmittelbarer Nachbarschaft der heutigen Brauereigaststätte am Isarhochufer hatten die Mönche des Paulaner-Ordens bereits ab 1634 die Lizenz zum Bierbrauen. Im Jahr 1773 entwickelte dann ein gewisser Bruder Barnabas die Rezeptur für das nur in der Fastenzeit ausgeschenkte Starkbier „Salvator“. Ab 1861 wurde das Starkbier dann in einem Bierausschank auf dem Nockherberg ausgeschenkt, der damals bis zu 4000 Plätze bot. Zur Förderung des Umsatzes wurden in den folgenden Jahren ortsbekannte „Gstanzlsänger“ und Volksschauspieler engagiert. Der Sänger Jakob Geis etablierte dann ab 1891 die Tradition der „Salvator-Rede“. Zum politischen Abwatschen nutzte die Rede erstmals der Volkssänger Jakob Roider („Roider Jackl“) in Jahr 1954. Später prägten vor allem die Schauspieler Walter Sedlmayr, Max Grießer und Erich Hallhuber sowie der Kabarettist Bruno Jonas mit ihren Salvator-Reden den Starkbieranstich.
Sendetermine im Bayerischen Fernsehen am Mittwoch, 3. März, live ab 19 Uhr; am Freitag, 5. März, gibt es ab 19.45 Uhr eine Wiederholung.